Eine Beziehung erfordert stete Bemühungen und Engagement wie Kommunikation, Verständnis und Konfliktlösung, um gesund und stark zu bleiben. Der Einsatz lohnt sich.
Das wissen die beiden Kirchengemeinden von St. Pius X und Lukas Kirche in Krefeld-Gartenstadt ganz genau. Sie haben sich 2020 zum Ökumenischen Gemeindezentrum Pius-Lukas zusammengeschlossen und pflegen die Gemeinschaft. Der Vorgang vor fünf Jahren war eine Premiere für Krefeld und eine Besonderheit im Rheinland. Sie ist gelungen, erfordert aber – wie gesagt – stete Arbeit.
Erfahrung in der Ökumene haben die beiden Gemeinden schon seit vielen Jahren. Unter anderem durch das „Gemeinsame Haus“ in Elfrath, das vor 26 Jahren eröffnet wurde. Es ist eine ökumenische Begegnungsstätte der Evangelischen Kirchengemeinde Krefeld-Nord und der Katholischen Pfarrgemeinde St. Nikolaus Krefeld. Verwaltet wird es durch das Kuratorium, das mit Vertretern aus beiden Kirchengemeinden besetzt ist.
„Gemeinsame, also ökumenische Gottesdienste, Veranstaltungen, Kontakte und Gespräche gehören bei uns zur Regel. Die Suche nach Spiritualität, Religion, Gott und Gemeinschaft steht im Mittelpunkt, nicht die konfessionellen Unterschiede. Das Zusammenkommen der Verschiedenen ist uns wichtig“, erklären der evangelische Pfarrer Christoph Tebbe und die katholische Gemeindereferentin Dorothee Blum. Sie sind und bleiben zusammen unterwegs. Mit Freude. Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit: „Weihnachten haben wir auf dem Insterburger Platz neben der Kirche mit einem Hirten-Feuer gefeiert. Danach gab es einen Familiengottesdienst mit Krippenspiel. Das Beste daran war, dass alles ökumenisch war. Den Karfreitag haben wir gemeinsam in der evangelischen Liturgie gefeiert. Die Osternacht nach der katholischen.“
„Es war die Idee der Presbyterin Barbara Delmes, die beiden Kirchengemeinden zusammenzufügen“, berichtet Tebbe. Der Anstoß war finanzieller Art. „An der Lukas-Kirche sollte der Glockenturm für viel Geld saniert werden. Es schien besser zu sein, einen kleinen neuen daneben zu bauen. Delmes erschien weder das eine noch das andere sinnvoll, da sie nicht daran glaubte, dass es in zehn Jahren überhaupt noch zwei Kirchen für Gartenstadt geben würde.“ Blum: „Die Idee kam gut an, zumal der katholische Pfarrer Josef Höckels und die evangelische Pfarrerin Almut Gätjen damals schon länger eine ökumenische Zusammenarbeit gepflegt hatten.“ Die Idee eines offiziellen, lebendigen „gemeinsamen Hauses“ nahm Gestalt an. „Auch das Bistum segnete das Vorhaben ab.“
Doch alles braucht seine Zeit. Es gab erste vorsichtige Gespräche, die Verantwortlichen kamen zuerst in kleiner Runde zusammen. Die Idee wurde dann den Leitungsgremien vorgestellt und schnell öffentlich gemacht, die Gemeinden wurden mitgenommen. Beide Kirchengemeinden trafen sich getrennt aber am gleichen Tag, um die Entscheidung zu treffen. Die Idee wurde begrüßt. Der Tenor lautete: „Machen wir doch sowieso schon.“ Und Pfarrer Christoph Zettner sagte damals für die katholische Pfarrei St. Nikolaus, zu der St. Pius gehört: „Wir bilden eine christlich-ökumenische Wohngemeinschaft.“
Blum: „Es dauerte aber noch knapp fünf Jahre, bis der Schritt vollzogen war. Wir mussten auch klären, wo das ökumenische Zentrum sein sollte.“ Dass die Lukas-Kirche ihre Räume aufgab, hatte dann einen einfachen Grund: „St. Pius ist schlichtweg die größere Kirche. Beide Gemeinden und zwei Konfessionen feiern dort – sowohl getrennt als auch gemeinsam – Gottesdienst“. Zudem besteht dort auch noch das Oscar-Romeo-Haus, das Pfarrheim der Gemeinde St. Pius X. Es bietet mit seinem großen Saal und weiteren Gruppenräumen viele Möglichkeiten, um sich zu treffen.
