Nur für „Fraulü“

Neuer Secondhand-Laden des Caritasverbands am Aachener Markt

Die Ständer laden zum Stöbern und Entdecken neuer nachhaltiger Lieblingsstücke ein. (c) Andrea Thomas
Die Ständer laden zum Stöbern und Entdecken neuer nachhaltiger Lieblingsstücke ein.
Datum:
2. März 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 09/2022 | Andrea Thomas

Frauen und ihr Kleiderschrank, das ist schon eine besondere Beziehung. Klingt wie ein negatives Klischee? Mag sein, aber egal, ob Frauen beruflich erfolgreich sind, Leitungsverantwortung übernehmen, das Klima retten, Politik machen, die Kirche aufmischen oder Beruf und/oder Familie jonglieren, in der Regel tun sie dies angezogen, und zwar am liebsten so, dass sie sich dabei ganz wie sie selbst fühlen. 

Nicole Meyr und Bernhard Verholen hoffen, mit „Fraulü“ den Aachenerinnen einen bewussteren Kleiderkonsum schmackhaft machen zu können. (c) Andrea Thomas
Nicole Meyr und Bernhard Verholen hoffen, mit „Fraulü“ den Aachenerinnen einen bewussteren Kleiderkonsum schmackhaft machen zu können.

In Aachen hat die Caritas unlängst einen besonderen „Kleiderschrank“ eröffnet, einen nachhaltigen für „Fraulü“ (für alle nicht eingeborenen Aachenerinnen: weibliche Leute, also Frauen), die Secondhand-Kleidung zu fairen Preisen Fast-Fashion zu unfairen Preisen vorziehen, die anders und wertschätzend mit der Ressource Kleidung umgehen und trotzdem gut gekleidet sein wollen.

„Fraulü – Dein nachhaltiger Kleiderschrank“ heißt der neue Laden dann auch, prominent gelegen am Aachener Markt. Eingerichtet ist er wie eine nette kleine Boutique, in der jedoch alles ein „zweites Leben“ hat, von den Regalen und Kleiderständern über die Dekoration bis zur angebotenen Kleidung und passenden Accessoires. Da gibt es Kleider, Pullis, Hosen, Jacken, Schals, Handtaschen und Modeschmuck. Nur Schuhe, die sucht Frau vergebens. Gebrauchte Schuhe seien schwierig, erklärt Nicole Meyr, Leiterin des Fraulü, bedeuteten hohen (Aus-)Sortieraufwand, weshalb sie darauf bewusst verzichteten.

Bis vor wenigen Monaten war Nicole Meyr für den Gebrauchtwarenladen „FairKauf“ des regionalen Caritasverbands verantwortlich, der Ende 2021 nach zwölf Jahren geschlossen wurde. Ein Grund dafür war die Entwicklung auf dem weltweiten Altkleidermarkt und der Trend zu „Fast-Fashion“ – Kleidung, die billig produziert wird und nicht auf eine lange Lebensdauer angelegt ist. Das Sortieren der Altkleiderspenden war immer aufwendiger und die Entsorgung nicht wiederverwertbarer Kleidung immer teurer geworden. Dazu kam die Pandemie, weshalb sich das Konzept für den Caritasverband zuletzt nicht mehr trug. Ganz zurückziehen aus dem Secondhand-Geschäft wollte sich die Caritas aber auch nicht. Sie wollten weiterhin Menschen mit kleinerem Geldbeutel ein Angebot machen, aber gleichzeitig auch für einen wertschätzenden Umgang mit Kleidung und ein verändertes Konsumverhalten werben. Gut erhaltene und hochwertige Kleidung soll länger im Nutzungskreislauf bleiben und so zum Klimaschutz beitragen, wie Bernhard Verholen, Vorstand des Caritasverbands ausführt.

So sind die Idee und das Konzept für Fraulü entstanden, lokal, sozial und klimafreundlich. In einem ansprechenden Ambiente, das zeigt: So kann Second-hand auch aussehen. Der Laden richtet sich bewusst an alle Frauen. Die Preise sind fair und für die Kundinnen, die mit sehr kleinem Budget auskommen müssen, gibt es Ermäßigung über Gutscheine und den Aachen-Pass. „Es geht um Wertschätzung gegenüber Menschen und Waren“, sagt Nicole Meyr, der das Thema sehr am Herzen liegt.

Wertschätzung beginnt dabei schon bei den Menschen (überwiegend Frauen), die unter oft unmenschlichen Arbeitsbedingungen produzieren, was weltweit in den Schränken und allzu oft schnell wieder im Altkleidercontainer landet. Sie setzt sich fort im Klimaschutz: Die CO2-Emissionen der weltweiten Textilproduktion sind höher als im gesamten internationalen Flug- und Schiffsverkehr. Zwei Milliarden Kleidungsstücke werden jährlich in Containern entsorgt. Das ergibt eine Lkw-Schlange von Flensburg bis Innsbruck. Grund genug für eine Abkehr von der Wegwerf- hin zu einer Kreislaufkultur.

Kleine Sortierhilfe

Das Schaufenster gleicht einer „normalen“ Boutique, aber eben „lokal, sozial, klimafreundlich“. (c) Andrea Thomas
Das Schaufenster gleicht einer „normalen“ Boutique, aber eben „lokal, sozial, klimafreundlich“.

Wie macht Frau das aber nun am besten? Das Fraulü-Team gibt eine kleine Anleitung zum Aussortieren: „An oberster Stelle steht der Zustand, es folgt die Materialqualität und danach die Aktualität.“ Hilfreiche Fragen vor dem Kleiderschrank können sein: Passt mir die Größe noch? Entspricht das Stück noch meinem persönlichen Stil? Habe ich es kaum getragen oder war es sogar ein Fehlkauf?

Dann drei Stapel machen: Fraulü, Kleider-Container, Restmüll. Alle Kleidungsstücke, die Frau noch bedenkenlos einer Freundin anbieten würde, gehören auf den ersten Stapel. Noch Tragbares, das den oben genannten Fragen nicht standhält, kommt auf den Stapel für den Altkleidercontainer, Kaputtes und Verschließenes in den Müll. Die Kleidung, die weitergegeben werden soll, muss sauber und ohne Löcher sein und funktionierende Reißverschlüsse und Knöpfe haben. Markenklamotten müssen es nicht sein. Wichtig ist, dass sie noch gut tragbar sind und ihr Lebenszyklus sich noch nicht dem Ende zuneigt. Dann in eine Papiertüte packen und im Fraulü vorbeibringen.

Mehr zum Laden und zur Initiative der Caritas: www.fraulue.de