Menschen zusammenbringen

Studierende der Katho Aachen engagierten sich in der Flutkatastrophe und werden jetzt ausgezeichnet

Sie werden ausgezeichnet für ihr Engagement. Ein Team von 15 Studentinnen und Studenten der Katho Aachen leistet konkrete Hilfe für die Betroffenen der Flutkatastrophe in Stolberg. Dafür wurden sie jetzt „Studierende des Jahres“. Die Preisverleihung ist am 28. März. (c) Katho Aachen/David Portnicki
Sie werden ausgezeichnet für ihr Engagement. Ein Team von 15 Studentinnen und Studenten der Katho Aachen leistet konkrete Hilfe für die Betroffenen der Flutkatastrophe in Stolberg. Dafür wurden sie jetzt „Studierende des Jahres“. Die Preisverleihung ist am 28. März.
Datum:
16. Feb. 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 07/2022 | Kathrin Albrecht

Die Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 wird auch in Stolberg niemand so schnell vergessen. Denn auch die Kupferstadt war von der Flutkatastrophe betroffen. Der Vichtbach, eigentlich ein kleiner Bach, der in die Inde mündet, flutete mehrere Ortsteile, unter anderem die Altstadt.

Die Schäden, die das Hochwasser angerichtet hat, sind noch deutlich sichtbar. Noch immer hängt Müll, den die Wassermassen mitgerissen haben, in den Bäumen, die den Bach säumen. In Stolberg selbst waren vor allem die Oberstadt und die Unterstadt betroffen. Es sind auch Stadtteile, in denen bereits vor der Flut mehrere Probleme zusammenkamen. „Alters- und Kinderarmut sind hoch, in Unterstolberg gibt es viele Bewohner mit Migrationshintergrund. Die Flutkatastrophe traf hier eine vulnerable Gruppe“, erläutert Oliver Stöber. Er gehört zu einem Kernteam von 15 Studierenden der Katholischen Hochschule NRW, Abteilung Aachen, die sich in Stolberg in der Fluthilfe engagiert haben.

Auch M-Obaida Dehna gehört dazu. Er lebt seit einigen Jahren in Stolberg und studiert wie Stöber Soziale Arbeit an der Katho. Was es bedeutet, von der Flut betroffen zu sein, erfuhr er am eigenen Leib. Auch sein Keller lief voll, bis Anfang Dezember hatte er in seiner Wohnung keine Heizung. Er packte mit an, schippte erst aus seinem Keller den Schlamm, dann aus den Kellern der Nachbarn. Dabei erlebte er auch mit, was den Menschen fehlte und wo es in der Hilfe nach der Flut am meisten Probleme gab. „In den ersten Tagen nach der Flut sind wir mit der psychosozialen Beratung der Städteregion mitgefahren“, erzählt Oliver Stöber. „Wir waren jeden Tag fünf Stunden im Einsatz und haben die Betroffenen befragt, was jetzt dringend gebraucht wird.“

 

<<Betroffene sollten einen Raum haben, wo sie erzählen können>>

M-Obaide Dehna

 

Schnell wurde klar: Es braucht mehr als ein paar Tage, um den Menschen niedrigschwellig und nachhaltig zu helfen. „Wir haben überlegt, was wir mit unseren Erfahrungen als Sozialarbeiter anbieten können“, sagt M-Obaida Dehna. Ein Problem: Die Anträge für finanzielle Hilfe für die Flutopfer gab es zunächst nur auf Deutsch. „Das war einer unserer ersten Schwerpunkte, Betroffene beim Ausfüllen der Anträge zu unterstützen“, erzählt Dehan. Doch dazu brauchte es auch einen festen Ort, zu dem die Menschen kommen würden.

Auf dem Willy-Brandt-Platz in der Altstadt hatte sich bereits eine Ersthilfestation mit Essens- und Sachspendenausgabe etabliert. Nach einigen Gesprächen war der Standort für das „Sozialzelt“ der Katho-Studierenden gefunden. Gemeinsam mit Nachbarn sowie anderen freiwilligen Helferinnen und Helfern am Platz organisierten sie das „Camp Willy“ und gründeten den Verein „Gemeinsam weiter“. „Menschen, die wirklich betroffen sind, sollten einen Raum haben, wo sie erzählen können“, unterstreicht Dehan. Über das gemeinsame Ausfüllen der Anträge auf Soforthilfe kam auch das Vertrauen, sich zu öffnen und von anderen Problemen und Ängsten zu berichten.

 

<<Die Flutkatastrophe traf eine vulnerable Gruppe.>>

Oliver Stöber

 

Die Studierenden stellten Kontakte zu Rechtsanwälten her, die einmal in der Woche eine kostenlose Rechtsberatung zu Mietfragen anboten. Auch stellten sie Kontakt zur Fachhochschule Aachen her, wo Studierende des Fachbereichs Architektur jetzt die Planung für einige sanierungsbedürftige Gebäude übernommen haben und die Arbeiten auch weiter begleiten werden. Auch um die Erlebnisse zu verarbeiten, braucht es Unterstützung. „Jedes Mal, wenn es regnet, haben hier viele Angst, dass nochmal alles überschwemmt wird“, sagt Dehna. Doch viele scheuten sich, psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen. Auch hier wurde eine niedrigschwellige Lösung gefunden.

Das Engagement der Aachener Studierenden wird nun mit der Auszeichnung „Student/-in des Jahres“ belohnt, die jährlich vom Deutschen Studentenwerk und vom Deutschen Hochschulverband ausgelobt wird. Ausgezeichnet wird die Gruppe für ihr „überobligatorisches Engagement und die Verbindung von Praxis und Wissenschaft“. So begleitete das Team eine Fragebogenaktion der Stadt Stolberg, die von den Betroffenen die konkrete Lage abgefragt hat. 400 Bögen sind bislang zurückgekommen. Von der Auswertung verspricht sich Oliver Stöber eine „Basis, mit der man weitermachen kann“. 
Bis zum Frühjahr 2023 will das Team die Arbeit vor Ort weiterführen. „Es gibt noch viel zu tun“, bringt es Sarah Hermanns auf den Punkt. Denn noch immer fehle beispielsweise die Infrastruktur der sozialen Träger vor Ort. Sie wurden selbst Opfer der Flut. „Da sind wir Vermittler“, sagt Hermanns.