Ein Zelt im Schatten des Doms, bunte Objekte baumeln an einem Gerüst, Kinder und Jugendliche basteln und tüfteln mit Eifer. Neben künstlerischem Gestalten spielen in der Archimedischen Werkstatt, dem Ferien-Angebot für junge Forschende, immer auch Wissenschaft und Technik eine Rolle.
Ausgerichtet wird sie von der Bleiberger Fabrik und ergänzt den Archimedischen Sandkasten, den die Stadt Aachen zum siebten Mal in Kooperation mit den Aachener Hochschulen zwischen Dom und Rathaus aufgebaut hat. Der verbreitet Strandgefühl mitten in der Stadt, soll aber vor allem den Ingenieurinnen und Ingenieuren von morgen eine Plattform zum spielerischen Ausprobieren bieten. In der Archimedischen Werkstatt heißt das entdecken und lernen durch Tun, durch Versuch und Irrtum. Thema ist in diesem Jahr „Windenergie“, und gebaut werden Objekte, die sich im Wind bewegen oder von ihm bewegt werden.
Das Grundprinzip hätten die Kinder und Jugendlichen zwischen 10 und 16 Jahren schnell verstanden, berichtet Birgit Frank, Leiterin der Bleiberger Fabrik. „Sie haben eine Idee, schauen, was gibt es an Materialien, und fangen an zu bauen. Und dann wird getestet, ob es funktioniert.“ Berthold Westhoff, der die Werkstatt als Künstler begleitet, ergänzt: „Das ist toll zu beobachten. Erst lassen sie nur den Wind spielen. Dann fangen sie an zu tüfteln und merken, was sie anpassen und ändern müssen, damit sich etwas dreht oder bewegt.“ Die Ergebnisse sind eine ganze Reihe Windräder, Propeller und Mobilés, die mal horizontal, mal vertikal versuchen, den Wind einzufangen. Getestet wird jedes Modell zunächst auf Augenhöhe. Funktioniert es, kommt es eine Etage höher „in den Wind“. Am Ende der Werkstatt wird so eine große Windskulptur entstanden sein und, wenn alles klappt, ein Windrad, das mit seiner Energie etwas anderes antreiben kann.
Wie das in der Praxis aussieht, hat sich die Gruppe, die sich wöchentlich neu zusammensetzt, zu Beginn bei den Wind-Profis der RWTH Aachen im E.ON Energy Research Center und dem Center for Wind Power Drives (CWD) angeschaut. Beide unterstützen und beraten das Werkstatt-Projekt, und die Fachleute schauen auch immer wieder auf dem Katschhof vorbei. „Um den Wind optimal zu nutzen, werden bei Windrädern die Rotoren immer wieder elektronisch gesteuert in den Wind gestellt. Herauszubekommen, wie sie ihre Objekte bauen müssen, damit die auch ohne das den Wind einfangen, war eine Herausforderung für unsere Teilnehmenden“, sagt Birgit Frank.
Eine, die sie mit zum Teil die Erwachsenen verblüffenden Ergebnissen meisterten wie zum Beispiel die „fliegenden Plastikflaschen-Fische“. Die Kinder und Jugendlichen haben bunt besprühten leeren PET-Flaschen Flügel verpasst und sie auf ein dünnes Seil aufgezogen, das sie zwischen die Gerüststangen gespannt haben. Steht der Wind richtig, sausen die Flaschen-Fische nun das Seil entlang.
Gebaut sind sie wie alle Objekte aus Recyclingmaterialien, die ihnen unter anderem Velo, die Wabe und die Recyclingbörse Herzogenrath gespendet haben. Gefragt waren besonders Fahrradnaben als Antriebe. Upcycling gehört zur Philosophie der Bleiberger und ergänzt sich zudem gut mit dem Thema „erneuerbare Energien“, dem sich die Werkstatt mit der Windkraft spielerisch nähert. Denn bei aller Technik und Wissenschaft geht es in erster Linie um Spaß. „Ich bin nicht so für ,die Form folgt der Funktion‘. Durch Kunst kann man auch etwas Funktionelles schaffen. Sie sollen mit dem Wind spielen und dabei eigene Entdeckungen machen“, sagt Berthold Westhoff.
Hafsa (11) aus Aachen und Martha (13) aus Rott waren am Anfang ein wenig skeptisch, dann aber schnell überzeugt. „Als meine Mutter gesagt hat, da gibt es so ein Windprojekt, bei dem ich mitmachen kann, hörte sich das langweilig an. Aber jetzt macht es voll Spaß“, sagt Hafsa. Sie hat unter anderem ein Kätzchen-Mobilé gebaut und arbeitet am großen Windantriebsprojekt der Werkstatt mit. Auch Martha findet die Werkstatt gut. „Es ist toll, aus Altem etwas Neues zu bauen. Man kann hier viel ausprobieren.“ Dabei zählten ihre Ideen. Im Gegensatz zur Schule, wo es oft heiße: „Ich sag euch, was ihr machen sollt, und dann müsst ihr das können“. Das sei hier anders.
Bis zum 5. August sind die Windspiele noch auf dem Katschhof zu sehen, dann zieht ein Teil von ihnen in die Bleiberger Fabrik, wo sie am Zaun einen Ehrenplatz erhalten sollen – im Wind versteht sich.