Die Reliquientücher waren gut verstaut. „Als ich 2018 als Pfarrer hier anfing, habe ich die Tücher in einer Schublade gefunden“, blickt Andreas Züll zurück. Wenn er am 10. August in St. Mariä Himmelfahrt das Abendmahlstuch erhebt und damit die Wallfahrtswoche eröffnet, ist es das dritte Mal in Folge, dass die Heiltumsfahrt wieder stattfindet.
Im Rheinland wäre damit eine Tradition begründet, in diesem Fall ist aber der Begriff Wiederbelebung passender, denn die Heiltumsfahrt hat bereits eine Tradition, die Jahrhunderte zurück reicht und nur etwas eingeschlafen ist.
Bis zum 30-jährigen Krieg pilgerten Tausende Menschen im Jahr in den Ort, der auf dem Jakobsweg liegt. Die Grafen von Manderscheid-Blankenheim hatten einen nicht unerheblichen Reliquienschatz zusammengetragen und eine Wallfahrt auf der Burg gestiftet, deren Ablauf im 1460 geschriebenen „Heiltumsbuch“ beschrieben wird – inklusive eines Ablaufplanes für die Zeitung der damals vorhandenen Reliquien.
Ein Großteil des Reliquienschatzes nahm Erbtochter Augusta 1794 auf der Flucht vor den Franzosen mit in die böhmische Heimat ihres Mannes. Sechs Reliquien aus Stoff, aufgestickt auf Schmucktücher aus Seide, und die Büste des Hl. Georg verblieben in der Pfarrkirche. Vor 70 Jahren, zum 450. Jahrestag der Kirchweihe, wurde erstmals ein Versuch unternommen, die Tradition wieder zu leben. Vergeblich.
Vor drei Jahren hat sich der Pfarrausschuss noch einmal neu mit der Tradition beschäftigt. Seitdem gibt es eine Festwoche mit den Reliquien. „So haben die Pilgerinnen und Pilger die Gelegenheit, die Tuchreliquien und die Georgsbüste neu in Augenschein zu nehmen und auch in Blankenheim Christus neu zu entdecken“, sagt Ausschussmitglied Markus Maria Schmitz. Bei den Reliquien handelt es sich um ein Fragment des Abendmahlstuchs, das Schweißtuch der Gottesmutter, ein Stück aus der Tunika des Hl. Gordianus, ein Stück vom Überwurf der Hl. Gertrud, ein Stück vom Unterkleid der Hl. Walburga und Reste des Leichentuchs des Hl. Laurentius.
„Wichtig ist nicht das Stück Tuch, sondern das, was dahintersteht: durch den Heiligen zu Christus zu finden. Das ist der tragende Aspekt dieser Woche – Pilger der Hoffnung zu sein, Christus entgegenzugehen“, sagt Pfarrer Andreas Züll. Gerade in einer anscheinend hoffnungslosen Welt sei es besonders wichtig, Pilger der Hoffnung zu sein. „Unser christliches Leben ist ein Pilgerweg, der starke Momente braucht. Und solche Momente stärken unsere Hoffnung“, ist Züll überzeugt, dass „wieder mehr Menschen unterwegs sind“. Die Kirche in Blankenheim sei der ideale Ort, um Kraft zu tanken, aus der Heiltumsfahrt etwas für sich und seinen Glauben zu schöpfen.
Eröffnet wird die Wallfahrtswoche am Sonntag, 10. August, 19 Uhr, mit der Erhebung des Abendmahlstuchs. Am Montag, 11. August, 19 Uhr, spielt Holger Weimbs an der Orgel hoffnungsvolle Musik zum Heiligen Jahr.
Die Tuchreliquien des Hl. Gordianus, der Hl. Gertrud, der Hl. Walburga und des Hl. Laurentius werden am Dienstag, 12. August, um 19 Uhr erhoben. Mittwochs besteht während der Pilgermesse (19 Uhr) die Möglichkeit des Einzelsegens mit der Georgsreliquie. Am Donnerstag, 14. August, wird um 20 Uhr das Tuch der Gottesmutter erhoben. Zum Patrozinium wird am Sonntag, 17. August, ab 11 Uhr eine Messe mit Kräuterweihe als Abschlussmesse der Wallfahrtswoche gefeiert. Dienstags, mittwochs und donnerstags besteht von 18 bis 18.45 Uhr die Möglichkeit, das Sakrament der Versöhnung zu empfangen, Beichtgelegenheit besteht am Samstag, 16. August, von 10.30 bis 12 Uhr.