Mitten aus dem Leben

Das Angebot „Frei-Raum“ in St. Gregor von Burtscheid eröffnet neue Räume und Blickwinkel

Rund 30 bis 40 Menschen kommen jeweils im Schnitt zu den „Frei-Raum“-Abenden. (c) Andrea Thomas
Rund 30 bis 40 Menschen kommen jeweils im Schnitt zu den „Frei-Raum“-Abenden.
Datum:
26. März 2019
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 13/2019 | Andrea Thomas
Wo finde ich meinen Raum in der Gemeinde? Wo berühren Glaube und Spiritualität mein Leben? Wo kommen die Themen und Fragen zur Sprache, die mich beschäftigen?

 Seit zehn Jahren heißt eine Antwort darauf für Menschen jenseits der 30er in und um die Pfarrei St. Gregor von Burtscheid in Aachen: „Frei-Raum“. Viermal im Jahr lädt das Team um Initiator Markus Henz, Gemeindereferent in St. Gregor von Burtscheid, ein, den Dienstagabend mit ihm und anderen Gleichgesinnten in der Marienkapelle zu verbringen. Kein Gottesdienst im klassischen Sinne, sondern eine Mischung aus Musik, geistigen Impulsen, Denkanstößen, Interaktion und abschließendem Austausch bei Brot und Wein. Im Mittelpunkt steht jeweils ein Thema mitten aus dem (Alltags-)Leben. Meist ist das etwas, das die zehn Mitglieder des „Frei-Raum“-Teams selbst bewegt. In dem sich aber auch andere wiederfinden, die sich gerade in der mittleren Lebensphase befinden, angekommen in Beruf und Partnerschaft – oder in einem von beidem gerade vor einem Neuanfang, zwischen keinen, heranwachsenden oder flügge werdenden Kindern und eigenen Eltern, die so langsam in die Jahre kommen.

 

Anstoßen, anregen, anstiften

Die Mischung aus spirituellen und sozial-herausfordernden Themen reicht von der Beschäftigung mit Glauben im Alltag, Abschied nehmen, Spurensuche, Achtsamkeit oder Liebe und Freundschaft bis zum Auszug der Kinder, Scheitern der Partnerschaft, pflegebedürftigen Eltern oder Organspende. „Das ist schon einiges, was da über die Jahre zusammengekommen ist. An vieles erinnert man sich noch sofort, an anderes erst jetzt wieder beim Lesen“, fasst es ein treuer Besucher mit Blick auf die Präsentation der Plakate aus den letzten zehn Jahren bei der Jubiläumsausgabe von „Frei-Raum“ staunend zusammen. Mit den gewählten Themen möchten die Verantwortlichen, wie sie es beschreiben, „anstoßen, anregen und anstiften, ohne Lösungen oder Rezepte zu haben“. Einen – der Name ist Programm – Freiraum schaffen, sich auf Fragen und Themen einzulassen, für sich und mit anderen, neue Perspektiven für sich zu entdecken und eigene Lösungen zu entwickeln. Gott und Glaube drängen sich dabei nicht auf oder in den Vordergrund, sondern schwingen immer mit. „Das ergibt sich zum einen aus uns als Gruppe und zum anderen aus der Marienkapelle als Raum. An einer Stelle im Laufe des Abends benennen wir Gott auch ganz bewusst“, sagt Markus Henz. Kirche, die einlädt und nichts vorgibt. Was „Frei-Raum“ ist und ausmacht, wird auch deutlich in der Jubiläumsausgabe, die unter dem Titel „Immer mit dem Blick über den Tellerrand hinaus – Zehn Jahre Frei-Raum: Bis hierhin und weiter…“ eine Art „Best-of“ ist. Zum Einstieg gibt es eine bekannte Melodie mit selbstgeschriebenem neuem Text, aus Westernhagens „Freiheit“ wird „Freiraum“, ein kleiner musikalischer Rückblick. Es folgen als weitere Elemente aus einem „normalen“ Abend: ein szenisches Anspiel, ein Gedicht (genauer ein Elfchen) darüber, wie innerhalb des Teams aus Fremden Weggefährten wurden, Gedanken zur Kraft eines Lächelns, zu unseren Erwartungen an andere und uns selbst, die Passage zu „Glaube, Hoffnung, Liebe“ aus dem ersten Korintherbrief.

 

Alles kann, nichts muss

Dazu wird gesungen, Kirchliches („Wo Menschen sich vergessen…“) und Weltliches („Always look on the bright side of life“). In der Vergangenheit hat immer wieder der „Junge Chor St. Johannes Baptist“ die Abende stimmlich unterstützt. Gelegenheit zum Austausch mit den anderen Besuchern gibt es auch, ausnahmsweise nicht zum Schluss, sondern als Pause in der Mitte. Was an diesem Abend fehlt, ist die „Aktion“, ein Element, bei dem die Besucher aktiv einbezogen werden, sei es in Form eines Erzählcafés, indem sich zu Wort melden darf, wer etwas sagen möchte, oder indem jeder seine Gedanken auf Zettel schreiben soll. Das Angebot lebt von seinem Team, aktuell acht Frauen und zwei Männer, zwei sind über die Jahre ausgeschieden, dem Team aber weiterhin verbunden. Die Idee dazu, erzählt Markus Henz, sei entstanden, weil er vor gut zehn Jahren selbst für sich auf der Suche nach einem geistigen, spirituellen Angebot gewesen sei. „Ich war damals schon für die Erstkommunionvorbereitung zuständig und hatte eine Gruppe Katecheten, die gerne weiter etwas machen wollte.“ Einige habe er dann angesprochen und sie gefragt, ob sie Lust hätten, mit ihm etwas Neues in der Gemeinde zu entwickeln und auszuprobieren. Mit viel Freiraum für die, die sich da kreativ und mit ihrem Glauben einbringen („Alles kann, nichts muss.“), und mit Raum für die Menschen, die kommen, und dem, was sie mitbringen. Einmal im Jahr fährt das Team für ein Wochenende gemeinsam weg, nimmt sich eine Auszeit, geht gemeinsam pilgern und entwickelt neue Ideen. Hier entstehen auch die Themen für die nächsten Abende. „Wir sind als Team über die Jahre wirklich zusammengewachsen. Unterstützen uns auch sonst gegenseitig“, sagt Markus Henz.

Themen und Termine: www.gregor-von- burtscheid.kibac.de/glaube/freiraum