Mein Gott liebt jeden!

Klare Statements zum Segnungsverbot gleichgeschlechtlicher Paare von Aachen bis Mönchengladbach

Regenbogen, ausgesetztes Allerheiligstes, St. Willibrord Merkstein (c) Mario Hellebrandt
Regenbogen, ausgesetztes Allerheiligstes, St. Willibrord Merkstein
Datum:
23. März 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 12/2021 | Andrea Thomas und Garnet Manecke

Die Haltung der Glaubenskongregation des Vatikans zur Segnung gleichgeschlechtlichen Partnerschaften hat viele Katholiken im Bistum fassungslos gemacht. Nicht nur der Diözesanrat bezog deutlich Stellung, auch GdG und Pfarreien unterstrichen ihre Solidarität mit den Betroffenen. Ein Blick in die Regionen Aachen-Stadt und -Land, Mönchengladbach und Heinsberg.

Es wurde bunt vor Kirchen, auf kirchlichen Internet- und Social-Media-Seiten, genauer: regenbogenbunt. Seit den 1970er Jahren ist der von Rot- zu Blautönen angeordnete Regenbogen ein Symbol der Schwulen- und Lesben-Bewegung. Das griffen nun Gemeinden, Pfarreien und Gruppen auf, um dem Segnungsverbot aus dem Vatikan ein sichtbares Zeichen entgegenzusetzen. Auch an klaren Worten mangelte es nicht.

Auf der Internet- sowie der Facebookseite der Pfarrei St. Willibrord Herzogenrath-Merkstein steht seit vergangener Woche ein Bild von Gemeindereferent Mario Hellebrandt: Das ausgesetzte Allerheiligste der Kirche Herz Jesu vor einem Regenbogenhintergrund, versehen mit den Worten „#meingottliebtjedenmenschen“. Dazu hat Mario Hellebrandt den Link zu einem kurzen Musik-Video gestellt, das er aufgenommen hat und das er und das Pastoralteam allen widmen, „die sich ,am Boden fühlen‘ und/oder wegen ihrer Buntheit ausgegrenzt werden“. Noch nie, berichtet er, hätten sie als Pfarrei auf einen ihrer Facebook-Beiträge eine so große, positive Resonanz bekommen.

Die Aachener Jugendkirche schreibt auf ihrer Internetseite: „Seit es ,kafarnaum‘ gibt, gehören zu unserer Gemeinde Menschen, die nicht heterosexuell sind. Sie sind hier nicht einfach nur ,willkommen‘: Sie SIND ,kafarnaum‘. Sie SIND Teil dieser Kirche. Ohne sie fehlt hier etwas. Wir können nicht die einen segnen und die anderen nicht.“

Der BDKJ Aachen hatte bereits im Januar auf seiner Diözesanversammlung klare Worte gefunden, die der ständige Rat und das Team der katholischen Hochschulgemeinde Aachen nun auf ihrer Internetseite teilten. Darin heißt es: „Der Segen sagt denen, die ihn empfangen, die unverbrüchliche Treue Gottes zum Leben in seiner/ihrer Schöpfung zu, und diese Treue verwirklicht sich in dieser Zusage. Beziehung ist immer Ausdruck von Leben, egal, welches Geschlecht die Partner/-innen haben. Der Segen kommt von Gott und nicht von der Kirche oder von Menschen, die den Segen vermitteln.“ 
Die Hochschulgemeinde sei ein Ort und eine Gemeinschaft, an dem und in der alle Menschen willkommen seien und sich dort angenommen fühlen sollten.

