Ort, der zum Dialog einlädt

Zum 650. Stadtjubiläum liegt nun eine Chronik der Krefelder Pfarrgemeinde Papst Johannes XXIII. vor

Es war keine Frage: Franz-Joseph Greve (Mitte) bekam das erste Exemplar jetzt pünktlich zum Geburtstag. (c) Dirk Jochmann
Es war keine Frage: Franz-Joseph Greve (Mitte) bekam das erste Exemplar jetzt pünktlich zum Geburtstag.
Datum:
17. Okt. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 42/2023 | Chrismie Fehrmann

Es ist eine „wissenschaftliche Pfarrgeschichte“, die der Kirchengemeinde Papst Johannes XXIII. druckfrisch vorliegt. Der schöne 600 Seiten starke Band mit dem Titel „Gott zur Ehre, den Gläubigen zum Segen und der Stadt zur Zierde“, trägt den Untertitel: „Geschichte der Pfarre und Kirche zum hl. Dionysius in Krefeld“.

Die Kempener Historikerin Ina Germes-Dohmen hat dafür zusammengenommen drei Jahre geforscht und geschrieben. Es ist keine Kirchen-Bau-Geschichte entstanden und auch kein weiteres Werk mit Ergänzungen und Wiederholungen zum Stadtgeburtstag oder der Stadtgeschichte. Vielmehr hat die Historikerin über 260 der 600 Seiten mit ihren eignen Forschungen und neuen Erkenntnissen beschrieben. Es ist eine interessante und überaus lesenswerte, lebendige Schrift entstanden.

Germes-Dohmen ist dazu bis nach Berlin, ins Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, gereist. Schade sei es gewesen, dass viele Unterlagen in der Kirche beim Bombeneinschlag 1943 vernichtet worden seien, erklärt sie. Bestände des Stadtarchivs und des Bischöflichen Diözesanarchivs Aachen hätte sie für die Recherche hinzugezogen. Viele Einrichtungen seien in der Corona-Zeit geschlossen gewesen.

Schon 2018 wurde die freiberufliche Historikerin angesprochen, um für diese Pfarrchronik, die ein Alleinstellungsmerkmal für die Kirche geworden ist, zu forschen und zu schreiben. „Es ist das Besondere an diesem Werk, dass die Geschichte der Gläubigen, Priester und den dazugehörigen Einrichtungen und ihren Menschen beschrieben werden.“ Die Frage lautete: „Wer betete dort?“ Da war beispielsweise der weitsichtige Oberpfarrer und spätere Ehrenbürger Johann Heinrich Gottfried Reinarz, der früh erkannt hat, dass die Kirche auch wichtig für die Stadt ist. Von ihm stammt das Zitat, das nun Buch-Titel geworden ist.

Auch David Grüntjens, der aktuelle Pfarrer, betont, dass die „Dio-Kirche“ ihren Platz im Herzen der Krefelder habe, ganz gleich, welcher Konfession. Sie sei das große Hoffnungszeichen nach der verheerenden Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg gewesen. Genau das habe sie immer ausgemacht: „Die Dionysiuskirche ist eben nicht nur Wahrzeichen der Stadt, sondern ein Ort, der zum Dialog einlädt; zwischen Gott und Mensch, Stadt und Kirche, Geschichte und Gegenwart.“ Der Geistliche erklärt, „stolz zu sein, ein derartiges Werk in Händen zu halten, das – vielleicht nicht nur im Rheinland – ein Alleinstellungsmerkmal besitzt.“

Mittlerweile befindet sich die Kirche mit ihrem weit sichtbaren Turm im Zentrum der Stadt. Das war früher ganz anders. Zu Beginn lag die Kirche anderswo, von Zentrum war keine Rede. „Zwar bildeten die Katholiken Ende des 17. Jahrhunderts die mit 1200 Personen zahlenmäßig größte Konfessionsgruppe in Krefeld, doch litten sie unter dem schweren unerträglichen Joch der Reformierten und klagten, keine Sakramente erhalten zu können. Die freie Religionsausübung wurde ihnen verwehrt. Den Gottesdienst mussten sie in der Klosterkirche besuchen.“ Einfluss hatten sie auch keinen.

