„Mobbing endet nicht an der Haustür”

Bastian Bielendorfer wurde als Schüler gemobbt. Der Comedian macht Erfahrungen zu einem Teil seines Programms.

(c) Guido Schröder
Datum:
27. Nov. 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 48/2024 | Stephan Johnen

Dicker Junge mit Pagenschnitt und Sprachfehler. Lehrerkind und Mobbingopfer. Keine guten Startbedingungen – und trotzdem hat er nach eigenem Bekunden „aus so wenig so viel gemacht“. Als „Mister Boombasti“ steht Bastian Bielendorfer auf der Bühne, er ist Bestsellerautor und hat eine eigene TV-Show. Bereits 2010 wurde er einem breiten Fernsehpublikum bekannt, als er bei „Wer wird Millionär?“ Anekdoten über sein Leben als Lehrerkind zum Besten gab und beichtete, gern ein Buch darüber zu schreiben. Was er auch tat. Wir haben uns mit dem Comedian darüber unterhalten, wie es war, als Schüler gemobbt zu werden – und wieso ihn diese Erfahrung dennoch stärker gemacht hat.  

Achtung, ganz mieser Einstieg zu einem sensiblen Thema: Neun von zehn Beteiligten haben kein Problem mit Mobbing. Wie viel grausame Wahrheit steckt in diesem niveaulosen Witz?

Bielendorfer: Ziemlich viel. Ich glaube, dass die meisten Mobber bereits in der Kindheit überhaupt nicht begreifen, was sie tun. Ich merke das immer, wenn Leute, die mich früher fürchterlich behandelt haben, jetzt zu meinen Shows kommen, Eintritt zahlen und danach noch erzählen, was für gute Freunde wir früher gewesen sind. 

 

Wie funktioniert Mobbing? Wie sehen die Mechanismen aus? Wann geht es los?

Bielendorfer: Letztlich geht es immer darum, sich selbst zu erhöhen, indem man jemand anderen erniedrigt. Ein simpler Mechanismus, der aber über alle Altersklassen und besonders in der Schule, wo das Selbstbild noch nicht geprägt ist, funktioniert.

 

Können Sie uns Ihre (Leidens-)Geschichte erzählen?

Bielendorfer: Ich hatte einfach aufgrund meiner Herkunft schlechte Karten. Meine Mutter war die Lehrerin an meiner Grundschule, mein Vater war Lehrer an meinem Gymnasium, mein Onkel war der Direktor – schlechte Ausgangslage. Außerdem war ich noch unsportlich und übergewichtig. 

 

Welche Motivation steckt auf Seiten der Täter dahinter? Versuchen Mobber, etwas zu kompensieren?

Bielendorfer: Das kommt immer darauf an. Meistens, besonders aber bei Jugendlichen, ist das Selbstbild noch so fragil, dass es sich einfach gut anfühlt, sich stärker als jemand anderes zu fühlen.

 

Gibt es so etwas wie das perfekte Mobbing-Opfer?

Bielendorfer: Ja! Mich mit zehn Jahren.

 

Wie lässt sich Mobbing vermeiden? Gibt es Strategien zur Abwehr?

Bielendorfer: Nicht wirklich. Die alte Devise, die Eltern immer mitgeben („Ignoriere sie, dann hören sie auf!“) ist auf jeden Fall Blödsinn. Eltern müssen wachsam sein, und ihre Kinder unterstützen. Das kann man auch von den Lehrern erwarten. 

 

Lassen Mobber von ihren Opfern ab, wenn die Gegenwehr stark genug ist? Oder anders formuliert: Führen Erfolge dazu, dass man immer weiter mobbt?

Bielendorfer: Klar, umso mehr jemand leidet, desto wahrscheinlicher ist es, dass er weiter angegriffen wird. Allerdings ist es auch sehr schwer, einem Kind im Teenagerhalter zu erklären, dass es ruhig bleiben sollte.

 

Was raten Sie Kindern und was raten Sie Eltern, Lehrern und „Augenzeugen“?

Bielendorfer: Eltern sollten wachsam sein, was ihre Kinder anbelangt, nicht aufhören nachzufragen und im Zweifelsfall sich selbst ein Bild machen. Es geht nicht um blinden Aktionismus, aber darum, seine Kinder zu unterstützen. 


 
Ist das Klima rauer geworden? 

Bielendorfer: Schwer zu beurteilen, es war auch in meiner Kindheit vor 30 Jahren noch nicht einfach. Heute ist noch Social Media dazugekommen, dadurch endet das Mobbing nicht an der Haustür, sondern geht dort weiter. Das macht es sicherlich noch schwieriger.

 

Wieso stellen Sie sich mit diesem Thema auf die Bühne?

Bielendorfer: Es ist nur ein kleiner Teil meines Programms. Ich bin Komiker, kein Soziologe. Letztlich sollen die Leute mit einem dicken Lachen nach Hause gehen und für zwei Stunden ihre Sorgen vergessen.

 

Es geht auf Weihnachten zu. Was wünschen Sie sich für unsere Gesellschaft?

Bielendorfer: Mehr Miteinander, weniger Teilung, mehr Verständnis dafür, dass wir alle auf dem gleichen Planeten leben und letztlich alle die gleichen Bedürfnisse haben.

 

Welche Frage können Sie nicht mehr hören?

Bielendorfer: Wie ist es, ein Lehrerkind zu sein. Aber das habe ich mir zugegebenermaßen selbst eingebrockt.

Mobbingtelefon

Mit seinem Programm „Mr. Boombasti – In seiner Welt ein Superheld“ ist Bastian Bielendorfer auf Tournee. Infos gibt es hier: www.bastianbielendorfer.de/lustig-aber-wahr

Das Mobbingtelefon der Mobbing-Kontaktstelle im Bistum Aachen ist jeden Montag und Donnerstag (Werktage) von 18 bis 20 Uhr unter der kostenlosen Rufnummer 0800/182 0 182 zu erreichen. Montags bis donnerstags von 16 bis 20 Uhr ist die Landeshotline unter 02 11/8 37 19 11 erreichbar.