Mit den Füßen gebetet

Kreuzweg aufs Plateau des Carl-Alexander-Parks

Ankunft oben auf dem Bergplateau des Carl- Alexander-Parks, wo die Gruppe Fürbitte hält. (c) Andrea Thomas
Ankunft oben auf dem Bergplateau des Carl- Alexander-Parks, wo die Gruppe Fürbitte hält.
Datum:
13. Apr. 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 15/2022 | Andrea Thomas

Klassischerweise betet man den Kreuzweg in der Karwoche in einer Kirche, geht gemeinsam von Station zu Station den letzten Weg Jesu nach. So auch in der Pfarrei St. Marien Baesweiler. In diesem Jahr wollten Gemeindereferentin Sabine Jansen und Gemeindereferent Bernd Mionskowski mal etwas anderes versuchen und haben einen Freiluft-Kreuzweg hinauf auf die Halde angeboten.

Vielleicht ist das miese Wetter mit eher winterlichen Temperaturen und Schneeregen ja sogar ein Vorteil – obwohl es gerade oben auf dem Bergplateau des Carl-Alexander-Parks schon sehr ungemütlich zieht. Kaum Spaziergänger sind an diesem frühen Abend unterwegs und schon gar keine Mountain-Biker, die sich den Weg hinunterstürzen und für die der Park ein beliebtes Ziel ist. Die kleine Gruppe, die der Einladung von Sabine Jansen (die wegen einer Corona-Erkrankung selbst nicht dabei sein konnte) und Bernd Mionskowski gefolgt ist, kann den Kreuzweg ungestört und in der dem Anlass gebotenen Ruhe gehen. Das Wetter störe nicht, dafür könne man sich anziehen, und es sei ja schließlich auch kein Spaziergang sondern ein Gebetsweg, so der allgemeine Tenor.

Treff- und Startpunkt ist der rote Baukörper des Bergfoyers am Eingang des Carl-Alexander-Parks, kurz CAP. Von hier führen zwei Wege hinauf aufs Plateau, Treppen und ein Fußpfad, der sich um die Halde schlängelt. Die Gruppe, bestehend aus zwölf Personen, entscheidet sich, hinauf den Fußweg und hinunter die Treppen zu nehmen.
„Wir wollten den Menschen in den Gemeinden in diesem Jahr wenigstens einen Kreuzweg draußen anbieten“, erklärt Bernd Mionskowski. Als er und seine Kollegin die Ankündigung dafür zu Beginn des Jahres auf der Internetseite der Pfarrei und im Pfarrbrief öffentlich gemacht haben, war noch nicht klar, wohin sich Pandemie und Infektionszahlen entwickeln würden. Da eine „sicherere“ Alternative zu bieten, war ein Grund. Ein weiterer, den Kreuzweg in einen anderen Raum zu stellen, einen neuen Blick auf ein vertrautes Ritual zu ermöglichen. Ihn nicht in einem liturgischen Raum, sondern mit den Füßen hinauf aufs Bergplateau der Halde zu beten.

Das Wetter ist eher bescheiden, doch das stört die Teilnehmenden nicht. Irgendwie passt es. (c) Andrea Thomas
Das Wetter ist eher bescheiden, doch das stört die Teilnehmenden nicht. Irgendwie passt es.

Grundlage des Kreuzwegs sind ausgewählte Stationen des Misereor-Kreuzwegs 2022. Die trägt Bernd Mionskowski bei den regelmäßigen Pausen den Weg hinauf auf den Berg vor. Dazwischen betet die Gruppe Gesätze des Rosenkranzes oder geht schweigend im stillen Gebet. Die Impulse des Misereor-Kreuzweges greifen das Thema der aktuellen Fastenaktion „Es geht! Gerecht“ auf. Wie lässt sich umsteuern, um eine für alle Menschen gerechte, klimafreundliche Welt zu schaffen? Menschen aus Bangladesch, von den Philippinen und aus Deutschland, mit denen Misereor zusammenarbeitet, erzählen ihre Geschichten. Ihre Erfahrungen, ihre Lebensumstände sind nicht die unseren und doch sind sie uns in Vielem vertraut.

Nicht erst seit der Flut des vergangenen Sommers können wir die Ängste von Maria Abarratigue von den Philippinen vor der tödlichen Zerstörungskraft der Stürme verstehen. Der Klimawandel ist ein realer Schrecken, der die Menschen des globalen Südens schon jetzt hart trifft und das Elend besonders der Ärmsten noch verstärkt. Klimagerechtigkeit ist auch soziale Gerechtigkeit. Der Klimawandel zerstört Gottes Schöpfung, deren Teil wir sind. Menschen verlassen ihre Heimat, weil sie dort keine Perspektive mehr sehen, sie müssen gehen. „Es geht! Gerecht“ lautet das diesjährige Motto der Fastenaktion. Gerecht zu gehen, aufrecht gehen, auf dem rechten Weg gehen.

Oben angekommen auf dem Bergplateau, ist der Wind, der den kalten Regen in die Gesichter peitscht, stärker zu spüren. Kein gemütlicher Ort. Die bei gutem Wetter tolle Fernsicht fehlt. Aber das passt beides, der Hügel Golgata war an diesem Freitag vor gut zweitausend Jahren auch kein schöner Ort. Was verbindet, ist die Gemeinschaft, die gemeinsam vor Gott getragenen Fürbitten, die besonders den Menschen der Ukraine gewidmet sind. Bevor es nach dem Schlusssegen über die Treppen hinunter zurück zum Ausgangspunkt geht, überreicht Bernd Mionskowski allen noch eine Rose. Ihre Dornen sind Erinnerung an Jesu Leiden, ihre Blüte Zeichen der Hoffnung, dass der Tod nicht das Ende ist.