Österliche Lichtspuren

Neue und andere Zugänge zu alten Traditionen und Ritualen finden

(c) unsplash/Cdoncel
Datum:
28. März 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 13/2024 | Andrea Thomas

Manches, was vor vielleicht 20 Jahren noch als selbstverständlich vorausgesetzt werden konnte, ist es inzwischen nicht mehr. Um Menschen Rituale wie die der Osternachtfeier wieder näher zu bringen, braucht es einen neuen und offenen Blick darauf, und den Mut, Dinge einmal etwas anders zu machen.

In St. Jakob in Aachen hat man sich getraut und im vergangenen Jahr die „Osternacht anders“ gestaltet. Mit so positiver Resonanz, dass es in diesem Jahr die Fortsetzung geben wird. Entstanden sei die Idee dazu in der Vorbereitung auf Weihnachten, erzählt Dorothee Jöris-Simon, die gemeinsam mit ihrem Kollegen Theo Wellens (beide sind in der Krankenhausseelsorge am Luisenhospital tätig, das zur Pfarrei St. Jakob gehört) und Pfarrer Andreas Mauritz für das Projekt verantwortlich zeichnet. Da gibt es seit vielen Jahren das Angebot „Weihnachten anders“. Davon übernahmen sie nicht nur das Wortspiel, sondern auch den Gedanken, eines der Kernfeste unseres Glaubens in eine Form zu bringen, die Menschen dieser Zeit anspricht.

„Die Texte der Osternacht sind in einer Sprache verfasst, die Menschen heute nicht mehr sprechen. Das versteht doch keiner mehr“, sagt die Gemeindereferentin. Das hatten sie ändern wollen. Dazu hat sich die kleine Gruppe, zu der neben den drei Seelsorgenden noch eine „sehr engagierte, ältere Dame“ zählte, zunächst noch einmal genauer mit der Theologie der Osternacht beschäftigt, mit dem Ergebnis: Wir bauen das anders auf und unterbrechen die Texte mit der Lichtfeier. „Ich denke, damit haben wir vielen einen Gefallen getan, weil der Gottesdienst so lebendiger geworden ist“, sagt Dorothee Jöris-Simon. Thematisch haben sie die Osternachtfeier unter den Gedanken „Österliche Lichtspur“ gestellt und die Frage „Wo kann ich als Mensch Lichtspur sein für andere?“. Das sei ihr „roter Faden“ gewesen, den sie durch alle liturgischen Texte gezogen hätten. 

Lesungen unterschiedlich gestaltet

Die haben sie noch einmal besonders betrachtet, um zu überlegen, wie sie sich so aufgreifen lassen, dass sie zugänglicher werden. So hätten sie an verschiedenen Stellen ein wenig umformuliert oder einen kurzen Kommentar oder eine Erläuterung vor die Lesungen – von den es in der Osternachtliturgie einige gibt – gesetzt, eine Lesung gesungen und eine mit Musik untermalt, gut unterstützt von Kantor Thomas Linder. „Wir haben uns außerdem ein bisschen was getraut und das Osterlob (Exultet) in einer Übersetzung von Annette Jantzen aus ,Gotteswort weiblich‘ verwendet.“ Das sei gut angekommen, sagt Dorothee Jöris-Simon. Ebenso wie die Idee, die Predigt als Dialog zwischen ihr und Pfarrer Andreas Mauritz zu halten.

Die Tauferneuerung hat die Gruppe auch etwas angepasst und das traditionelle „Widersagst du?“ in „Bist du bereit?“ umformuliert. Außerdem hat sie nach der Weihe des Taufwassers Kärtchen an die Anwesenden verteilt, auf den vorne ein Wasserbild und hinten die Osterkerze zu sehen war und dem Text „Durch meine Taufe gehöre ich für immer zu Jesus. Ich bin eine Lichtspur.“ Wer mochte, durfte eine weitere Karte zum Weitergeben an Freunde oder Familie mitnehmen. „Wir wollten Ostern als Fest für alle Sinne erlebbar machen und dabei spielen Wasser und Licht eine wichtige Rolle“, fasst Dorothee Jöris-Simon für das Vorbereitungsteam zusammen.

