„Ich bin nicht andere Blinde. Ich bin ich.“ Wie recht Kerstin Konzer damit doch hat. Jeder von uns ist ein Individuum und will auch als solches wahrgenommen werden. Und doch können wir es nicht lassen, andere in Schubladen zu sortieren oder mit pauschalen Etiketten zu versehen. Was nicht einmal immer abwertend gemeint sein muss, sondern einfach, weil es bequem ist.
Besonders gerne tun wir das, wie es scheint, mit Menschen mit Behinderung. Vielleicht, weil es so leichter fällt, mit etwas umzugehen, das uns Unbehagen bereitet? Mit dem wir uns nicht länger als nötig beschäftigen möchten? Seien wir ehrlich, das ist billig, und man macht sich die Sache ein bisschen sehr einfach. Es geht hier um Menschen mit ihren ganz individuellen Stärken und Schwächen (wie wir sie im Übrigen alle haben), die mehr verdienen. Behinderung ist bei Weitem nicht gleich Behinderung. Menschen mit Behinderung sind vielfältig und sie sind mehr als ihr Handicap. Gerade deshalb sollten wir hier genauer hinschauen, um den Menschen zu sehen.
Dann können wir ihn in seinen Stärken unterstützen und da, wo er einen höheren Bedarf an Hilfe hat. Okay, das ist aufwendiger, aber auch fairer, weil es bedeutet, mit jemandem auf Augenhöhe umzugehen und ehrliches Interesse an ihm zu zeigen. Wir müssen das nicht einmal aus reiner Selbstlosigkeit und Nächstenliebe tun (obwohl beides uns als Christen sicherlich gut ansteht), sondern gewinnen auch für uns selbst etwas: Eine neue Sicht auf unsere Welt und Begegnungen mit Menschen, die vielleicht etwas anders sind als wir, die aber viel zu geben haben, weil jeder von ihnen eine Persönlichkeit ist – so wie wir alle.