Scheitern gibt es nicht

Die Caritas Betriebs- und Werkstätten unterstützen ihre Beschäftigten nach ihren Fähigkeiten und Stärken

Marcel Stricker liebt Pferde und auch seine Arbeit auf einem Stolberger Reiterhof. (c) CBW/Conny Stenzel-Zenner
Marcel Stricker liebt Pferde und auch seine Arbeit auf einem Stolberger Reiterhof.
Datum:
12. Feb. 2019
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 07/2019 | Andrea Thomas
Bei der Caritas Betriebs- und Werkstätten GmbH (CBW) kümmern sich vier Integrationsassistenten darum, dass die Werkstatt keine Sackgasse für Menschen mit Behinderung ist. Wer will, wird dabei unterstützt, zu versuchen, ob er auch auf dem ersten Arbeitsmarkt bestehen kann.
Maschinen machen keinen Unterschied zwischen Werkstatt und Betrieb. (c) pixabay.com
Maschinen machen keinen Unterschied zwischen Werkstatt und Betrieb.

Einer dieser Integrationsassistenten ist Daniel Malmes. „Wenn ein Beschäftigter der CBW den Wunsch äußert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten, dann suchen wir eine passende Firma, die sich öffnet und mit uns zusammenarbeitet“, erklärt der gelernte Einzelhandelskaufmann, der seit fast zwei Jahren bei der CBW beschäftigt ist. Daniel Malmes hat viele Kontakte in der Städteregion und baut sie permanent weiter aus. So hat er auch für Marcel Stricker (30) einen Arbeitsplatz bei „Kids auf Trab“ gefunden. Der junge Mann arbeitet drei Tage in der Woche auf dem Reiterhof. Hier warten fünf Pferde – Amadeus, Caddy Lac, Tigger, Kobold und Jim-Knopf – auf ihre Reiter. Reit- und Diplom-Pädagogin Irene Jacobs fördert bei „Kids auf Trab“ mit ihrem Team die individuelle und soziale Entwicklung lernbehinderter, entwicklungsverzögerter und psychisch beeinträchtigter Kinder, Jugendlicher und Erwachsener. „Dabei steht die individuelle Betreuung im Umgang mit dem Pferd im Vordergrund. Ziele sind eine günstige Beeinflussung des Befindens, ein Training des Sozialverhaltens und eine Stärkung der Persönlichkeit“, sagt die 56-Jährige, die längst weiß, „dass Therapieerfolge vielfach erwiesen sind und immer wieder für neuen Lebensmut und neue Lebensfreude sorgen.“

„Ich bin der Hausmeister auf dem Hof“, erzählt Marcel Stricker und strahlt. Seine Aufgaben sind vielfältig. Vom Stall ausmisten und Pferde putzen, über Steine schleppen und Rasen mähen, bis hin zum „Hufschlag im Sand in der großen Reithalle verschwinden lassen“, macht der Eschweiler alles, was anfällt. „Ich wollte immer schon mit Pferden arbeiten. Ich bin so froh, dass ich seit fast einem Jahr bei ,Kids auf Trab‘ arbeite“, sagt er. Montags, mittwochs und freitags ist er auf dem Reiterhof, an den anderen Tagen arbeitet er in der Gartengruppe der Caritas Betriebs- und Werkstätten GmbH, die im Eschweiler Werk angesiedelt ist. Das ist eines von acht Werken der CBW an sechs Standorten in der Städteregion. Überall arbeiten Menschen mit Beeinträchtigung in verschiedenen Arbeitsfeldern, wie der Wäscherei, der Druckerei, der Metallverarbeitung, der Radservicestation oder bei der Zusammensetzung von Medizinprodukten. Gruppenleiter und Sozialarbeiter unterstützen die Menschen mit Behinderung so, dass jeder entsprechend seinen Fähigkeiten seine Arbeit verrichten kann.

 

Modernes Unternehmen

Die Pausen sind länger als in Firmen auf dem ersten Arbeitsmarkt und es wird umfassender auf die Mitarbeiter geachtet. „Die Rahmenbedingungen sind auf die Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmt. Ansonsten sind wir ein modernes Unternehmen, das durch Qualität überzeugt“, sagt CBW-Geschäftsführer Michael Doersch. Das gilt auch für die Maschinen: Zerspanungsmaschinen, Kreissägen, Hobelmaschinen oder der Aufsitz-Rasenmäher kennen keinen Unterschied zwischen einer Werkstatt und dem ersten Arbeitsmarkt und werden täglich gebraucht. „Marcel hatte den Wunsch, mit Pferden arbeiten zu wollen. Also suchte ich einen Arbeitgeber, der ihm Einblicke in das Hofleben gewähren wollte“, berichtet Daniel Malmes. Es folgte ein unverbindliches Kennenlernen über ein Praktikum und der Überleitungsprozess aus der Werkstatt hin zum allgemeinen Arbeitsmarkt begann.

Weil sich Irene Jacobs getraut hat, es mit Marcel Stricker zu versuchen, ist ein betriebsintegrierter Arbeitsplatz entstanden. Dabei wird der Mensch mit Behinderung ein Mitarbeiter des anderen Betriebs, genießt jedoch weiter alle Sicherheiten der Werkstatt. Das bedeutet, dass die Werkstatt weiter den Lohn von Marcel Stricker bezahlt und ihre Türen offen stehen, wenn sich der 30-Jährige auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht mehr wohl oder überfordert fühlen würde. „In der Gartengruppe bei der CBW arbeiten meine Freunde. Es ist wirklich wichtig für mich, immer wieder auch mit ihnen zu arbeiten“, erklärt Stricker, der sich auf die zwei Tage Arbeit mit seinen Freunden genauso freut wie auf die Arbeit mit den Pferden und den Schülern, die auf den Reiterhof kommen. Dort achtet Marcel nicht nur auf seine Ausdrucksweise, sondern hat auch schon eine Menge von Kids-auf-Trab-Geschäftsführerin Irene Jacobs gelernt. „Wenn ein Kind der Regenbogenschule sich traut, mit dem Pferd durch die Halle zu gehen, dann traut sich dieses Kind auch, in der Schule alleine zum Lehrerzimmer zu gehen“, sagt Marcel Stricker mit einem Lächeln. Er freut sich sehr, dass ihn die Mitarbeiter der CBW bei seinem Wunsch unterstützt haben.

 

Nichts überstülpen

„Manchmal kommt es vor, dass einer unserer Beschäftigten auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten will, aber das nicht schaffen würde. Weil wir ihm nicht unsere Erfahrungen überstülpen, besorgen wir ihm trotzdem den Wunscharbeitsplatz als Praktikum. Wenn dann der Beschäftigte merkt, dass der Job nichts für ihn ist, suchen wir eben weiter eine passende Stelle, aber eine andere“, berichtet Integrationsassistent Daniel Malmes. Dabei wird darauf geachtet, dass es kein gescheitertes Praktikum gibt: „Manchmal ist das Ergebnis ein anderes als gedacht, aber als gescheitert beurteilen wir nichts.“