Raum zum Leben

Dahlemer Trappistinnen finden neue Heimstätte im Kloster Steinfeld

Kleine Gemeinschaft: Zu den elf Ordensschwestern kommen zwei Eremitinnen. (c) Abtei Maria Frieden
Kleine Gemeinschaft: Zu den elf Ordensschwestern kommen zwei Eremitinnen.
Datum:
6. Apr. 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 14/2022 | Berthold Strauch

Die weitläufige Klosteranlage in Steinfeld erhält Zuwachs. Nach dem Weggang der Benediktinerinnen im Frühjahr 2019 von ihrem Gebäudeensemble „Mariä Heimsuchung“ rücken die Trappistinnen von Maria Frieden nach. Sie haben ihr bisheriges Kloster in Dahlem aufgegeben und finden eine neue Heimat im Kloster Steinfeld.

Als Gästehaus genutzt: Hier haben derzeit auch Menschen ein Obdach gefunden, die durch die Flut alles verloren haben. (c) Berthold Strauch
Als Gästehaus genutzt: Hier haben derzeit auch Menschen ein Obdach gefunden, die durch die Flut alles verloren haben.

Bis zum Umzug nach Dahlem verbleibt den elf Schwestern – die älteste Mitschwester Gabriele ist 93 Jahre alt – um Äbtissin Schwester Maria Gratia Adler ihre angestammte Klosterklausur. Eigentlich sollte der Wechsel von Dahlem nach Steinfeld schon wesentlich früher über die Bühne gehen. Nicht zuletzt die schweren Flutschäden in der Region von Mitte Juli 2021 und daraus folgend Engpässe bei den Handwerkern verzögerten diesen Schritt.

In Steinfeld hält Wolfgang Scheidtweiler alle Fäden in der Hand. Der vielfältig engagierte Unternehmer ist schon vor längerer Zeit Besitzer des dortigen Klosters geworden. Mit viel Aufwand hat der 74-Jährige den historischen Komplex neben dem Bereich der weithin bekannten Klosterbasilika baulich aufpoliert. Gleichfalls nennt er im Übrigen das Kloster Mariawald bei Heimbach sein eigen. Für Mai erwartet Scheidtweiler die Fertigstellung des baulichen Komplexes für die Schwestern aus Dahlem, zu dem auch eine Kapelle gehört. Auch hier geht er auf die Wünsche dieses strengen Schweigeordens ein.

Eine Bitte der Schwestern ist es, den „Lettner“, das spezielle trennende Gitter zwischen Gästen und Ordensfrauen im Innern der Kapelle, zu entfernen. „Wir wollen gerne auch das Chorgestühl verändern, da wir immerhin fast vier Stunden täglich dort beten und nicht mehr die Jüngsten sind“, betont Schwester Gratia, die Äbtissin des Ordens. „Außerdem brauchen wir einen Tabernakel, den wir schon geschenkt bekommen haben, und ein Kreuz, das wir aus unserer Kirche mitnehmen wollen, sowie ein ,Ewiges Licht‘ an der Wand.“ Eine Muttergottes-Statue existiere noch von den Vorgängerinnen, „den lieben Benediktinerinnen, der wir einen Platz in der Kirche geben möchten“, betont die Äbtissin. Die Pläne für alle Vorhaben seien bereits fertig.

Noch im Zeichen von Umbauten: Bis Mai soll alles für die neuen Bewohnerinnen fertig sein. (c) Berthold Strauch
Noch im Zeichen von Umbauten: Bis Mai soll alles für die neuen Bewohnerinnen fertig sein.

Schwester Gratia und ihre Mitschwestern bereiten sich auf den Ortswechsel vor. „Wir sind alle sehr froh, dass Maria Frieden ein Heim für obdachlose Frauen werden soll“, sagt sie. Die Pläne dafür seien schon weit gediehen. „Nun werden wir einige Wochen im ,Zwischen‘ leben.“ Zwei Eremitinnen, die ursprünglich aus ihrer Gemeinschaft stammen und 50 Jahre in der Klause Egg am Bodensee gelebt haben, werden zusätzlich zu den aktuell elf Schwestern im Kloster aufgenommen. Denn die beiden Einsiedlerinnen könnten ihr bisheriges „sehr einfaches Leben mitten im Wald nicht mehr bewerkstelligen. Sie brauchen Pflege und Betreuung“, ergänzt die Äbtissin.

Entsprechend habe Schwester Gratia dies begründet: Es falle nicht leicht, das Kloster Dahlem zu verlassen. 1952 zunächst von niederländischen Trappistinnen als Zeichen für Frieden und Versöhnung Stück für Stück aufgebaut, biete das Gebäude Platz für 40 Schwestern, kleine Handwerksbetriebe und eine eigene Landwirtschaft. Das entspreche nicht mehr der heutigen Realität der Gemeinschaft und sei im Unterhalt „unbezahlbar geworden“.

