Mit Empathie durchs Leben

Beatrix Hillermann ist die neue Trauerseelsorgerin an der Grabeskirche St. Elisabeth Mönchengladbach

Beatrix Hillermann ist die neue Trauerseelsorgerin an der Grabeskirche St. Elisabeth. (c) Garnet Manecke
Beatrix Hillermann ist die neue Trauerseelsorgerin an der Grabeskirche St. Elisabeth.
Datum:
31. März 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 13/2022 | Garnet Manecke

Gerade hat Beatrix Hillermann ihr neues Büro an der Grabeskirche St. Elisabeth bezogen. Hier wird sie nun Trauernde begleiten und ihnen helfen, mit dem Schmerz über den Verlust eines lieben Menschen zu leben. Dafür bringt sie reichhaltige Erfahrung mit – sowohl in der Begleitung trauernder Erwachsener als auch von trauernden Kindern und Jugendlichen.

„Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“, sang Schlagerbarde Udo Jürgens. Die folgendenden Liedzeilen zählen dann auf, was man als Senior alles neu erleben will. Aber bis sie 66 Jahre alt ist, will Beatrix Hillermann nicht warten. Die 60-Jährige wollte jetzt etwas Neues beginnen und deshalb hat sie sich dafür entschieden, in Mönchengladbach die Stelle der Trauerseelsorgerin an der Grabeskirche St. Elisabeth anzutreten. Seit vier Wochen ist sie nun hier, die Eindrücke sind noch ganz frisch. Dass sie das Thema Trauer für sich entdeckt hat, ist dem Umstand zu verdanken, dass sie nach ihrem Studium keine Stelle fand.
„Das war in den 1980er Jahren“, sagt sie. Damals hatte sie ihr Theologiestudium abgeschlossen und, wie so viele andere auch, fand sie keine Stelle als Theologin. „Das war die Zeit, in der auch Lehrer keine Stelle fanden, ich musste mich also nach Alternativen umsehen“, erinnert sich Hillermann. Die fand sie erst in der Weiterbildung und dann in einem Altenheim.

Hier ist der Tod ein Gast, der oft vorbei kommt. Das bedeutet für die Mitarbeitenden, dass sie oft mit trauernden Hinterbliebenen umgehen müssen. Aber auch, dass sie Menschen in ihren letzten Wochen und Tagen begleiten. „Wir haben in dem Haus eine Hospizarbeit aufgebaut“, sagt Hillermann. 17 Jahre hat sie dort gearbeitet und während dieser Zeit eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin gemacht. Für sie hieß das auch, sich mit der eigenen Trauer im Leben zu beschäftigen.

Die Verstorbenen gehören weiter  zum eigenen Leben – auf andere Weise

„Meine Eltern kommen beide aus Trauerfamilien“, sagt Hillermann. „Ich bin überzeugt davon, dass sich die Themen unbearbeiteter Trauer über die Generationen weitergeben. Die Themen müssen aufgearbeitet werden. Die Generation unserer Eltern hat sich mit ihrer Trauer nicht auseinandergesetzt.“ Aber gerade das sei wichtig, um den Verstorbenen einen anderen Platz in seinem Leben zu geben. „Die Verstorbenen sind zwar körperlich weg, aber sie gehören ja weiter zu unserem Leben“, sagt Hillermann. „Aber eben auf eine andere Weise.“

Die Auseinandersetzung mit Tod und Trauer hat ihre Sichtweise auf das Leben verändert. „Ich bin immer mehr dazu gekommen, Beziehungen als wertvoller zu empfinden“, sagt sie. „Ich brauche ein vielfältiges Netz um mich. Ich bin dankbar für meine Familie, aber ich brauche auch meine Freunde.“ Und Zeit für sich, die Stille in der Natur, der spirituelle Boden, aus dem sie Kraft schöpft. Bei Letzterem ist sie derzeit auf der Suche, was genau das sein könnte. Die richtige Form des Ausdrucks ihrer Spiritualität habe sie noch nicht gefunden.

2016 übernahm sie die Schulseelsorge und traf dort einen trauernden Zehnjährigen 
Der Kontakt zwischen den Menschen ist ihr wichtig. Das gilt nicht nur in der Trauerarbeit, das gilt für sie auch im Gottesdienst. „Wer da vorne steht, muss selber im Kontakt mit den Menschen sein, um sie zu erreichen“, sagt sie. Das erfordert Empathie. Man muss sich darauf einlassen, auch wenn die Situation einem erst mal nicht liegt. Sie selbst hat das erfahren, als sie in die Seelsorge ging. Als Quereinsteigerin absolvierte sie ihre Ausbildung zur Pastoralreferentin. 2016 kam sie in die Seelsorge und wollte eigentlich auf vertrautes Terrain: Hospizarbeit, Krankenhausseelsorge oder Trauerbegleitung. Aber in diesen Bereichen war nichts frei.

Also nahm sie eine Aufgabe als Schulseelsorgerin an – und traf prompt auf einen zehnjährigen Schüler, dessen Mutter gestorben war. „Da entstand die Idee, eine Kindertrauergruppe aufzumachen“, sagt sie. Kinder trauern anders als Erwachsene und werden oft vergessen. „Sie trauern in Pfützen“, nennt Hillermann das. „Sie sind sehr traurig und betroffen. Dann springen sie aber aus der Trauerpfütze wieder raus und können zum Karnevalszug gehen.“ Sie könnten Trauer und Normalität verbinden, während Erwachsene das oft nicht können.

In Mönchengladbach ist Beatrix Hillermann mit einer halben Stelle als Trauerseelsorgerin. Parallel läuft auch ihr Engagement im Trauernetzwerk Alsdorf. In der kleinen Stadt bei Aachen wohnt sie auch. Beatrix Hillermann hat zwei erwachsene Töchter und einen Enkel.