Mensch-sein nicht verloren

Ausstellung porträtiert Holocaust-Überlebende und ihre Familien

Fotografin Helena Schätzle und Lukas Welz, der Vorsitzende von Amcha Deutschland. (c) Andrea Thomas
Fotografin Helena Schätzle und Lukas Welz, der Vorsitzende von Amcha Deutschland.
Datum:
22. Jan. 2019
Von:
Aus der kirchenZeitung, Ausgabe 04/2019 | Andrea Thomas
Der Holocaust und seine unvorstellbaren Schrecken liegen mehr als 70 Jahre zurück. Und sind in den Leben derer, die ihn überlebt haben, sowie ihrer Familien, immer noch schmerzhaft präsent. Die Ausstellung „Leben nach dem Überleben“ begleitet sie und stellt die Frage, wie das geht.

„Amcha“ (hebräisch für „Dein Volk“) ist die größte Organisation für die psychosoziale und psychotherapeutische Hilfe für Überlebende des Holocaust und ihre Familien in Israel. Seit der Gründung 1987 haben inzwischen mehr als 19000 Menschen die Hilfsangebote in Anspruch genommen. Dazu gehören professionelle psychotherapeutische Hilfe in 14 Zentren, Sozialclubs, wo sich Überlebende zu therapeutischen Angeboten, Aktivitäten und zum Austausch treffen sowie Hausbesuche bei den immer älter werdenden Klienten.

Die meisten seien inzwischen Kinderüberlebende, die bei Kriegsende 1945 nicht älter als 16 Jahre alt waren, erläutert Lukas Welz, der Vorsitzende von Amcha Deutschland. Was sie erlebt haben, habe zu schweren Traumata und seelischen Verwundungen geführt. Bis heute wirkten die Folgen der Gewalt und Verfolgung nach, und je älter sie würden, desto stärker komme das wieder hoch und seien sie auf Hilfe angewiesen. Diese Traumata können auf die nächste Generation übertragen werden. „Die Kinder und Enkel der Überlebenden wurden geprägt von dem, was die Eltern oder Großeltern erlebt und gelebt haben.“ Einige seien auch „Ersatzkinder“ für Kinder, die den Holocaust nicht überlebt haben.

Um dies und ihre Arbeit bekannter zu machen, hat Amcha gemeinsam mit der Fotografin Helena Schätzle das Dokumentationsprojekt „Leben nach dem Überleben“ entwickelt, aus dem die gleichnamige Ausstellung entstanden ist, die nun in der Städteregion zu sehen ist. Sie hat 14 Überlebende und ihre Familien in Israel besucht und zunächst viele Gespräche geführt. Wichtig war ihr, sie als Menschen zu porträtieren. „Mensch zu sein, war das, was ihnen im Holocaust genommen werden sollte. Ich wollte daher sämtliche Emotionen des Lebens zeigen und dass die Nazis nicht nehmen konnten, Mensch zu sein“, beschreibt sie. Die Überlebenden, die mit ihr gearbeitet hätten, seien offen dafür gewesen, „dem Leben und der Liebe zugewandt“ und hätten eine positive Gegenwart schaffen wollen. Gemeinsam mit ihnen und begleitet von den Psychologen von Amcha hat sie Bilder entwickelt, die für die stehen, die ihre Geschichten erzählen. Diese eindrucksvollen und berührenden Bilder werden ergänzt von Zitaten in Deutsch, Englisch und Hebräisch. Sie erzählen von Trauer, Angst und Leid, aber auch von wiedergewonnener Lebensfreude, und sie mahnen: Es ist geschehen und kann wieder geschehen, wenn wir nicht wachsam bleiben.

 

Info

Citykirche: Bis zum 3. Februar, montags bis freitags 9–19 Uhr. Eintritt frei.
Herz-Jesu-Kirche: Vom 8. bis 24. Februar, dienstags bis samstags 10–17 Uhr. Eintritt frei.
Infos zum Rahmenprogramm: ww.amcha.de/ausstellung