„Misereor trauert um Papst Franziskus, dessen Sorge um ein würdiges Leben aller Menschen und um die ökologischen Grenzen unserer Erde die Arbeit von Misereor und seiner Partnerorganisationen auf der ganzen Welt in besonderer Weise bestärkt hat. Bereits zu Beginn seines Pontifikates machte er seine klaren Optionen für eine Kirche, die sich durch Einfachheit und eine besondere Solidarität mit armen und an den Rand gedrängten Menschen, deutlich. Er war der Papst, der theologisch und politisch Themen wie Armutsbekämpfung, Bewahrung der Schöpfung, Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit inhaltlich eine besondere Relevanz gegeben hat.
Bereits mit seiner ersten Reise als Papst setzte Franziskus 2013 auf Lampedusa ein Zeichen für eine menschliche Behandlung von Flüchtenden. „Wo bist du, Bruder?“ fragte er mit Blick auf die auf der Flucht Verstorbenen und forderte, dass das Mittelmeer kein Massengrab werden dürfe.
Er warb immer wieder für eine Anerkennung ihres Schicksals wie auch für eine menschenwürdige und empathische Politik und Haltung gegenüber Vertriebenen. Unter seiner Führung wurde das Thema im Vatikan strukturell verankert und auch nach außen politisch vertreten. Für Papst Franziskus blieb Flucht und Migration über sein ganzes Pontifikat ein zentrales Thema.
Mit seiner Vorstellung, eine Kirche für die Armen zu sein, knüpfte Franziskus an den kirchlichen Paradigmenwechsel an, der im Zweiten Vatikanischen Konzil grundgelegt wurde und wesentlich in den Ortskirchen des globalen Südens, vor allem in Lateinamerika, umgesetzt wurde. Er machte deutlich, dass das Plädoyer für eine Kirche der Armen nicht bedeutet, sich karitativ und paternalistisch für die wirtschaftlich und sozial arm Gemachten einzusetzen, sondern dass dies eine klare solidarische Parteinahme erfordere. Besonders in seinem Lehrschreiben Evangelii Gaudium hat Papst Franziskus klar Position bezogen gegen das bestehende Wirtschaftssystem und seine Folgen. Seine Aussagen über eine „Wirtschaft, die tötet“ (EG 56), die den Ausschluss und Tod von Millionen von Menschen zur Folge hat, benannten in drastischer Klarheit sowohl die Folgen eines grenzenlosen Kapitalismus für Millionen Menschen als auch die ökologische Katastrophe, in der wir uns weltweit befinden.
Die Positionierung von Papst Franziskus zu gesellschaftspolitischen, globalen Fragestellungen zog sich wie ein roter Faden durch seine Lehrschreiben und Enzykliken. Vor allem mit seiner ersten Enzyklika Laudato Sí, die über den katholischen Kontext hinaus breite Rezeption fand, stellte er wichtige Weichen. Zentral darin war die Anerkennung des unauflöslichen Zusammenhangs von ökologischen und sozialen Fragen, verbunden mit der klaren Aufforderung an die Kirche, sich dem Kampf gegen Armut, Ausbeutung und ökologischer Zerstörung zu stellen. Die Arbeit Misereors, dessen Auftrag in der Umsetzung dieser Forderungen besteht, fanden durch die Worte von Franziskus eine besondere Bestärkung. Nicht nur konnten kirchliche Zielgruppen im Engagement für soziale und ökologische Gerechtigkeit im globalen Kontext unterstützt, sondern auch Allianzen zu unterschiedlichsten Gruppen und Organisationen gebildet werden, die sich gegen Klimawandel und ökologische Zerstörung einsetzen. Die Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft und Kirche an gemeinsamen Fragen war Franziskus ein zentrales Anliegen.
Auch die Amazonien-Synode war ein Meilenstein seines Pontifikats und stark von der Beteiligung von Laien und indigenen Bewegungen geprägt. Auch hier zeigte sich, wie wichtig Papst Franziskus die Unterstützung der Kirche für indigene Völker, eine ganzheitliche Ökologie und eine Erneuerung der Pastoral war. Diese Synode, aber auch seine Reisen und Ernennungen von neuen Kardinälen, erfolgten grundsätzlich der Logik, die sogenannten Peripherien zu stärken und dabei festzustellen: Am Rand ist die Mitte zu finden – die Mitte der Gesellschaften, die Mitte des Glaubens.
Besonders aber wird seine starke Stimme für Frieden und Versöhnung fehlen. Immer wieder hat er gegen den Krieg geredet und insbesondere von christlichen Staats- und Regierungschefs mehr Einsatz für Frieden gefordert. Sie sollten sich mit aller Kraft für Verhandlungen in allen Konflikten einsetzen. So rief er auch immer wieder zu Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sowie Israel und der Hamas auf und forderte Mut, der nötig sei, um die Tür für Verhandlungen zu öffnen.“