Pfarrbüro? Läuft…

Gerade in Krisensituationen bleibt es eine beliebte Anlaufstelle

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Datum:
26. Jan. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 04/2021 | Ruth Schlotterhose

Schreibarbeiten, Kassenführung, Meldewesen, Telefondienst, Erteilung von Auskünften, Erstellen von Bescheinigungen, Mitarbeit beim Pfarrbrief, organisatorische Aufgaben, Ansprechpartnerin für Ratsuchende – das Tätigkeitsfeld einer Pfarrsekretärin umfasst ein schier unendliches Spektrum. 

Schon unter normalen Umständen sind Pfarrsekretärinnen wahre Allrounderinnen, was ihr Berufsprofil angeht. Wie sieht es aber in der aktuellen Pandemie-Situation mit den sich laufend ändernden Verfügungen seitens des Bischöflichen Generalvikariats aus? 
Natürlich müssten die Gemeinden jeweils zeitnah auf die betreffenden Neuerungen reagieren, erklärt Regina Kuper von der Pfarrei St. Peter und Paul in Eschweiler-Mitte. Das Pfarrbüro ist, im Gegensatz zum Frühjahr 2020, in der aktuellen Lockdown-Situation weiterhin geöffnet. Regina Kuper und ihre Kollegin Claudia Houben finden Schutz hinter einer Glasscheibe, können jetzt auch über eine Sprechanlage mit ratsuchenden Menschen kommunizieren. Vor allem Alleinstehende brauchten die Ansprache, sagt Kuper. Grundsätzlich sieht sie die Pfarrbüros als Dreh- und Angelpunkt der Gemeinden, von hier aus werde ein Netzwerk gesponnen.

Das kann Gisela Klinkhammer nur bestätigen. Sie arbeitet im Büro der Pfarrei St. Lukas in Düren-Mitte, die mit knapp 17000 Katholiken etwa doppelt so groß ist wie St. Peter und Paul Eschweiler. Das Pfarrbüro ist jetzt eine feste Größe in der Kirche geworden, stellt Gisela Klinkhammer fest. Alles Mögliche breche ja zurzeit weg: Es gab keine Ostergottesdienste, die Weihnachtsgottesdienste wurden abgesagt, die Menschen sind allgemein beschnitten in ihrem Dasein. Da sei das Pfarrbüro eine willkommene Anlaufstelle.

Obwohl viele Pfarrbüros für den Publikumsverkehr offiziell geschlossen sind, klingeln die Menschen an den wohlbekannten Türen. Während des kurzen Gesprächs mit Kathrin von Holtum, die im Zentralbüro der Krefelder Pfarrei Papst Johannes XXIII. neben der Innenstadt-Kirche St. Dionysius arbeitet, geht die Türklingel drei Mal – trotz des Appells, soweit wie möglich alles telefonisch zu regeln. Auch von Holtum bestätigt, dass in Corona-Zeiten immer wieder auf neue Gegebenheiten reagiert werden muss; hier sind Ideenreichtum und Fantasie gefragt. Ein Beispiel hat sie gleich zur Hand: Aktuell kommt die Mitteilung herein, dass die bestellten FFP2-Masken nicht geliefert werden können – jetzt muss sie sich um eine Alternative kümmern. Dann ist kürzlich ein Mitarbeiter des „Täglichen Brots“ in Rente gegangen, auch hier springt Kathrin von Holtum ein. „Das tägliche Brot“ ist eine Initiative, die in Krefeld Lebensmittel an Bedürftige verteilt. 


Das Organisieren von Gottesdiensten erfordert nicht vorgesehenen Einsatz 

Spontanes Reagieren erforderte auch folgende Situation vor wenigen Wochen: Als die Weihnachtsgottesdienste in Willich kurzfristig abgesagt wurden, hatten sich viele der Gläubigen stattdessen in St. Dionysius Krefeld zum Gottesdienst anmelden wollen. Da mussten dann noch kurzfristig viele Anfragen bearbeitet werden. Mit der Vergabe von Platzkarten lösten die Mitarbeiterinnen das Problem.

Kathrin von Holtum und ihre Kollegin Susanne Wallrath sehen sich normalerweise regelmäßig, jetzt vermeiden sie ein Aufeinandertreffen und arbeiten in verschiedenen Büros. Dass der Austausch – mit wem auch immer – jetzt grundsätzlich per Telefon und Mail erfolgen muss, bindet natürlich zusätzlich Zeit. Ursprünglich nicht vorgesehenen Einsatz von Kräften erfordern auch die Aufgaben, die im Zusammenhang mit der Organisation von Gottesdiensten entstehen. Mit der Zeit hat sich zwar in Sachen Ordnungsdienst, Teilnehmerlisten, Desinfektionsmittel usw. eine gewisse Routine entwickelt, aber der dafür notwendige Aufwand ist in der eigentlichen Stellenbeschreibung nicht vorgesehen.

