Die Jugend hat schon immer mitgespielt, wenn Bruder Wolfgang Mauritz OFM den Bühnenvorhang öffnete. Zum Ensemble des Marionettentheaters „De Strippkes Trekker“ gehörten seit Gründungstagen immer auch Schüler des (damaligen) Internats der Franziskaner in Vossenack und Schülerinnen und Schüler des Franziskus-Gymnasiums.
Wenn sich am 12. November der Vorhang zur Premiere des neuen Stücks „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ hebt, spielen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht nur einige der Hauptrollen auf der Bühne, sie haben auch hinter den Kulissen bei der Entstehung des Stücks maßgeblich den Ton mit angegeben. „Der Vorschlag für das Stück von Jules Verne kam aus dem Ensemble. Bruder Wolfgang war davon anfangs nicht so begeistert“, berichtet Ensemble-Mitglied Maja Blümer augenzwinkernd. Doch die Argumente der jüngeren Generation waren so gut, dass sie freie Hand bekam.
Abenteuerreise mit Nahtod-Erfahrung, Forschungsreise und Liebesgeschichte – vom Staub befreit, fanden die jungen Strippkes Trekker viel mehr Stoff im Buch, als Jules Verne vielleicht selbst vermutet hätte. „Das wollen wir den Zuschauern auf spannende Weise nahebringen. Eine zwar alte, aber spannende Geschichte, die wir modernisiert haben“, sagt Maja Blümer. Die 20-Jährige studiert Medien- und Kulturwissenschaften, nahm aber bereits als Schülerin an der Puppenbau-AG von Bruder Wolfgang teil – und legte das Spielkreuz der Marionetten seitdem nicht mehr aus der Hand.
So unterschiedlich die Ensemblemitglieder sind, sie alle eint, dass sie vom
Virus „Theater“ infiziert wurden. Paul Jansen (19) beispielsweise lernte ebenfalls als Schüler die Angebote von Bruder Wolfgang kennen, Liam Horsch (23) hat die „Bühnenschau“ der Strippkes Trekker gesehen und ist seitdem Feuer und Flamme. Er studiert mittlerweile in Siegen Sprache und Kommunikation und reist regelmäßig für die Proben an. Pascal Mauritz (27) ist als Neffe des Theaterleiters sozusagen in die Rolle hineingewachsen, und Jona Mölders (14), das jüngste Mitglied des Ensembles, besuchte als Schüler zunächst die Puppenbau-AG, um schließlich Ensemblemitglied zu werden. Sein Bruder Simon (19) unterstützt bei allen Fragen rund um die Technik.
Seit 44 Jahren lebt Bruder Wolfgang Mauritz in Vossenack. Genauso lange bringt er sich als Erzieher, Kunstpädagoge, Theaterleiter und schließlich auch „Kulturmanager“ des Kloster-Kultur-Kellers in die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ein. Dutzende Jugendliche haben in all diesen Jahren mit den Strippkes Trekkern die Strippen gezogen und tausende Kinder, Jugendliche und Erwachsene vor der Bühne in den Bann gezogen. Hunderte Schülerinnen und Schüler lernten in den Puppenbau-AG die Techniken des Figurenbaus kennen. „Dass ich immer älter werde, damit möchte ich mich noch nicht arrangieren“, sagt Bruder Wolfgang und muss lachen. Und dennoch hat er kein Problem damit, auch dem Nachwuchs mehr Verantwortung zu übertragen, vielleicht sogar die Übergabe des Staffelstabes langsam, aber sicher vorzubereiten und einzuleiten. „Es ist schon ein Stück Genugtuung, dass etwas aus dem Samenkorn wächst, das man vor vielen Jahren gesät hat“, sagt der Franziskaner. Und so ganz hat er das Kommando ja nicht abgegeben. Er ist noch immer ein Strippenzieher hinter den Kulissen.
Seit drei Jahren bereiten sich die Strippkes Trekker auf die Premiere vor. „Es ist ein Stück des Ensembles“, sagt Bruder Wolfgang. Jeder habe seine speziellen Fähigkeiten und Talente eingebracht. Unter der Textregie von Maja Blümer wurde das Original x-fach durchforstet, um die Höhepunkte der Erzählung zu finden und zu verarbeiten. Wobei es gar nicht einfach ist, eine Geschichte drastisch zu komprimieren: 12 Szenen bei 80 Minuten Spielzeit sind das Resultat – wobei sich ab einem gewissen Zeitpunkt die Ur-Ensemblemitglieder Bruder Wolfgang und Angelika Pauels, die viele Stücke der Strippkes Trekker gemeinsam konzipiert haben, mit ihrer Erfahrung einbrachten. Auch den Bau der Requisiten und Bühnenbilder nahmen die Ensemblemitglieder in die Hand, ebenso den Bau der Figuren.
