Menschen Chancen geben

Bischof Markos Gebremedhin aus Äthiopien besuchte die Aachener Regionen

Besuch im Weltladen in Aachen, wo der Bischof aus dem Kaffeeland Äthiopien sich besonders für den fairen Kaffee interessierte. (c) Weltladen Aachen
Besuch im Weltladen in Aachen, wo der Bischof aus dem Kaffeeland Äthiopien sich besonders für den fairen Kaffee interessierte.
Datum:
9. Okt. 2018
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 41/2018 | Andrea Thomas
Jedes Jahr begrüßt Missio zum Monat der Weltmission Gäste aus dem jeweiligen Schwerpunktland der Solidaritätsaktion. Im Bistum Aachen begleitet Anke Reermann, Missio-Referentin beim Bistum, die Gäste bei ihrem Besuch.
Bischof Markos Gebremedhin (c) Hartmut Schwarzbach/Missio
Bischof Markos Gebremedhin

In diesem Jahr ist dies Bischof Markos Gebremedhin. Sein Vikariat Jimma-Bonga liegt in der Region Kaffa im Südwesten von Äthiopien.

Endlich mal wieder ein Bischof, sagt Anke Reermann. Ihr ist wichtig, dass beide Seiten aus dem Besuch etwas über den anderen sowie voneinander lernen. „Ich schaue, wo Brücken sind, wo es gemeinsame Themen gibt.“ Bei Bischof Markos sind das die Arbeit mit und für Flüchtlinge und der Umgang mit Minderheiten sowie der faire Handel. Dazu hat Reermann während seines Besuches in den beiden Aachener Regionen verschiedene Projekte mit ihm besucht. Flucht, ein Thema, das Bischof Markos aus verschiedenen Perspektiven berührte. Sein Heimatland Äthiopien ist das zweitgrößte Aufnahmeland für Flüchtlinge in Afrika nach Uganda. 920 000 Menschen haben hier Zuflucht gefunden, überwiegend Menschen aus den benachbarten Krisenländern Sudan, Eritrea und Somalia. Eine Herausforderung, gehört Äthiopien doch selbst noch immer zu den ärmsten Ländern der Welt. Daneben suchen auch Menschen aus dieser Region ihr Glück in der Flucht nach Europa.

Beim Besuch im „Café Zuflucht“ in Aachen, Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge, sowie im Austausch mit den Beratern des Regionalcaritasverbands für Flüchtlinge hat er viel über deutsche Migrationspolitik, über Anträge, Aufenthaltsstatus, drohende Abschiebung und Rückkehr in die jeweiligen Heimatländer erfahren. Aber auch ganz konkret über das Schicksal von Flüchtlingen aus Äthiopien und Eritrea in der Region, wie Lyia, eine junge Frau aus Äthiopien, die durch den Caritasverband Aachen die Möglichkeit hat, nach dem Friedensabkommen zwischen Eritrea und Äthiopien zurückzukehren. Für Bischof Markos, der sich in seinem Bistum selbst für Flüchtlinge einsetzt, ebenso berührende wie interessante Gespräche und Begegnungen.

 

Miteinander von Religionen und Kulturen

An der Katholischen Hochschule (Katho) hat er ein Seminar von Norbert Frieters-Reermann im Bachelorstudium „Soziale Arbeit“ besucht. Hier kam er in einen regen Austausch mit den Studenten. Er berichtete ihnen von der politischen Situation in Äthiopien, von dem 26 Jahre langen Krieg mit Eritrea, der zum Teil Familien getrennt habe, und dem kürzlich geschlossenen Friedensabkommen und den Konflikten im Süd-Sudan. „Äthiopien ist ein Land mit großen Herausforderungen. Hier leben Menschen vieler Kulturen und Religionen“. Das sei schmerzhaft, weil es immer wieder zu Gewalt führe, sei aber auch erfüllend, wo das Miteinander funktioniere. Sein Bistum Jimma-Bonga ist vom Urwald geprägt. Hier lebe das Volk der Menja, eine Minderheit, die ausgegrenzt und „wie Menschen zweiter Klasse behandelt wird“, berichtet Bischof Markos. Sie dürften ihre Kinder nicht taufen lassen, würden von Bildung ausgeschlossen und ihr Zeugnis gelte nichts vor Gericht. Der Aberglaube ginge soweit, dass viele glaubten, die Menja seien von Gott verflucht.

 

Studium für Menschen mit Fluchterfahrung

Als katholische Kirche (in Äthiopien gehören ihr weniger als ein Prozent an, 44 Prozent bekennen sich zur äthiopisch-orthodoxen Tewahedo-Kirche, 33 Prozent zum Islam) suche man das Vertrauen der Menja, was nicht leicht sei, da sie sehr schüchtern seien. Er lade sie zum Gottesdienst ein und versuche ihnen zu vermitteln, wie sie gewaltfrei für sich einstehen können. Dazu brauche es vor allem Bildung, Schulen und Möglichkeiten für die Erwachsenen, ihr Auskommen zu finden und in Positionen zu gelangen, wo sie etwas für die Rechte ihres Volkes bewirken könnten. Und er kämpft gegen Vorurteile und versucht seiner Gemeinde klar zu machen: „Jesus ist für alle Menschen gestorben“. Seit drei Jahren bietet die Katho jungen Menschen mit Fluchtbiografie die Möglichkeit zum Studium in „Sozialer Arbeit“. Zurzeit sind es 19 Studierende. Bedingung seien gute Deutschkenntnisse, da die Gruppe zu klein sei, um ihr eigene Angebote in Englisch zu machen. Außerdem müsse die Finanzierung geklärt sein, erläutert Barbara Schermaier-Stöckl, zuständig für das Projekt „Start now“. Nur wenige erhielten Bafög.

Was das Projekt so wertvoll macht, erläutert Norbert Frieters-Reermann: „Sie sollen soziale Arbeit lernen und nicht nur Teil sozialer Arbeit sein.“ Mit ihren eigenen Fluchterfahrungen brächten sie einen wichtigen Perspektivwechsel in dieses Arbeitsfeld mit ein. Ein weiteres Thema war der faire Handel. „Bischof Markos kommt aus der Region Kaffa, der Kaffeeanbauregion Äthiopiens. Da passte das sehr gut, vor allem, weil es noch keinen fairen Kaffee von dort bei uns gibt“, erläutert Anke Reermann. Das Interesse daran hat sie jedenfalls bei ihrem Gast geweckt. Bei einem Besuch im Weltladen in der Aachener Jakobstraße lernte er nicht nur die breite Palette fairer Produkte kennen, sondern erfuhr von den Mitarbeitern dort auch mehr über dieses Thema. Außerdem nahm Bischof Markos an dem kleinen Festakt teil, mit dem die Katho als erste in Aachen zur „Fair Trade Universität“ ernannt wurde.