Beim feierlichen Umzug der Lukas-Kirche im September 2020 nahm die evangelische Gemeinde das große hölzerne Kreuz mit. Es befindet sich in wenigen Metern Abstand genau gegenüber dem Kreuz der Katholiken am Altar. Tebbe: „Aus der Lukaskirche zogen noch Altarbibel, brennende Osterkerze, Taufgeschirr und die Gegenstände für das Abendmahl in die Pius-Lukas-Kirche ein.“ Der Tabernakel wurde an eine andere Stelle in den beiden ineinander übergehenden aber trotzdem halb durch eine Mauer getrennten Bereiche gestellt, ebenso wie der Altar. „Es ist ein guter Mix. Wir können beide gut damit leben“, sagen Blum und Tebbe. Beim Rundgang drängt sich der Gedanke auf, als sei die 1968 eingeweihte Kirche schon für die Ökumene errichtet worden.
Bei allen Gemeinsamkeiten: Die Verantwortlichen sahen auch mögliche trennende Gründe. Tebbe: „Bei Trauungen spielt sexuelle Orientierung bei uns keine Rolle. In der evangelischen Kirche gibt es die Hochzeit für alle Paare.“ In der katholischen Kirche dürfen gleichgeschlechtliche Paare jetzt gesegnet werden. Es gibt auch keine ökumenische Taufe, Firmung oder Konfirmation.
„Ökumene ist eine bleibende Beschäftigung der beiden Kirchengemeinden, an der stetig gearbeitet werden muss“, sagt Blum. „Es ist eine große Kommunikationsaufgabe. Das zuständige Team trifft sich einmal monatlich. Wie in einer Wohngemeinschaft müssen wir uns zusammenraufen und den Alltag organisieren. Jeder hat sein Zimmer – alle nutzen das gleiche Wohnzimmer.“ Tebbe und Blum erzählen: „Wir pflegen nicht nur die Ökumene, sondern auch den interreligiösen Dialog. So haben wir das Fastenbrechen bei den Muslimen gefeiert. Wir werden sie zum Erntedank einladen.“ Noch zwei gute Entwicklungen in dieser Beziehung: „Im evangelischen Förderverein engagieren sich viele neue Leute und vor allem auch junge. Die beiden Seniorengruppen, die zuerst zusammenfanden, werden immer größer.“
Die ökumenische Begegnungsstätte in Hüls feierte im vergangenen Jahr schon ihren 25. Geburtstag. Sie ist ein Projekt, das nach mehr als vierjähriger Planungszeit in rund 15 Monaten Bauzeit realisiert wurde und als gemeinsamer Treffpunkt für die beiden Hülser Kirchengemeinden gilt. Sie wird zudem von lokalen Vereinen und Verbänden genutzt.
Darüber hinaus finden hier regelmäßig kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte, Ausstellungen und Lesungen statt. Auch das Bistum Aachen, Schulen und die Bezirksvertretung Hüls nutzen die Räume.
Pastoralreferentin Raphaela Reindorf wünscht sich, dass es in diesem Haus ebenso gut liefe wie in Pius-Lukas. „Es ist wunderbar, wie die Menschen dort im spirituellen Sinn aufeinander zugehen. Dort werden nicht nur Feste gefeiert.“ Das würde sie auch in Hüls gerne sehen, dass die Ökumene weiter zusammenwächst. Beispielsweise mit einem gemeinsamen Taizé-Gebet. „Das findet allerdings bis jetzt noch nicht statt.“
Die Baukosten von 3,5 Millionen Mark wurden anteilsmäßig im Verhältnis zur Mitgliederzahl der beiden Gemeinden aufgebracht. Die Finanzierung erfolgte teilweise durch Kirchensteuermittel und, auf katholischer Seite, durch den Verkauf der Kapelle auf dem Hülser Berg. Die Hausleitung besteht aus je einem hauptamtlichen Vertreter beider Kirchengemeinden. Das paritätisch besetzte achtköpfige Kuratorium kümmert sich seit Beginn um die Belange des Hauses.