Doch sie wollten ein eigenes Gotteshaus. 1738 sollte die Kirche mit dem Turm auf dem alten Stadtgraben stehen, der heutigen Rheinstraße, der zugeschüttet worden war. Doch da war der Platz ebenso unbeliebt wie der Bereich außerhalb der Stadtmauer, wie für die Gesetzlosen – wo sonst?

Schließlich fand 1752 doch der Aushub des Stadtgrabens statt. Den ganzen Kirchenbau verfolgte ein Tagebuchschreiber. Auch wurde schon Ausstattung für die Kirche beschafft, wie ein silbernes Kreuz und ein großes Schloss aus Amsterdam für die Kirchentür. Später wuchs die Stadt um die Kirche herum.

Franz-Joseph Greve hat Erscheinen der Chronik möglich gemacht

Das Buch gibt Einblick in die Struktur und das kirchliche Leben der Katholiken im 18. und 19. Jahrhundert. Es beschreibt auch Pfarrer, die prägend in der Kirchengeschichte waren. Beispiel: Laurenz Hubert Hutmacher, selbstbewusster Oberpfarrer von St. Dionysius. Er schaffte es 1865, dass die Osterzeit um zwei Wochen verlängert wurde, damit alle Gläubigen beichten konnten, so wie es vorgeschrieben war. Die Geistlichen hatten schon 16000 Beichten in drei Wochen abgenommen und schafften nicht alle in der regulären Zeit.
Ina Germes-Dohmen hatte zwei Co-Autorinnen; Anna Pawlik für den sehr schönen bebilderten Katalog der wichtigsten Kunstwerke in St. Dionysius und Margret Wensky, die als Mitautorin für die Skizzierung der Vorgeschichte, also bis zum 18. Jahrhundert gewonnen wurde.

Dass diese Publikation überhaupt erschienen ist, ist jedoch der Beharrlichkeit eines Mannes zu verdanken, der früher im Kirchenvorstand wirkte: Franz-Joseph Greve. Germes-Dohmen: „Seinem steten Erinnern an das Bereitstehen der Summe für die ,Chronik‘ verdankt dieses Buch überhaupt seine Entstehung. Ohne ihn wäre der Auftrag des Spenders vergessen worden.“ Greve habe das Thema immer hochgehalten.
Zumal Pfarrer David Grüntjens mit der umfangreichen Sanierung des Gotteshauses und der Installation des Kirchturmhahnes beschäftigt war. „Das vergoldete Tier musste der Vollständigkeit halber noch unbedingt seinen Platz im Buch finden“, erklärt der Geistliche der Stadtpfarrkirche.

Er hat einen besonderen Beitrag fürs Buch geleistet: Das Titelbild ziert das stilisierte Bild des Kirchturmes mit Hahn, das in der Wohnung von Grüntjens hängt und aus seiner Hand stammt. Ansonsten sind die Farben des Einbandes den Tönen der sanierten Kirche nachempfunden.

 

Die Chronik

(c) Pfarrei  Papst JohannesXXIII.

„Gott zur Ehre, den Gläubigen zum Segen und der Stadt zur Zierde“ ist Band 17 der „Krefelder Studien“, die vor 50 Jahren erstmals erschienen sind. Er wurde im Stadtarchiv in Anwesenheit vom stellvertretenden Leiter, Christoph Moss, vorgestellt. Auftraggeber war die Kirchengemeinde Papst Johannes XXIII., Herausgeber ist die Stadt Krefeld. Es ist in einer Auflage von 500 Stück erschienen, kostet 30 Euro und ist im Buchhandel, im Archiv und im Pfarrbüro zu bekommen.

Die Herstellung hat rund 140000 Euro gekostet. Dazu trugen das Spendenkonto mit 90 000 Euro bei, die Sparkassen-Stiftung mit 30000, die Pfarre mit 20 000 und das Bistum Aachen mit 1000 Euro für die Druckkosten.