Unterstützungsangebote für Pflegebedürftige und deren Angehörige gibt es wie Sand am Meer. Das Spektrum ist so groß, dass Außenstehende leicht den Eindruck gewinnen, dass doch alles prima geregelt ist. Speziell in den Fällen, in denen Angehörige zu Hause versorgt werden. Dem ist aber bei Weitem nicht so. Zwar ist in verschiedenen Sozialgesetzbüchern geregelt, welcher Paragraf in welcher Situation greift. Die Realität sieht allerdings so aus, dass der Pflegebedürftige oder sein Angehöriger erst einmal den Nachweis erbringen muss, in dieser speziellen Situation zu stecken.
Pflegesituationen sind so unterschiedlich, wie Menschen unterschiedlich sind. Das macht die Gänge zu den Leistungsträgern nicht einfacher. Selbst Rechtsansprüche sind oft nur nach langem Ringen durchsetzbar. Allerdings muss man erst einmal wissen, dass es einen solchen Anspruch gibt. Kann man das etwa von den rund 479 000 Kindern und Jugendlichen annehmen, die sich in Deutschland um chronisch kranke oder pflegebedürftige Angehörige kümmern? Da ist es gut, wenn es Anlaufstellen wie die Pflegestützpunkte gibt, die sich im Gesetzesdschungel auskennen und ganz konkret Hilfe leisten. Und es ist von enormer Wichtigkeit, dass die breite Öffentlichkeit über das Thema „Pflege von Angehörigen“ informiert wird – mit allem, was dazugehört. Dann ist jede und jeder vielleicht besser gewappnet für den Fall der Fälle.
Denn die Zeiten der Großfamilien ist definitiv vorbei. Damals war die Pflege von Angehörigen kein so großes Problem wie heute. Als noch mehrere Generationen unter einem Dach lebten, konnte sich noch leichter gegenseitig geholfen werden. Aufgrund räumlicher Distanz, einer sehr anspruchsvollen Arbeitswelt und der Tatsache, dass die Menschen immer älter werden, kann die Familie von heute die Pflege jedoch immer weniger mit übernehmen.
Was aber ist mit dem vierten Gebot: „Du sollst Vater und Mutter ehren…“? Die Pflege alter Eltern geschulten Pflegekräften zu überlassen, kann in manchen Fällen die beste Lösung für alle Beteiligten sein und durchaus im Sinne des vierten Gebots. Seine Eltern zu ehren, heißt ja nicht nur, sie materiell abzusichern. Es kann aber auch nicht bedeuten, bis zur Selbstaufgabe für die Eltern da zu sein. Das würde ein liebender Elternteil niemals von seinem Kind erwarten. Deshalb sollte sich niemand ein schlechtes Gewissen einreden, wenn er Hilfe von Fremden annimmt. Und deshalb sollten die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiten in den Ämtern und Behörden sensibel mit Antragstellenden umgehen. Die psychische Belastung ist eh schon groß genug.