Auf der Suche nach einer „guten Zukunft“ hätten die Schwestern eine Reihe sehr unterschiedlicher Optionen geprüft. „Am Ende ging es um die Frage, wie viel Neues die zurückgezogen im Gebet lebenden Schwestern gestalten können.“ Statt einer Option in der sächsischen Oberlausitz, die „eine Entfernung von den eigenen Wurzeln gewesen“ wäre, habe mit Unterstützung des Bistums „ein zweiter Blick auf die ehemalige Trappistenabtei Mariawald“ den Kontakt mit Wolfgang Scheidtweiler und den Salvatorianern sowie die eingehende Befassung mit dem früheren Kloster der dort ähnlich lebenden Benediktinerinnen gebracht.

Am Ende haben die Schwestern sich klar dafür entschieden, ihren Raum zum Leben zukünftig im nahen Steinfeld zu suchen. Die Trappistinnen wünschen sich, dass an dem Eifel-Wallfahrtsort auch neue Mitglieder „ihren besonderen Weg zu Gott und im Gebet für die Menschen finden werden. Für Gott und das Gebet wird in dem kleineren Kloster wieder mehr Platz frei, frei von äußeren Sorgen.“

Es werde „eine große Veränderung für uns geben, aber eben darum, um nicht langsam zu sterben, sondern um besser, sicherer und froher leben zu können und uns mehr auf unsere eigentliche Berufung zu konzentrieren, anstatt alle Kräfte nur dafür zu verzehren, ein zu großes Gebäude aufrechtzuerhalten“, betont Äbtissin Gratia. 
Sehr hilfreich bei der neuen Standortentscheidung sei auch gewesen, eine gute Nachfolgelösung für das Dahlemer Kloster zu finden. Dabei könne dessen gut 
70-jährige Tradition „als Rückzugsort der Versöhnung und Stätte handwerklicher Arbeit in der Eifel berücksichtigt werden“, eine karitative Einrichtung mit einer „offenen Kirche als Ort, wo Gottes Liebe sichtbar ist“.

Wenn dort künftig obdachlose Frauen „in einer geordneten Umgebung und in einem geordneten Alltag Schritt für Schritt wieder den Rückweg in ein normales Leben“ geebnet werden könne, böten die geschützte Atmosphäre des vormaligen Ordensortes und die Möglichkeiten der handwerklichen oder landwirtschaftlichen Betätigung „einen sehr guten Rahmen für die Zusammenarbeit der ehemals wohnungslosen Frauen mit den sie betreuenden Profis vom Vellerhof“.

Er setze sich als Träger stationärer und teilstationärer Einrichtungen besonders für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten ein. Die Mitarbeiter „nehmen jeden Menschen in Not unabhängig von Weltanschauung, Krankheit, Behinderung, Alter, Stand und Herkunft in seiner Einzigartigkeit und Würde an“. Mit seinen Werkstätten und landwirtschaftlichen Betrieben in Blankenheim und Weeze und künftig in Dahlem nehme der Rheinische Verein die Tradition der Arbeiterkolonien auf und biete sinnstiftende Arbeits- und Qualifizierungsmöglichkeiten.

Äbtissin Gratia zum Umzug

Zieht mit ihren Mitschwestern von Dahlem ins Kloster Steinfeld um: Äbtissin Maria Gratia Adler. (c) profipress

Die 61-jährige Äbtissin Gratia begründet den Umzug im Detail: „Es ist sehr ungewöhnlich in unserem Orden, dass eine Abtei nicht der Gemeinschaft selbst gehört, denn wir müssen wirtschaftlich unabhängig sein. Aber die Zukunft unserer Klöster wird wahrscheinlich zunehmend mehr auf Mietverhältnissen beruhen, weil die Gemeinschaften kleiner werden und weil es heutzutage nicht mehr möglich ist, alles selbst zu machen, zum Beispiel Häuser zu reparieren, Elektronik und Elektrizität zu verwalten und vieles mehr. Wir sind sehr froh, dass wir in Steinfeld die Möglichkeit haben, in der von den Konstitutionen geforderten Klausur zu leben und zugleich in Miete wohnen zu dürfen. Bisher lebten wir in der Abtei Maria Frieden in Dahlem selbstständig und mussten auch für das große, auf Landwirtschaft eingestellte Gebäude sorgen. Dies übersteigt jedoch langsam unsere Kräfte und Möglichkeiten.“

Die Lösung, die der Orden mit Wolfgang Scheidtweiler und den Salvatorianern gefunden hat, sei „optimal“: „Wir sind sehr dankbar für das Entgegenkommen, das wir in Steinfeld gefunden haben. Früher gab es noch über 100 Klöster in der Eifel. Jetzt sind wir eine Seltenheit geworden, die es zu bewahren gilt. Die Erlaubnis vom Orden und vom Bischof liegt vor, und wir wurden von allen Seiten sehr ermutigt, diesen Schritt zu wagen. Da wir ein Stabilitätsgelübde bei der Profess ablegen, bedeutet es für uns sehr viel, uns zu verändern. Das wird man in unserer schnelllebigen, auf Flexibilität ausgerichteten Zeit nicht leicht verstehen“, meint die Äbtissin.