Die Musik und der katholische Glaube sind die beiden Fixsterne in Hermann Godlands Leben. Der pensionierte Studienrat und erfahrene Musiker, der besonders mit den Aufführungen von großen geistlichen Werken Furore gemacht hat, schätzt die geistliche Musik, weil sie seiner Meinung nach mehr Tiefe und Lebensrelevanz hat als die weltliche. „Die großen Komponisten haben es geschafft, dass die christliche Glaubensbotschaft durch ihre Werke die Menschen in einer anderen Tiefe erreicht als durch das Wort allein“, schwärmt er. „Die Musik hat Kräfte, welche die Türen zur Transzendenz aufstoßen kann.“
Hermann Godland wurde 1956 in Aachen geboren und wuchs in Broichweiden auf. Beide Eltern waren Sänger im Kirchenchor und legten großen Wert darauf, dass ihr Sohn an die klassische Musik herangeführt wurde. Begünstigend kam hinzu, dass Hermann ein gutes Gehör mit in die Wiege gelegt worden war und er alle Tonarten schnell und leicht bestimmen konnte. Ab dem Jahr 1965 erlernte er auf dem damaligen Grenzlandkonservatorium das Klavierspiel und erwies sich als zielstrebiger Schüler, der regelmäßig und gewissenhaft übte. „Letztlich hat mir das die Grundlage mitgegeben und den Schwung verliehen, um später studieren zu können“, erinnert sich Godland heute. „Mein Musiklehrer Hans Rosenbaum riet mir damals: Kümmere dich um die Gehörbildung und die Harmonielehre.“
Nach dem Abitur im Jahr 1975 am Aachener Kaiser-Karls-Gymnasium bewarb Goldland sich um ein Studium an der Musikhochschule in Köln, bestand die Aufnahmeprüfung und konnte mit dem Studium beginnen. Allerdings musste er von 1976 bis 1977 den Zivildienst bei den Schwestern vom armen Kinde Jesus in Aachen ableisten. Nach dem Zivildienst studierte er an der Universität Köln Latein und Philosophie, an der Musikhochschule Kapellmeisterwesen und Liedbegleitung und legte 1985 das erste Staatsexamen ab. Von 1986 bis 1988 war Godland als Referendar mit den Fächern Latein und Musik am Aachener Pius-Gymnasium und zusätzlich an „seiner“ alten Schule tätig.
Im Jahr 1988 trat er seine erste „richtige“ Stelle bei der Essener BMV-Schule, einem Mädchengymnasium in Trägerschaft der Augustiner Chorfrauen, an und konnte dort einen großen Musikapparat mit vier Chören und Orchester aufbauen. „Es gab damals keine Podeste, keine Notenständer und nur ein kleines Instrumentarium, aber das konnten wir bald ändern“, erläutert der Musiker, der auf jeden Schüler und jede Schülerin je nach ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten einging. Im Jahr 1983 übernahm er dann die Leitung von Ars Cantandi, dem Chor der Musikschule der Stadt Aachen, und fährt seit 1985 jeden Montag – abgesehen von den Schulferien – regelmäßig von Essen nach Aachen zu den Chorproben.
Mit dem Chor hat er in gut 40 Jahren eine ganze Reihe von bedeutenden Werken der Chorliteratur aufgeführt wie zuletzt im vorigen Jahr den „Paulus“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy. „Das ist ein sehr guter Chor, den ich außerordentlich schätze und dessen hochprofessionelle Aufführungen mir sehr viel bedeuten“, hebt Godland hervor. In Spitzenzeiten kam er auf 50 Konzerte im Jahr, wenn man alle Ensembles, mit denen er arbeitete, zusammenrechnet. „Oft ging ich nach einer solchen Aufführung am Tag darauf glücklich und erfüllt in die Schule“, gibt der Lehrer und Künstler preis. „Das war ein gegenseitiges Geben und Nehmen.“
Musikalisch gleichberechtigte und gleich begabte Partnerin bei vielen Aufführungen ist Godlands Ehefrau Christiane Zywietz-Godland, die er 1979 kennenlernte, als beide bei einem Meisterkurs dirigierten und im selben Chor sangen. Zehn Jahre später, im Jahr 1989, übernahmen beide gemeinsam die Leitung des Landesjugendchors Nordrhein-Westfalen. Ab 2019 wurde aus dem Landesjugendchor der Junge Chor NRW, jetzt ohne Altersbegrenzung. Zu den Werken, die zum Erklingen gebracht worden sind, gehören viele große geistliche Chorstücke: Ganz oft die h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach, die Oratorien „Elias“ und „Paulus“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy, der „Messias“ von Händel, die „Chichester Psalms“ von Leonard Bernstein, das Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Saens, die „Glorias“ von Antonio Vivaldi und Francis Poulenc und viele andere mehr. „In der Musik sind oft tiefste Glaubensüberzeugungen verschlüsselt enthalten“, verdeutlicht der gläubige Musiker. „Wenn die Chormitglieder das entdecken, singen sie solche Stücke noch mal anders.“
Bedauert der mit so vielen Gaben gesegnete Hermann Godland, keine Karriere als Solist am Klavier oder als Dirigent eingeschlagen zu haben? „In jüngeren Jahren habe ich mit dem Gedanken gespielt, als Dirigent an ein Opernhaus zu gehen“, gibt er preis. „Aber das viele Reisen hat mich abgeschreckt, und ich bin auch nicht für einen Konkurrenzkampf mit Einsatz von Ellbogen geschaffen.“ Aus heutiger Sicht bereut er es deshalb nicht, einen anderen Weg eingeschlagen zu haben, weil er davon überzeugt ist, dass er die großen geistlichen Werke mit all ihren Facetten und ihrer Tiefe dann nicht so hätte gestalten können, wie es ihm vergönnt war. „Vor allem habe ich die Botschaft der Musik in aller Breite an junge Menschen weitergeben können, und das war für mich das Allerwichtigste“, bilanziert er.
Für die nächste Zeit hat der Musiker bereits Pläne: Mit Ars Cantandi gestaltet er am 16. Dezember ein Adventskonzert (Infokasten). Für den November des nächsten Jahres bereitet er eine Aufführung von Brahms‘ „Deutschem Requiem“ und dem „Schicksalslied“ als Gemeinschaftsproduktion von Ars Cantandi und Cappella Aquensis vor. Seine Vorfreude ist bereits groß: „Wenn ich Chorbegleitung mit Orchester machen kann, bin ich ganz in meinem Element“, erklärt er. „Wir werden dem Publikum mit diesen Stücken Zuversicht und Trost vermitteln.“
In der Aachener Kirche St. Andreas findet am Montag, 16. Dezember um 20 Uhr ein Adventskonzert mit Ars Cantandi statt, in dessen Mittelpunkt die „Ceremony of Carols“ für Chor und Harfe von Benjamin Britten stehen wird.