Drei Anläufe brauchte Regine Jung-Fahsl aus dem Pfarrbüro St. Lambertus Elmpt, dann hatte sie die Ideallösung für die Planung der Gottesdienste gefunden. Sie entwarf einen Kirchen-Sitzplan mit nummerierten Plätzen, in den sie Woche für Woche die Gottesdienstbesucher einträgt. „Das ist für den Ordnungsdienst am einfachsten“, stellt sie fest. Zur Vereinfachung des Ablaufs melden sich die Menschen bei ihr nur, wenn sie nicht am Gottesdienst teilnehmen können. Ansonsten haben die meisten ein „Abonnement“ und kommen regelmäßig sonntags zur Kirche. Bei rund 4000 Katholiken, die in dem Ortsteil von Niederkrüchten leben, weiß Regine Jung-Fahsl inzwischen sogar, wer wo am liebsten in der Kirche sitzt.

Hier in Elmpt hat sich das Pfarrleben auf die Gottesdienstfeiern reduziert. Deshalb ziehen sich die Anmeldegespräche für Messfeiern gern einmal in die Länge – ist Frau Jung-Fahsl doch die einzige Person, die zurzeit immer ansprechbar ist. Es sind bewegte Zeiten für Pfarrbüros, stellt sie fest und meint das durchaus wörtlich. So wie sich die Gesellschaft ständig verändere, müsse sich auch Kirche verändern. Das sei bisher nicht immer gelungen, merkt sie kritisch an. Ob beispielsweise Caritaskreis oder Frauengemeinschaft nach der Corona-Pandemie so weitermachen können wie bisher – da bleibt sie skeptisch. Es fehlt hier einfach der Nachwuchs.

Mitarbeiterinnen im Pfarrbüro sind häufig die erste Anlaufstelle für Menschen und deren höchst unterschiedlichen Anliegen und Nöte. Nicht umsonst gelten sie als Bindeglied zum Seelsorger. Seit Beginn der Pandemie sind es manchmal ganz existenzielle Sorgen, die das Pfarrbüro als letzte Rettung erscheinen lassen. Vor allem in den Innenstädten macht sich das bemerkbar. Birgit Keufen vom Pfarrbüro Franziska von Aachen hat registriert, dass deutlich mehr Bedürftige als sonst an der Tür klingeln und um Geld oder Essen bitten. Die gleiche Erfahrung hat auch Kathrin von Holtum in Krefeld gemacht. Die Kirche St. Dionysius befindet sich nicht nur in der Innenstadt, sondern auch in der Nähe eines sogenannten sozialen Brennpunkts. Ähnlich verhält es sich in Franziska von Aachen. Zu der fusionierten Pfarrei in Stadtmitte gehören sieben Kirchen. Eine davon, St. Peter, wurde kürzlich umfunktioniert zur Anlaufstelle für Wohnungslose und Suchtkranke. Die üblichen Treffpunkte, an denen die Menschen sich aufwärmen, waschen oder Kontakte pflegen konnten, mussten während des Lockdowns geschlossen werden, weil dort die gängigen Infektionsschutzregeln nicht eingehalten werden konnten. Seit Ende des Jahres 2020 findet das gottesdienstliche Leben von St. Peter vorübergehend in der Kirche Heilig Kreuz statt. Das soll so bleiben bis Ende Mai, wenn mit den Eisheiligen die Kälteperiode endgültig abgeklungen ist.

Mit dem einbrechenden Winter hat auch Margarete Löbach im Pfarrbüro Kall, GdG Heiliger Hermann Josef Steinfeld, ihre liebe Not. Der Zulieferer der KirchenZeitungen scheint im Schnee steckengeblieben zu sein. Jetzt muss sie alle Boten anrufen, dass die Zeitungen noch nicht abholbereit sind. Zwischendurch schaut sie mal eben in der Kirche St. Nikolaus nach dem Rechten.

Und was ist, wenn eine Pfarrsekretärin mal ausfällt? Dann werden die Aufgaben von den Mitarbeiterinnen eines anderen Pfarrbüros kurzfristig mitgestemmt, wie es zurzeit in der GdG Eschweiler-Nord der Fall ist. Das Corona-Virus macht eben auch vor den Pfarrbüros nicht Halt.

Mit den Absagen von Festgottesdiensten, Konzerten oder Prozessionen ist der Kirche in dieser Krisensituation der Glanz der Außendarstellung abhanden gekommen, wie Gisela Klinkhammer aus Düren ganz richtig anmerkt. Die Pfarrbüros aber bleiben den Menschen als Begegnungsstätte und rettender Ankerpunkt erhalten. Mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die stets freundlich und tatkräftig ihren vielfältigen Dienst verrichten – und das oft über die reguläre Arbeitszeit hinaus.