Miteinander verwoben

Ab 28. Mai wird ein Stück des Tischtuchs vom Letzten Abendmahl eine Woche in Mönchengladbach gezeigt

2014 wurde das Stück Tuch zum letzten Mal aus dem goldenen Schrein herausgenommen und der Öffentlichkeit präsentiert. Nach neun Jahren wird es am 28. Mai wieder soweit sein. (c) Garnet Manecke
2014 wurde das Stück Tuch zum letzten Mal aus dem goldenen Schrein herausgenommen und der Öffentlichkeit präsentiert. Nach neun Jahren wird es am 28. Mai wieder soweit sein.
Datum:
18. Jan. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 03/2022 | Garnet Manecke

Neun Jahre mussten die Gläubigen auf die Heiligtumsfahrt in Mönchengladbach warten. Die Pandemie hatte es erfordert, dass der Sieben-Jahres-Rhythmus des Glaubensfestes erweitert werden musste. Als globales Ereignis hat sie gezeigt, wie sich Geschehnisse in einem Land auf andere auswirken. Alles hängt mit allem zusammen: Das spiegelt sich auch im Leitwort der Heiligtumsfahrt, „Verwoben“, wider.

Das Heifa-Team: Charlotte Lorenz, Joachim Hoeps, Peter Blättler und Christoph Rütten (v. l.). (c) Heiligtumsfahrt MG/Andreas Jütten
Das Heifa-Team: Charlotte Lorenz, Joachim Hoeps, Peter Blättler und Christoph Rütten (v. l.).

Die Worte von Bischof em. Heinrich Mussinghoff beim Abschlussgottesdienst der Heiligtumsfahrt 2014 klingen noch vielen in den Ohren: „Wir sind nicht wahrhaft katholisch, wenn wir nicht ökumenisch sind“, sagte das damalige Oberhaupt des Bistums Aachen. Es war das erste Mal, dass die evangelischen Glaubensgeschwister eine aktive Rolle bei der Heiligtumsfahrt spielten – und nicht nur als eingeladene Gäste Zuschauer waren. Zum Dank beschenkten die Protestanten die Katholiken mit einem Altartuch, das seitdem von den Gemeinden für besondere Anlässe ausgeliehen werden kann. Ein Stück Tuch steht auch in Zentrum der Heiligtumsfahrt. Im goldenen Schrein wird ein Tuchstreifen aufbewahrt, der ein Teil des Tischtuchs vom Letzten Abendmahl sein soll. Beim Eröffnungsgottesdienst am Sonntag, 28. Mai, wird der Schrein vom amtierenden Oberbürgermeister der Stadt Mönchengladbach geöffnet. Das Tuch ist danach eine Woche öffentlich zu sehen, bevor es am Sonntag, 4. Juni, in der Schlussvesper wieder unter Verschluss kommt.

In Anlehnung an die Herstellung eines Tuchs, für das Fäden miteinander verwoben werden, ist das Motto „Verwoben“ entstanden. Die Verbindung mit anderen macht eine starke Kirche und eine starke Gesellschaft aus. Wer sich miteinander verbindet, lernt den anderen kennen. Das ist das Fundament für Frieden. Bei der Heiligtumsfahrt zeigt sich das in verschiedenen Veranstaltungen wie dem Ökumenischen Friedensgebet in der Evangelischen Hauptkirche Rheydt am Mittwoch, 31. Mai, um 18 Uhr. Dazu wird auch Bischof Helmut Dieser erwartet.

So manch gute Idee von 2014 wird 2023 aufgegriffen und mit neuem Leben gefüllt. Ein Beispiel dafür ist die lange Tafel, an der alle Platz finden sollen. Vor neun Jahren führte sie um das Münster herum, in diesem Jahr wird sie auf der Abteistraße aufgebaut. Zum biblischen Gastmahl, bei dem die Gäste interkulturell verwoben sind, wird am Mittwoch, 31. Mai, um 19.30 Uhr eingeladen.

Konzerte, Podiumsdiskussionen, verschiedene Gottesdienstformate und andere Formen der Begegnung stehen für die Heiligtumsfahrt auf dem Programm: Am Donnerstag, 1. Juni, berichten in der Citykirche Menschen, die sich sozial und kulturell in Mönchengladbach engagieren, über ihre Motive. Einen Tag später, am 2. Juni, erklingen beim Festkonzert „Verleih uns Frieden“ in der Evangelischen Hauptkirche Rheydt das Utrechter „Te Deum“, das Jubilate sowie die Feuerwerksmusik von Georg Friedrich Händel.

Die Citykirche ist auch Schauplatz des interreligiösen Frauenfrühstücks am vorletzten Tag der Heiligtumsfahrt, dem 3. Juni. Wie Gläubige in der ganzen Stadt miteinander verwoben sind, zeigt sich in den Stadtteilgottesdiensten, zu denen die Gemeinden am letzten Tag, 4. Juni, aufgerufen sind. In Stadtmitte wird es einen Gottesdienst im Abteigarten geben. Bei der Schlussvesper (16 Uhr) wird das Stück Tuch dann wieder bis zur nächsten Heiligtumsfahrt im Schrein verschlossen.

Der Weg zur offiziellen Eröffnung wird von verschiedenen Veranstaltungen begleitet. Seit bekannt wurde, dass die Heiligtumsfahrt verschoben werden musste, hat das Team um 
Geschäftsführerin Charlotte Lorenz zu kleineren Veranstaltungen eingeladen. In einem Rhythmus von etwa sieben Wochen fanden unterschiedliche Formate statt. Im Sommer verband das Team Gebet, Musik und Gedanken zu ökumenischen Cocktails am Abendmahlsschrein. „Sundowner“ hieß das Format, bei dem anschließend beim Sonnenuntergang vor dem Münster noch Begegnung stattfand. Kritische Töne wurden beim Vortrag „Wie ich versuche, katholisch zu bleiben“ von Christiane Florin laut. Bei einem Benefizkonzert wurden im September 2021 Gelder für die Opfer der Flutkatastrophe gesammelt.

Die Geschichte der Heiligtumsfahrt in Mönchengladbach ist bis ins Jahr 1456 verbrieft. Damals wurden die Heiligtümer jährlich gezeigt. Knapp 140 Jahre später ist in der Gottesdienstordnung für das Münster zu lesen, dass die Heiligtümer alle sieben Jahre gezeigt werden. Mit der französischen Säkularisierung wurde diese Tradition unterbrochen. Nach 1797 wurden die Heiligtümer erst 1824 und dann erst 1867 wieder gezeigt.

Das Programm der Heiligtumsfahrt ist im Internet unter www.heiligtumsfahrt.de abrufbar.