Bruder Wolfgang steuerte Gesichter und Hände bei, Kostüme schneiderte die Expertin Elke Schweiger. Im September stellte sich das Ensemble dem kritischen Blick des befreundeten „Seifenblasen-Figurentheaters“, um aus Profisicht wichtige Hinweise zu erhalten. „Jeder von uns hat ein Interesse, das Stück nach vorne zu brin- gen“, spricht Paul Jansen von einem besonderen Spirit des jungen alten Theaters. Über das Stück und vor allem die Inszenierung wollen die Strippkes Trekker nicht allzu viel verraten. Nur soviel: Es wird spannend!
„Ich habe schon den Anspruch, mit den Dingen, die ich tue, Menschen zu erreichen. Nicht nur im Kopf, sondern auch in den Herzen“, freut sich Bruder Wolfgang, dass es ihm in den vergangenen Jahrzehnten immer gelungen ist, neue Ensemblemitglieder zu begeistern. Figurentheater sei viel mehr als „Tri, tra,trullala“. Das Erlebte und Gesehene im Theater gehe vom Bauch in den Kopf – und dort bleibe es als besondere Erinnerung. „Völlig weg von Social-Media, TV-Geklimper und 8K Ultrahochglanz bieten wir eine Alternative, bei der sich die Zuschauer eine eigene Fantasiewelt aufbauen können.“
Den Kloster-Kultur-Keller, der anfangs vielleicht von manchem Zeitgenossen ein wenig belächelt worden sein mag, sieht der Franziskaner ebenso als Ort von Kirche und Seelsorge wie den Klostersonntag an jedem ersten Sonntag des Monats. Die Franziskus-Stiftung unterstütze mit dem Kloster-Kultur-Keller ganz bewusst auch Kulturangebote für Kinder- und Jugendliche, etabliere franziskanische Bildung. „Während meines Lebens und Wirkens in Vossenack sind mehrere Puzzle- steine ineinandergerutscht“, sagt Bruder Wolfgang. „Heute denke ich mir: Da hat jemand von oben mitgespielt.“
Die Premiere des neuen Stücks wird am 12. November um 17 Uhr im „Palazzo Puppazzi“ des Kloster-Kultur-Kellers in Hürtgenwald, Franziskusweg 1, gefeiert. Hierfür gibt es keine Karten mehr. Weitere Reisen zum Mittelpunkt der Erde finden jedoch am Dienstag, 14.11. (19 Uhr), Freitag, 24.11. (19 Uhr), Samstag, 25.11. (15 Uhr und 20 Uhr), statt. Karten zu je 13,– Euro können per E-Mail an mail@kloster-kultur-keller.de oder telefonisch unter 0 24 29/3 08 53 reserviert werden.
Eingebettet in die Uraufführung mit fünf Premierentagen ist das 50. Figurentheaterfestival in Vossenack, das vom 12. bis 25. November über die Bühne geht. Shakespeare-Fans kommen am Freitag, 17. November, beim Kobalt-Figurentheater Lübeck auf ihre Kosten, das ab 20 Uhr in der Aula des Franziskusgymnasiums mit „Perlen für die Königin“ feinstes „Rosinenpicken“ betreibt. Das Stück ist geeignet für Jugendliche und Erwachsene. Am Samstag zeigen die Lübecker ab 12 Uhr für Kinder ab vier Jahren mit „Die Prinzessin auf der Erbse“ eine Tischtheaterinszenierung nach Hans Christian Andersen.
Der Wettbewerb zwischen Kuckuck und Esel, wer wohl am besten singen mag, geht am Samstag, 18. November, ab 15 Uhr in die zweite Runde. Das Theater „Rosenfisch“ zeigt mit „Kuckuck und Esel“ ein Stück für junge Zuschauer ab drei Jahren. Um 20 Uhr zeigen „Rosenfisch“ und das Ambrella-Figurentheater „Leonce & Lena“ für Jugendliche und Erwachsene. Mit seinem Stück „Wok Wok Wok“ greift das Figurentheater Hille Pupille am Sonntag, 19. November, ab 15 Uhr die Gefahren durch Überdüngung und Gewässerverschmutzung für Insekten auf (ab fünf Jahren). Karten zu je 13,– Euro (Kinder 6,– Euro mit Ausnahme der Premierentage) können auch hier per E-Mail (mail@kloster-kultur-keller.de) und telefonisch (0 24 29/3 08 53) reserviert werden.