Die Aachener Pfarreien St. Gregor von Burtscheid und Franziska von Aachen bekunden ebenfalls auf ihren Internetseiten ihr Unverständnis und unterstreichen ihre Solidarität mit Menschen, die sich und ihre Liebe durch die Erklärung aus Rom ausgegrenzt fühlen. „Wir vom Pastoralteam der Pfarrei St. Gregor von Burtscheid werden auch in Zukunft für alle Menschen, die für sich und ihre Beziehungen um Gottes Segen bitten, da sein und laden jede und jeden dazu ein“, ist da zu lesen. Das Team von Franziska von Aachen zitiert die Aussage des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck: „Wir werden mit unseren seelsorglichen Angeboten auch weiterhin alle Menschen begleiten, wenn sie darum bitten – ganz gleich in welcher Lebenssituation.“

In St. Josef und Fronleichnam zeigt die Pfarrei seit dem vergangenen Wochenende wortwörtlich Flagge. An den Fahnenmasten vor der Fronleichnamskirche flattern zwei Regenbogenfahnen, die mindestens bis über Ostern dort hängen bleiben sollen, wie das Team der Pfarrei erklärt. Zwar habe es bislang keine konkreten Segnungswünsche gleichgeschlechtlicher Paare bei ihnen gegeben, doch es gehe um eine klare Haltung und um Solidarität. Das sei eine Fortführung der diskriminierenden Praxis im Umgang mit Menschen einer nicht heterosexuellen Orientierung in der römisch-katholischen Kirche, mit der sie nicht einverstanden seien, heißt es in einem Statement in den Schaukästen der Pfarrei. 


Die Kernbotschaft des Christentums

Von starker Symbolkraft ist auch das Bild, das die Citykirche in Mönchengladbach in diesen Tagen gibt: Unter der Regenbogenfassade verkündet ein leuchtend oranges Schild: „Offen“. Die Tür zur Kirche steht so weit auf, als wolle sie die Besucher umarmen. „Mein Telefon steht kaum still, da Menschen ihre Wut, ihren Ärger und ihre Enttäuschung irgendwo lassen möchten“, schreibt Pfarrer Christoph Simonsen in einem Post auf Facebook. „Viele haben sich jetzt endgültig entschieden: ,Ich trete aus‘.“ Der voyeuristische Blick ins Schlafzimmer sei den Glaubenshütern in Rom von größerem Interesse als der offene Blick in ein liebendes Herz und in Herzen, die der Liebe süchtig seien, beklagt Simonsen. Ungehorsam sei das Gebot der Stunde. Zu seiner Haltung hat er viel Zuspruch bekommen – aber auch Kritik. Das zeigt sich auch im Bild der Besucher der Citykirche. „Die Reaktionen sind gemischt, aber überwiegend positiv“, sagt die Aufsicht.

In den Regionen Mönchengladbach und Heinsberg sind nicht alle so offensiv  wie Simonsen. An ihrer Haltung gibt es dennoch keinen Zweifel: Markus Bruns, Regionalvikar in der Region Heinsberg, trug beim ökumenischen Open-Air-Gottesdienst in Keyenberg eine Stola in Regenbogenfarben. „Die Farben sagen: ,Gott schließt einen Bund mit uns Menschen‘“, sagt Bruns. Wenn die Wahl für diese Stola auch nicht explizit als Statement gedacht war, steht er doch hinter dem Signal, dass er auf diese Weise gesendet hat. Bruns sagt auch klar, dass er gleichgeschlechtlichen Paaren den Segen spenden würde. „Warum sollte ich die aufrichtige Liebe zwischen Menschen nicht unter den Segen Gottes stellen?“, fragt er.

Auf der Homepage der GdG Rheydt-West bildet seit zehn Tagen eine Regenbogenfahne den bunten Mittelpunkt. „Aus gegebenem Anlass: Wir sind sicher, dass Gottes Segen nicht in erster Linie Zäunen und Gittern gilt, sondern Menschen und ihren Beziehungen“, ist das Bild betitelt. Und auch die Jugendkirche in Mönchengladbach, JIM, bekennt sich zur Segnung für homosexuelle Paare. Auf Facebook zeigt sie ihr Titelbild in den bunten Farben des Regenbogens mit der Kernbotschaft des Christentums: #meingottliebtjedenmenschen. 

Gemeinden und Pfarreien zeigen Farbe

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