Mit Leidenschaft im Tempel

Erwin Jungbluth ist seit 50 Jahren Küster, davon fast 40 Jahre in der Gemeinde St. Martinus Barmen

Erwin Jungbluth im „Tempel“ St. Martinus Barmen. (c) Mira Otto
Erwin Jungbluth im „Tempel“ St. Martinus Barmen.
Datum:
10. Juni 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 23/2022 | Mira Otto

„Halleluja! Ich wes jar net, wat die all wollen“, sagt Küster Erwin Jungbluth. Seit seinem goldenen Jubiläum im Amt des Küsters in der Gemeinde St. Martinus Barmen und Merzenhausen kann er sich vor Gratulationen und Anfragen diverser Journalisten kaum noch retten. 

Jungbluth an dem Taufbecken, für dessen Restaurierung er Spenden sammelte. (c) Mira Otto
Jungbluth an dem Taufbecken, für dessen Restaurierung er Spenden sammelte.

„Ich bin selbst gebürtig von Pattern in Aldenhoven“, sagt Jungbluth. Schon immer sei er eng mit der Kirche verbunden gewesen. Vor allem durch seine Großmutter, die ihn großzog und vor der Gemeinde immer die Fürbitten vortrug. Sie nahm dann den jungen Erwin Jungbluth immer in die Kirche mit. Nur wenn Fußball lief, dann sei Jungbluth in seiner Jugend mal „schneller fertig“ gewesen. „Auf einmal war ich weg“, sagt er und lacht.

Am 1. Mai 1972, damals mit Pastor Johannes Engelen, trat Jungbluth mit nur sechszehneinhalb Jahren in seine Berufung ein. Mit insgesamt 23 Priestern und Patern habe er in seinem Berufsleben zu tun gehabt. Am 1. Mai 1983 wechselte er nach Barmen bei Jülich. Besonders ans Herz gewachsen ist ihm in dieser Zeit Pfarrer Hans Wesseling. „Er war ein offener Mensch und hat sich im Dorf gut eingesetzt“, sagt der Küster.

„Chef hat auch schon geschrieben“, sagt das rheinische Original und zeigt auf einen Umschlag, auf dem der Name Bischof Helmut Diesers zu lesen ist. Propst Josef Wolff hat ebenfalls ein paar nette Worte zum Festtag verfasst, die auch im Pfarrbrief zu lesen waren. „Wer Erwin nicht kennt, kann noch nicht lange in Barmen gewesen sein. Kräftig wie die Stimme ist seine Leidenschaft für ‚seine‘ Kirche, auch liebevoll ‚Tempel‘ genannt. Eine kleine Erinnerung [hieran] ziert die Decke des Taufbeckens, für dessen Restaurierung er gesammelt hat.“

„Dann ist der Kopf frei“

Die Kirche St. Martinus Barmen. (c) Mira Otto
Die Kirche St. Martinus Barmen.

„Egal was ist, alles kommt immer bei mir“, sagt Jungbluth. Mitten in seiner Gemeinde zu sein, scheint ihm das Wichtigste. Ob die Bestellung von Messintentionen, Hochzeit oder Beerdigung – die Mitglieder der Gemeinde kommen mit Fragen rund zu den Organisationen der heiligen Messen und Wortgottesfeiern zu dem dorfbekannten Küster. 
Wenn Jungbluth den Kopf zu hat, wie er sagt, geht er in den „Tempel“. So heißt die St.-Martinus-Kirche durch Jungbluth im Dorfjargon. „Dann hast du deine Ruhe. Du hörst es knistern, und wenn dann keiner drin ist, dann hast du es. Dann komme ich heraus, und dann ist der Kopf frei.“ Dafür hat er auch einen festen Platz auf der rechten Seite in dem Kirchenschiff vor einer Säule.

Eine Sache beschäftigt den Küster dann doch allzu sehr. Immer wieder erzählt er davon, dass in den Kirchen immer weniger Menschen sind. „Die Zeiten haben sich geändert. Was wegstirbt, kommt nicht mehr dabei. Es ist leider so“, sagt Jungbluth. Früher habe jedes Dorf seinen eigenen Pfarrer gehabt. Heute hat sich das völlig geändert.

„Früher, als ich hier angefangen habe, da waren neun Messen in der Woche. Jetzt habe ich fünf Messen und drei Wortgottesfeiern im Monat. Das ist eben so.“ Linnich, Aldenhoven, Jülich und Titz – das seien 48 Kirchen. „Da glaube ich nicht dran, dass die alle bleiben“, sagt Jungbluth. Nächstes Jahr ist Erwin Jungbluth 40 Jahre als Küster in Barmen tätig. Dann, so ist es sein Ziel, will er langsam auf Null runter. „Mein Ding ist, zeitlich etwas abzugeben, anstatt zu sagen: ‚Hier ist der Schlüssel. Guck, wie du klarkommst.‘“ Und doch fragt sich der Küster, wie es dann weitergehen wird. Rund um den Tempel in Barmen, den Jungbluth mindestens genauso gut kennt wie seine Gemeinde.