In diesem Jahr wollen sie den Schwerpunkt auf die Schöpfungslesung legen und haben auch noch einmal an den Lesungstexten gefeilt. Kurz wird auch diese „Osternacht anders“ nicht, aber hoffentlich ebenso dicht und fröhlich von der Atmosphäre wie bei der Premiere.

Uralte Liturgie neu entdecken

In St. Laurentius Puffendorf wird die traditionelle Liturgie mit allen biblischen Texten gefeiert. (c) unsplash/sixteen miles out
In St. Laurentius Puffendorf wird die traditionelle Liturgie mit allen biblischen Texten gefeiert.

Auch in der GdG St. Marien in Baesweiler gibt es in diesem Jahr ein besonderes Angebot für die Feier der Osternacht. Dabei schlägt das Vorbereitungsteam auf den ersten Blick den entgegengesetzten Weg ein. Die Osternachtfeier in St. Laurentius Puffendorf greift bewusst alle traditionellen Elemente, Texte und Riten auf. „Die Liturgie der Osternacht ist eine uralte Liturgie der Kirche, sie ist reich an Symbolen und Handlungen, die sich uns heute in dieser Form nicht mehr ohne Weiteres von selbst erschließen. Wir wollen diese ursprüngliche Form der Osternacht wiederentdecken und uns auf ihre Zeichen und Texte neu einlassen“, heißt es im Ankündigungsflyer. Dazu gehört auch, in den beginnenden Ostermorgen hineinzufeiern, weshalb der Gottesdienst um fünf Uhr in der Früh beginnt.

Die Idee ist, die alte Liturgie in ihrer ganzen Fülle wirken zu lassen. Will heißen, mit allen vorgesehenen sieben alttestamentlichen Lesungen, den zugehörigen Psalmen, Epistel und Evangelium. Um die Menschen mitzunehmen, hat es im Vorfeld zwei Veranstaltungen zur Information und Vorbereitung gegeben. In ihnen wurden die umfangreiche Leseordnung sowie die liturgischen Formen und ihre Bedeutung in der Osternacht vorgestellt und erläutert. Mit diesem Hintergrundwissen, so die Idee, lässt sich dann auch die alte Liturgie neu verstehen und erleben.

 

Kirchenbank_Emmausgang„Emmausgang“ in St. Martinus Richterich, unterwegs von Kirchenbank zu Kirchenbank. (c) GdG grenzenlos
Kirchenbank_Emmausgang„Emmausgang“ in St. Martinus Richterich, unterwegs von Kirchenbank zu Kirchenbank.

Neue Wege geht auch die GdG grenzenlos, im wahrsten Sinne des Wortes. Nicht die Osternacht, sondern die Emmausgeschichte möchten Gerlinde Lohmann, Angelo Scholly und Jonas Middendorf mit neuem Leben erfüllen. Sie gehört zu den bekanntesten Geschichten des Neuen Testaments, die Erzählung von den Menschen, die nach Jesu Tod auf dem Weg nach Emmaus ein Stück des Weges mit einem Fremden gehen, in dem sie erst, als er mit ihnen das Brot bricht, den Auferstandenen erkennen. Ostermontag sind Interessierte eingeladen, sich selbst auf einen Emmausgang zu machen.

Vor Jahren haben sich einige Menschen aus der umgebauten Martinuskirche in Richterich eine Kirchenbank mit nach Hause genommen und einem Stück Kirche einen neuen Platz gegeben. Am Ostermontag stellen sie von 15 bis 17 Uhr ihre Bänke vor die Tür und laden zum Besuch ein. Es gibt vor Ort eine kleine Stärkung sowie an den Bänken und auf dem Weg Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen über das, was in den Ostertagen damals geschehen ist und was es uns heute bedeutet. Der Weg kann auf eigene Faust gegangen werden (für Familien mit Kindern gibt es die Möglichkeit, die Bänke beim Geocaching zu entdecken) oder in Gemeinschaft (15 Uhr an St. Martinus).

„Osternacht anders“, Karsamstag, 21 Uhr, St. Jakob, Jakobstraße, Aachen
Osternacht „mit allem“,Ostersonntag, 5 Uhr,St. Laurentius, Baesweiler-Puffendorf
Infos zum Emmausgang: www.gdg-grenzenlos.de