Ohne Frauen keine Zukunft

Die Diskussion um den Zugang zu geweihten Ämtern für Frauen hat eine neue Qualität bekommen

„Nicht der Zugang von Frauen zu den kirchlichen Diensten und Ämtern ist begründungspflichtig, sondern deren Ausschluss“, lautet eine der sieben Osnabrücker Thesen. (c) www.pixabay.de
„Nicht der Zugang von Frauen zu den kirchlichen Diensten und Ämtern ist begründungspflichtig, sondern deren Ausschluss“, lautet eine der sieben Osnabrücker Thesen.
Datum:
9. Jan. 2018
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 02/2018 | Garnet Manecke

Ohne das Engagement von Frauen wäre kirchliches Leben nicht möglich. Dennoch bleibt ihnen in der katholischen Kirche der Zugang zu geweihten Ämtern wie dem Diakonat oder dem Priesteramt verwehrt. Das wollen viele Frauen und Männer nicht mehr hinnehmen. Die Teilnehmer eines ökumenischen wissenschaftlichen Kongresses zum Thema „Frauen in kirchlichen Ämtern. Reformbewegungen in der Ökumene“ haben sieben Thesen veröffentlicht, die die Diskussion wieder anstoßen.

 Sylvia Dyballa klingt überhaupt nicht aufmüpfig. Im Gegenteil: Sie spricht voller Überzeugung und Begeisterung über ihren Glauben und ihr Engagement in der Kirche. Aber sie gehört in der katholischen Kirche nicht zu den Frauen, die sich in ihr Schicksal fügen, dass sie nicht zur Diakonin geweiht wird. Sie ist ihrer Berufung trotzdem gefolgt, hat sich zur Diakonin ausbilden lassen, nennt sich selbstbewusst so und ist auch seelsorgerisch tätig. „Frauen, die sich berufen fühlen, kann man ihre Berufung nicht absprechen“, sagt die 66-Jährige. „Ich bin ja in der Situation: Meine Berufung wird nicht ernst genommen.“

Die Hoffnung, dass sich daran etwas ändern könnte, aber hat sie immer noch – nach dem Kongress in Osnabrück noch stärker. „Zum ersten Mal hat sich eine ökumenische Gemeinschaft auf wissenschaftlicher Ebene mit dem Thema auseinandergesetzt“, sagt sie. „Es wurde aus verschiedenen Blickrichtungen beleuchtet.“ Frauen, die den Zugang zu Diakonat und Priesteramt fordern, stoßen in der katholischen Kirche auf Ablehnung. „Da ist dieses Denken, dass wir jetzt mit militärischer Strenge etwas durchsetzen wollen“, ist die Erfahrung von Sylvia Dyballa. Aber ihr Ansatz ist ein anderer, der auch für ihre männlichen Kollegen im Diakonat interessant sein dürfte: „Das Diakonat wird immer als Durchlaufstation zum Priesteramt angesehen. Aber es sind so viele Aufgaben, die da auf einen zukommen, dass man das als eigenständiges Amt ausdrücklich für Frauen und Männer sehen sollte.“

 

„Im Moment entsteht viel Leid, so dass sich hoch engagierte Menschen zurückziehen“

Sieben Thesen haben die Teilnehmer des Ökumenischen Kongresses als „Osnabrücker Thesen“ veröffentlicht. Eine, die für besonders viel Diskussionsstoff sorgen dürfte, ist die dritte These: „Nicht der Zugang zu den kirchlichen Diensten und Ämtern ist begründungspflichtig, sondern deren Ausschluss.“ Viele Frauen haben das Gefühl, dass sie mit der Verkündigung nicht angesprochen werden, ja, in der gängigen Praxis gar nicht vorkommen. „Für mich ist die Verkündigung zurzeit nicht schlüssig und ich habe da viele Fragen“, sagt Dyballa. Fragen, die sie auch im Rahmen des angekündigten synodalen Prozesses im Bistum Aachen gerne stellen würde. „Momentan entsteht viel Leid, so dass Menschen, die hoch engagiert sind, sich zurückziehen. Das ist katastrophal.“

„Das Argument, das hinter der Ablehnung des Diakonats für Frauen steht, ist eine Machtfrage“, sagt Annette Diesler ganz klar. Diesler ist Pastoralreferentin und Organisationsberaterin. Seit vielen Jahren engagiert sie sich im Vorstand des KFD-Diözesanverbandes Aachen. „Diakoninnen gab es früher, das kann man nachweisen.“ Auch für sie hat die Diskussion um den Zugang für Frauen zu geweihten Ämtern mit dem Kongress eine neue Qualität bekommen. „Das Neue ist, dass viele Frauen sehr unterschiedliche theologischen Lehrstühle besetzen“, sagt sie. „Das bringt das Thema wieder in den Vordergrund.“ Aber Diesler sieht auch, dass der Zugang der Frauen zu den Ämtern die Kirche verändern würde. „Keine Frau, die ich kenne, will ein Amt so ausführen, wie das Männer derzeit machen“, sagt sie. „Sie wollen andere Strukturen und andere Ämterformen.“

Sie ist überzeugt, dass die Kirche Frauen stärker in den Fokus nehmen muss, um ihre Zukunft zu sichern. „Frauen laufen der Kirche weg, wobei die jüngeren schon weg sind“, beobachtet Diesler. „Es ist eine Abstimmung mit den Füßen. Damit fällt auch vieles in der Kirche weg.“

 

Die vollständigen Osnabrücker Thesen sind unter www.kath-theologie.uni-osnabrueck.de im Internet abrufbar.