Videokonferenzen, Telefonate, persönliche Gespräche. Stephan Jentgens, Diözesan-
direktor des Caritasverbands für das Bistum Aachen, hat durch den kriegerischen Angriff auf die Ukraine eine hohe Kommunikationsquote. Es gilt, Unterstützung für die Regionen zu koordinieren, in denen jetzt die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine angekommen sind, und zu beraten, wie am besten Hilfe im Kriegsgebiet zu leisten ist.
„Wir haben zügig unser Team im Haus zusammengestellt und koordinieren mit den regionalen Caritasverbänden und Fachverbänden des Bistums Aachen die Aktivitäten: Wir klären, wer welche Unterstützung braucht und wer Hilfe bieten kann“, erläutert Stephan Jentgens. Man könne sich hier auf die Erfahrungen stützen, die man im vergangenen Jahr während der Flutkatastrophe machen musste. Auch jetzt gilt es wieder, verschiedene Zielgruppen im Blick zu behalten: „Das eine sind die Menschen, die in der Ukraine unter schlimmen Bedingungen jetzt um Leib, Leben und Freiheit ringen.“ Sie würden vor allem durch das Hilfswerk Caritas International unterstützt, das mit 37 Organisationen vor Ort die beste Infrastruktur hätte. Es sei nicht nur in der Ukraine aktiv, sondern auch in den Anrainerstaaten, die die Geflüchteten aufnehmen.
Zum Portfolio gehört, psycho-soziale Versorgung sowie Unterkunft und Verpflegung möglich zu machen. „Das sind die allerersten Sofortmaßnahmen.“ Dafür werden vor allem Spendengelder benötigt. Hierzu rufen der Caritasverband und das Bistum Aachen gemeinsam auf (siehe Info-Kasten). Eins solle unbedingt vermieden werden, habe Caritas International als eindeutige Botschaft mitgegeben: dass aus eigenem Antrieb neue Partnerschaften geknüpft werden. Das könnten die Menschen in den Kriegsgebieten derzeit nicht bewältigen. Stattdessen sollen die bereits bestehenden Netzwerke genutzt und gestärkt werden. Diese gibt es bereits im Bistum Aachen in Gemeinden, durch Verbände oder auch familiäre und persönliche Beziehungen.
Die zweite Gruppe von Betroffenen, die in den Blick genommen werden, sind die Menschen, die nach Deutschland und in die Region flüchten. Für sie gilt es, Wohnraum und Versorgung zu organisieren, Rechtsberatung und Begleitung zu ermöglichen. Ganz am Anfang stünde die Frage: „Welchen Status habe ich, welche Rechte habe ich als Geflüchteter?“ In der Beantwortung der Detailfragen seien die Migrationsberatungen und die Experten in der Flüchtlingsberatung der Caritas sehr gefragt und auch fachkundig. Dieses Angebot gebe es in allen Regionen des Bistums, betonte Stephan Jentgens.
Das gilt auch für die Beratungsstellen, die sich der traumatisierten Erwachsenen und Kinder annehmen – einerseits jenen, die aus den Kriegsgebieten kommen, andererseits aber auch der Menschen, die „den Frieden in Deutschland und Europa als sichere Basis für ihr Leben seit vielen Jahren kennen“ und jetzt in hohem Maße verunsichert seien, und auch jenen, die Angehörige in der Ukraine haben und um das Leben von Familienmitgliedern fürchteten. Die Caritas sei mit ihrem Fachpersonal aus Psychologie und Sozialarbeit gut aufgestellt. „Sie hat mannigfaltige Erfahrungen aus der Flüchtlingssituation 2015. Das sind hochqualifizierte Leute, beeindruckende Personen“, unterstreicht der Diözesancaritasdirektor.
Auch die Kindertagesstätten, die ebenso wie Schulen sich auf die Aufnahme von Kindern aus den ukrainischen Kriegsgebieten vorbereiten müssen, sind bereits fachkundig versorgt worden. Claudia Radermacher-Lamberty von der Aachener Caritas-Familienberatung hat für die Internetseite einen Leitfaden geschrieben, wie man mit Kindern über den Krieg sprechen kann. Ebenso hat das Kindertagesstätten-Team auf diözesaner Ebene ein Kompendium als Methoden- und Materialsatz mit Texten und Vorgehensweisen fertiggestellt, das bereits auf dem Weg zu den Erzieherinnen und Erziehern ist.
Die konkreten Maßnahmen für die Regionen erörterte Stephan Jentgens in einer Videokonferenz mit den regionalen Caritas- und Fachverbänden. Delk Bagusat berichtete aus der Region Krefeld, dass die Stadt Krefeld eine Koordinierungsstelle eingerichtet habe und 105 Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden. In Mönchengladbach unterstützt nach Berichten von Frank Polixa auch die jüdische Gemeinde, die traditionell eine starke Bindung nach Russland habe. Hier seien bereits 30 Geflüchtete angekommen. Angeboten worden ist der Caritas, berichtete Jentgens, das Schwesternwohnheim Haus Maria Hilf als Unterbringungsmöglichkeit.
n der Eifel sei es den Menschen ein Bedürfnis, etwas zurückzugeben von der Hilfe, die sie in der Flut bekommen hätten, trägt Markus Thur vor. Geplant ist, seitens der Kommunen in einer ehemaligen Rehaklinik 300 Plätze für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen. Bislang sind rund 100 Geflüchtete in der Region, alle seien privat untergebracht. In der Region gebe es viele ukrainische Haushaltshilfen in der Betreuung alter Menschen. Der Rheinische Verein für katholische Arbeiterkolonien, der sich üblicherweise um Wohnungslose kümmert, hat das Kloster Maria Frieden in Dahlem gekauft. Da es derzeit noch leer stehe, wurde es ebenfalls als Unterkunft angeboten. „Ein idealer Ort, an dem Menschen zu Ruhe kommen können, wo man soziale Arbeit gut leisten kann. Solche Angebote gibt es einige“, sagt der Diözesancaritasdirektor. Viel Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement wird aus den Regionen gemeldet. Außerdem gibt es das Bestreben, bereits erfahrene Ehrenamtliche, die schon in der Flüchtlingssituation 2015 im Einsatz waren, wieder anzusprechen. Aus der ambulanten Pflege, berichtete Bernhard Verholen, Caritassprecher für Stadt und Land Aachen, meldeten Mitarbeitende zurück, dass bei den Patienten, die noch selbst Kriegserfahrungen hätten, der Krieg in der Ukraine ein großes Thema sei. Einzelne Pflegekräfte kämen verstört von ihren Einsätzen zurück. Da müsse überlegt werden, wie das aufgefangen werden könne.
Fazit von Caritasdiözesandirektor Stephan Jentgens: „Es ist eine Aufgabe, bei der die Caritas wieder einmal mit ganzer Kraft gefordert ist.“