Corona schränkt den persönlichen Radius ein. Diese Erfahrung machen wir alle. Menschen, die sich auf einen Beruf vorbereiten, sind häufig noch einmal besonders betroffen. Das gilt auch für Männer, die sich zu Priestern ausbilden lassen. Wie Markus Terporten und André Vogelsberg, die am 20. März 2021 zu Diakonen geweiht werden.
Die beiden Kandidaten lieben die Begegnung mit Menschen, diese ist für sie der Kern ihrer seelsorglichen Berufung. Umso schmerzlicher trifft sie, dass sie in ihrem Pastoralpraktikum so ganz andere Bedingungen erleben: menschenleere Kirchen, Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen im ganz kleinen Kreis, ausfallende Feste und Rituale. Begegnung findet, wenn überhaupt, auf Distanz statt, häufig nur digital. Es ist aktuell nicht dasselbe. Gute Gespräche zu führen, zugewandt sein in allen Lebenswenden, in denen Menschen Begleitung brauchen und wünschen: Das ist zurzeit einfach nicht so einfach.
Die beiden werdenden Priester wollen nicht jammern. Sie blicken auf gute Jahre einer intensiven Vorbereitung zurück. Und fühlen sich gut gerüstet für die Zeit, die kommt, voller Vorfreude auf den Schritt, den sie am 20. März tun. Dass sie recht gelassen mit den Einschränkungen umgehen, denen ihr Dienst wegen des Infektionsschutzes unterliegt, hat etwas mit einer Grundhaltung zu tun, die sie sich während der Ausbildung angeeignet haben. Sie lässt sich so skizzieren: Beide wissen, woher sie kommen, sie wissen, dass bereits die Gegenwart anders ist als das, was sie kennen, und sie erwarten, dass die Zukunft noch ganz anders aussehen wird. Sie freuen sich darauf, diese mitzugestalten.
Woher kommst Du? Markus Terporten und André Vogelsberg stammen beide aus einem ländlich geprägten, eher dörflichen Umfeld. Dort haben sie noch so etwas wie volkskirchliches Leben kennengelernt mit vitalen Gemeinden, Gemeinschaften, Festen, Prozessionen und was noch alles dazugehört. Noch eine Portion mehr Katholizismus, auch in einer gewissen Enge dieser Welt, erlebten sie später beim Studium in Münster.
Jetzt, kurz vor der Weihe zum Diakon, vor dem abschließenden Seminar in Hamburg dagegen die Erfahrung, wie sich vielerorts im Bistum Aachen die pastorale Realität darstellt. In den Mittelzentren Herzogenrath-Merkstein und Eschweiler ist die Kirche mit einem zunehmend säkularen, multikulturellen Umfeld konfrontiert. Mit vielen Ideen und großem Engagement reagiert die Seelsorge dort, realisiert die Vision einer offenen, zugänglichen Kirche, die da ist, wenn man sie braucht.
In dieser Gegenwartsbeschreibung ist bereits die Zukunft verankert, auf die sich Markus Terporten und André Vogelsberg vorbereiten: auf die Zeit, in der sie einen Großteil ihrer beruflichen Laufbahn verbringen werden. Sie wissen: Die Möglichkeiten der Kirche werden kleiner. Was sie nicht wissen: wie Kirche konkret aussehen wird. Da haben sie eine gewisse Gelassenheit, dass die Glaubensgemeinschaft einen guten Weg finden wird. Die Kirche hat schon viele Entwicklungen hinter sich, gesellschaftliche und politische ebenso wie institutionelle.
In dieser Sicherheit gehen sie mit Zuversicht in ihr Amt. Und mit Vorsätzen: nicht in Aktionismus zu verfallen, um die Kirche zu retten oder Menschen an die Kirche zu binden. Ihnen geht es um das Heilsangebot Gottes, den Menschen Wegbegleiter zu sein. Das heißt mehr denn je, uneigennützig und unverzweckt da zu sein, wenn Menschen Zuspruch, Rat, Segen, Hilfe benötigen, ohne zu erwarten, dass sie dadurch stetige Teilnehmer am Gemeinde- oder Gottesdienstleben werden. Verantwortete Seelsorge und Freizeit mit Kindern und Jugendlichen heißt eben nicht, dass diese Messdiener werden müssen. Solche Gedanken widersprechen der seelsorglichen Berufung, der sich die beiden Kandidaten verpflichtet fühlen.
Zur guten persönlichen Verortung im Kosmos der geistlichen Lebens- und Arbeitsweise trug das jeweilige Auslandssemester bei. Das sei mit die beste Zeit seines Lebens gewesen, bilanziert zum Beispiel Markus Terporten. Er absolvierte diese Zeit ohne polnische Sprachkenntnisse im katholischen Krakau. Die Erfahrung, dass Weltkirche gerade in einem so volksfrommen Umfeld trägt, ist Terporten wertvoll. André Vogelsberg hat in Paris eine gegenteilige Erfahrung gemacht mit einer Kirche, die ihren Ort in einem völlig säkularen Umfeld sucht und findet. Irgendwo zwischen diesen beiden Polen befindet sich die deutsche Kirche und auch das Bistum Aachen, das wissen beide Kandidaten und scheuen all die Unwägbarkeiten, die sich mit der künftigen Entwicklung verbinden, nicht.
Der Auslandsaufenthalt in den beiden großen Städten hat sie in dieser zuversichtlichen Gelassenheit bestärkt. Sie wollen mit am Reich Gottes auf Erden bauen, mit anderen Menschen Dinge anstoßen, die neu Bestand haben, verlässliche liturgische, spirituelle, diakonische Angebote etablieren, so sprechen, dass sie und das Heilsangebot Gottes verstanden werden, so handeln, dass ihnen als Maklern der guten Sache vertraut wird. Am 20. März geht ihr Weg weiter. Für André Vogelsberg ist es schon der entscheidende Schritt, innerlich, für Markus Terporten eher ein Zwischenschritt bis zur Priesterweihe.