Der Widerstandskämpfer Willi Graf („Weiße Rose“), der in Kuchenheim geboren
wurde, aber auch die beiden aus der Eifel stammenden Steyler Missionare Ephrem (Matthias) Pint aus Krautscheid bei Prüm und Johann Dingels aus Salm (Vulkaneifelkreis), die in Papua Neuguinea unter japanischer Besatzung ums Leben kamen, wurden neu ins Martyrologium des 20. und 21. Jahrhunderts aufgenommen.
Dieses auf Anregung von Papst Johannes Paul II. und im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz seinerzeit von dem aus Euskirchen stammenden Prälaten Prof. Dr. Helmut Moll (80) in Angriff genommene Mammutwerk ist vor Kurzem unter dem Titel „Zeugen für Christus“ in seiner achten erweiterten Auflage erschienen. Bereits in einer früheren Ausgabe wurde der Mechernicher Bäcker und „Judenfreund“ Andreas Girkens als Märtyrer verewigt.
Willi Graf wurde am 2. Januar 1918 in Kuchenheim geboren und engagierte sich früh im katholischen Schülerbund Neudeutschland und in der Liturgischen Bewegung. Ab 1937 studierte er in Bonn Medizin, wurde 1940 als Sanitäter zur Wehrmacht eingezogen und 1942 zur Fortsetzung des Medizinstudiums nach München geschickt.
Dort schloss Graf sich der studentischen Gruppe der Weißen Rose an, die in Flugblättern zum Widerstand gegen Hitler und das nationalsozialistische Regime aufforderte. Am 18. Februar 1943 wurde er gemeinsam mit seiner Schwester Anneliese festgenommen, am 19. April zum Tode verurteilt und am 12. Oktober im Gefängnis München-Stadelheim hingerichtet. Thomas Alber hat über Willi Graf die Monografie „Aufrecht bis zum Schafott“ (fe-medienverlag, Kisslegg 2023) veröffentlicht, zu der Helmut Moll das Vorwort schrieb.
Johann Dingels erblickte am 6. Mai 1886 als Bauernsohn im Kreis Daun das Licht der Welt. Er trat erst mit 24 Jahren eine höhere Schullaufbahn an, leistete von 1908 bis 1910 Militärdienst, vom 2. August 1914 bis zum 1. November 1918 musste er als Soldat in den Krieg ziehen. Am 19. Dezember 1926 wurde Dingels im Erzbischöflichen Ordinariat St. Gabriel bei Wien zum Diakon und am 26. Mai 1927 zum Priester geweiht.
Als Steyler Missionar ging der Eifeler 1933 ins Vikariat Zentral-Neuguinea unter Bischof Joseph Lörks (1876–1943). Nach der japanischen Besetzung kam er am 16. Juli 1943 ins Internierungslager der Insel Kairiru. „Die Lebensbedingungen waren äußerst schwierig, und die japanischen Soldaten drangsalierten die Missionare gnadenlos“, schreibt Prälat Moll: „Ausgehungert und erschöpft starb Johann Dingels als Zeuge Christi.“
Im Buch des belgischen Herz-Jesu-Missionars P. Theo Aerts (1931–2014) wurde er ebenso zu den 333 Märtyrern des Zweiten Weltkriegs in Papua-Neuguinea gezählt wie der aus dem Kreis Bitburg-Prüm stammende Matthias Pint (Ordensname Ephrem), der als Zwangsarbeiter der Japaner auf dem Flugfeld Boram auf der Insel Wewak festgehalten wurde, wo er aller Wahrscheinlichkeit nach am 17. August 1943 bei amerikanischen Bombardierungen ums Leben kam.
Autor des Martyrologiums „Zeugen für Christus“ und zugleich einer der beiden historischen Postulatoren im Seligsprechungsverfahren Willi Grafs ist Prälat Helmut Moll. Der fließend Latein und Italienisch sprechende Theologe, der auch das rheinische Idiom noch beherrscht und „Platt kalle kann“, hat bei Joseph Ratzinger promoviert, dem späteren Papst Benedikt XVI. Unter ihm als Kardinal arbeitete Moll 1984 bis 1995 in der vatikanischen Glaubenskongregation.
Der 1944 als Sohn des Autospediteurs Johann Joseph Moll und seiner Ehefrau Susanna, geborene Koenen, auf die Welt gekommene Geistliche verbrachte seinerzeit seine Ferien regelmäßig in Kommern. Außerdem begleitet er unter anderem den Seligsprechungsprozess des aus Münstereifel stammenden „Heiligen Doktors von Moskau“, Friedrich Joseph Haas.
Vor einigen Jahren hat das baden-württembergische Wissenschaftsministerium auf Vorschlag von Alma von Stockhausen Helmut Moll eine Professur im Fach „Frühes Christentum und Hagiographie“ an der Wissenschaftlichen Hochschule Weilheim angetragen.
Papst Johannes-Paul II. hatte Helmut Moll seinerzeit mit der Aufgabe betraut, jene Menschen vor dem Vergessen zu bewahren, die wegen ihrer Glaubensüberzeugung ums Leben kamen. Seither ist der in Euskirchen geborene Kirchenmann Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts. Zusammen mit 180 Fachleuten eruierte er das Schicksal von über 1000 katholischen Märtyrerinnen und Märtyrern. Auch nicht-katholische Glaubenszeugen werden namentlich erwähnt.
Zur Erinnerung an die Märtyrer des 20. Jahrhunderts erschien die achte erweiterte und aktualisierte Auflage. Papst Johannes Paul II. rief seinerzeit dazu auf, die Erinnerung an die Märtyrer des 20. Jahrhunderts wachzuhalten: „Die Märtyrer sind zurückgekehrt, häufig unbekannt, gleichsam ‚unbekannte Soldaten‘ der großen Sache Gottes. Soweit als möglich dürfen ihre Zeugnisse in der Kirche nicht verloren gehen. Wie beim Konsistorium empfohlen wurde, muss von den Ortskirchen alles unternommen werden, um durch das Anlegen der notwendigen Dokumentation nicht die Erinnerung zu verlieren an diejenigen, die das Martyrium erlitten haben.“ So schrieb Papst Johannes Paul II. in seinem Brief zur Einberufung des Heiligen Jahres 2000.
Im Zuge der achten Auflage konnten seit dem Jahre 2019 insgesamt 81 neue Namen biografisch erarbeitet werden. Diese kommen aus vier Kategorien: Blutzeugen aus der Zeit des Nationalsozialismus, aus der Zeit des Kommunismus (ab 1917), aus dem „martyrium puritatis“ von Mädchen, Frauen, Ordensschwestern und ihren Beschützern sowie Märtyrer aus den Missionsgebieten.
Letztere bilden die größte Gruppe der neuen Glaubenszeugen. Nach dem Tod von Heinz Hürten hat der frühere Direktor der Kommission für Zeitgeschichte in Bonn, Karl-Joseph Hummel, die Aufgabe übernommen, die eingegangenen Entwürfe auf historische Zuverlässigkeit und sachliche Richtigkeit zu überprüfen. Die deutschen Bischöfe haben zudem für ihre (Erz-)Diözesen neue Diözesanbeauftragte ernannt, die in der Lage sind, Personen von Glaubenszeugen zu entdecken, neue Lebensbilder zu erstellen sowie eingehende Rückfragen zu beantworten.
Das Gesamtprojekt zur Märtyrergeschichte des 20. Jahrhunderts wurde 1994 von Papst Johannes Paul II. initiiert.
pp/Agentur ProfiPress
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