Ort für die Lebenden

In Würselen hat das Columbarium St. Marien seinen Betrieb aufgenommen

Blick von der Empore aus in den Innenraum der Grabeskirche. (c) Andrea Thomas
Blick von der Empore aus in den Innenraum der Grabeskirche.
Datum:
30. Juni 2020
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 27/2020 | Andrea Thomas

Die Kirche St. Marien in Würselen-Scherberg hat viel erlebt in den 95 Jahren seit ihrer Grundsteinlegung. Der letzte Umbau ist dabei sicher der markanteste: Aus der Gemeindekirche ist in den vergangenen zwei Jahren eine Grabeskirche geworden. Am 13. Juni wurde das Columbarium von Regionalvikar Hannokarl Weishaupt eingesegnet.

Vielen der Besucher des Gottesdienstes, der coronabedingt auf dem Kirchvorplatz stattfand, war an diesem Sommertag ein kalter Wintertag Ende 2017 noch gut in Erinnerung, der Tag der Entwidmung von St. Marien. Das gelungene Ergebnis hilft nun vielen, sich mit dem damals sehr emotionalen Abschied zu versöhnen: Kontinuität durch Wandel, wie Pfarrer Rainer Gattys es in seiner Predigt beschreibt.

Tritt man ein, wird der erste Blick gefangen von den hohen Wänden aus rötlichem Stampfbeton, die zur Decke hin offen kleinere Räume im Großen schaffen. Sie prägen das von den beiden Architekten Elmar Paul Sommer und Axel Birk geschaffene und über die Bauphase immer noch weiterentwickelte Columbarium. Neue Wege und Perspektiven sind so entstanden, die einladen, ihnen zu folgen und sie zu erkunden. Dabei stößt man dann zum Teil unvermittelt auf „Hindernisse“ in Form mehrerer großer Sarkophage, ebenfalls aus Stampfbeton, oder findet sich in einer Sackgasse wieder. „Sinnbild für das Sperrige und die Hindernisse in jedem Leben, die es zu übersteigen oder denen auszuweichen gilt“, beschreibt es Rainer Gattys. Deutlich wird das besonders in der Kammer, die unter der Empore entstanden ist. Fast völlig von den rötlichen Wänden umschlossen lässt sie den in der Mitte stehenden Sarkophag noch wuchtiger wirken. Aufgebrochen wird das durch die mit Silber beschlagene Rückwand, die das Element Wasser in die Grabeskirche bringt, ergänzt durch eine kleine Weihwasserstele als Ersatz für das Taufbecken.

Vertraut und doch neu und anders in ihrer Wirkung sind auch die Kirchenfenster. So prägen die drei Fenster mit der Darstellung der Gottesmutter nun auf besondere Weise den Bereich, der als Versammlungsraum für Gottesdienste, Trauer- und Verabschiedungsfeiern dient. Das durch die Fenster an den Längsseiten hereinfallende Licht malt, insbesondere in den Nachmittagsstunden, farbige Muster auf Boden und Wände. Zu dem stimmigen Ergebnis hätten die Idee vieler und viel handwerkliches Können beigetragen, erklärt Geschäftsführerin Irene Bergrath. Pfarrer Gattys beschreibt das so: „Hier ist nichts von der Stange, jedes Teil ist ein Unikat.“ Das gilt besonders für die Stampfbetonwände und Sarkophage, in denen die Kammern für die Aschekapseln untergebracht sind. Auf die Bestattung in einer Urne wird hier, im Sinne der Nachhaltigkeit und der Kosten für die Hinterbliebenen, bewusst verzichtet. Jede Wand ist Schicht für Schicht aufgebaut worden, wobei die Handwerker ihr Verfahren im Entstehen immer wieder weiterentwickelt haben. Was schließlich sogar zum Einriss zweier bereits fertiger Wände geführt hat, die am Ende nicht mehr harmonisch zu den anderen passten.

In den Wänden und Sarkophagen, hier sind die Doppelkammern untergebracht, können 2092 Verstorbene ihre letzte Ruhestätte finden. Verschlossen werden die Kammern mit Platten aus Gusseisen, in die Name, Geburts- und Sterbejahr eingegossen werden. Zusätzlich sind auf der Empore 1000 günstige Grabstätten entstanden. Auch hier wird jeder Verstorbene mit Namen verewigt, was den Verantwortlichen wichtig ist.
„Das Haus der Toten zu einem Haus für die Lebenden machen“, beschreibt Irene Bergrath ihr persönliches Anliegen. Trauernde sollen im Columbarium St. Marien einen Ort finden, an dem sie sich willkommen fühlen und loslassen können. Es gibt die Möglichkeit, eine Kerzen anzuzünden oder eine Blume in eines der Väschen in den Haltern an den Wänden zu stellen. „Da blüht vielleicht gerade die Lieblingsblume der oder des Verstorbenen im Garten. Oder das Enkelkind pflückt unterwegs Blümchen, um sie Oma oder Opa mitzubringen. Die finden dann hier ihren Platz“, skizziert Irene Bergrath die Idee dahinter.

Auch die Verabschiedung selbst soll in einem würdigen und persönlichen Rahmen stattfinden. Dazu hat das Columbarium eine besondere Schmuckurne anfertigen lassen, in der während der Feier die Aschekapsel aufbewahrt wird. „Die Angehörigen erhalten von uns ein Baumwollsäckchen, in dem später die Kapsel in die Kammer gelegt wird. Das dürfen sie individuell gestalten, zum Beispiel mit einem Bild, einem Spruch, einem Gedanken oder einem Liedtext“, erläutert Irene Bergrath. 


Standort der Trauerpastoral in der Pfarrei St. Sebastian


Die Beisetzung beginnt je nach Wunsch mit einer Wortgottesfeier, einer Messe oder einer Verabschiedungsfeier. Die Urne steht dabei auf einem schmiedeeisernen Ständer, der mit Blumen geschmückt wird. Im Anschluss wird sie in die Mitte der Grabeskirche getragen, analog zum Weg von der Trauerhalle zum Grab auf dem Friedhof. Hier steht auf einem Bodenrelief, ein Kreis als Symbol für die Ewigkeit, ein weiterer Ständer mit Väschen, in die die Trauergemeinde als letzte Abschiedsgeste einzelne Blumen stellen kann. Zum Schluss entnimmt einer der Hinterbliebenen die Aschekapsel und legt sie in das jeweilige Urnenfach.

Zuständig für die Trauerpastoral in der Pfarrei St. Sebastian, in der das Columbarium ein zentraler Standort ist, ist Gemeindereferentin Ursula Schön. Wichtig ist ihr vor allem, Trauernde gut zu begleiten und für sie ansprechbar zu sein. Wegen Corona geschieht dies aktuell schwerpunktmäßig in Einzelgesprächen, weitere Angebote zum Umgang mit Trauer sollen mit der Zeit – sofern die Umstände es wieder zulassen – folgen. „Was es bereits an trauerpastoralen Angeboten in der Pfarrei gibt, wird fortgeführt und soll hier im Columbarium ergänzt und weiter ausgestaltet werden.“

Kontakte und Infos: www.sankt-
sebastian-wuerselen.de/einrichtungen/columbarium-st.-marien

Das Columbarium St. Marien

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