Mehr als nur guter Wille

Der ökumenische Partnerschaftsvertrag gibt die Sicherheit, gemeinsam planen zu dürfen

Bewusst haben sich die Gemeinden Ostern als Moment des Neustartes ausgewählt.  An Ostern unterzeichneten der evangelische Pfarrer Christoph Helbig, Kristina Jansen, Heide Baldus und der katholische Pfarrer Frank Schürkens (v. l. n. r.) den Vertrag. (c) privat
Bewusst haben sich die Gemeinden Ostern als Moment des Neustartes ausgewählt. An Ostern unterzeichneten der evangelische Pfarrer Christoph Helbig, Kristina Jansen, Heide Baldus und der katholische Pfarrer Frank Schürkens (v. l. n. r.) den Vertrag.
Datum:
31. Juli 2018
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 31/2018 | Ann-Katrin Roscheck
Vor 100 Tagen haben die Evangelische Kirchengemeinde in Bracht-Breyell und die katholische Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt in Bracht einen ökumenischen Partnerschaftsvertrag unterzeichnet. Seither hat der Vertrag zwei Weggefährten ordentlich in Bewegung versetzt.

Für viele Gemeindemitglieder waren es zuerst nur symbolische Unterschriften auf einem Papier: Kooperieren doch die Gemeinden Born, Bracht und Brüggen schon seit vielen Jahren in einer Weggemeinschaft. Doch hatte die Leitungsebene schon vor der Unterzeichnung eine erfolgreiche Symbiose im Sinn, bekommen die Auswirkungen einer vertraglichen Bindung nun auch die Gemeindemitglieder zu spüren. „Bisher bestand die ökumenische Zusammenarbeit auf der Basis des guten Willens“, erklärt Kristina Jansen aus dem katholischen Leitungsteam. „Sollte durch eine Veränderung auf der Bischofsebene oder auch sogar in Rom die Ökumene nicht mehr gewünscht sein, hätte das für uns einen Einsturz der gesamten Kooperation bedeutet. Das ist jetzt anders.“ Mit dem Partnerschaftsvertrag haben sich die Gemeinden einander verpflichtet: Gemeinsame Nutzungen sind festgelegt worden, und Abläufe werden möglich, die bisher in dieser Art und Weise nicht zulässig waren.

„Ein gutes Beispiel dafür ist unser Friedhof“, weiß Jansen. „Durch die katholische Seite kann der evangelische Teil des Friedhofs weiter bestehen bleiben.“ Die evangelische Gemeinde hatte beschlossen, dass der evangelische Teil des Friedhofs nicht mehr gehalten werden kann. Nun springt die katholische Gemeinde ein: Zukünftig übernimmt sie das Gelände und ermöglicht, auch weiterhin evangelische Bestattungen durchzuführen. „Ohne den Partnerschaftsvertrag hätte der Friedhofsteil entweiht werden müssen. Durch die Vertragsgrundlage können wir ganz anders reagieren“, erklärt das Mitglied des Leitungsteams. „Wir haben Planungssicherheit und können noch mehr für die Ökumene einstehen.“ Die Grundlage für den Partnerschaftsvertrag hatte im letzten Jahr zum Jubiläum der Reformation der ökumenische Brief an die Gemeinden des Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Bischofs von Aachen geschaffen. Der Brief ruft dazu auf zu hinterfragen, in welchen Bereichen es bereits eine ökumenische Zusammenarbeit gibt und in welchen Bereichen sie noch ausgebaut werden kann. Er ermutigt dazu, „in Zeiten des Umbruchs, in denen finanzielle und personelle Ressourcen schwinden, an den Baustellen gemeinsam weiterzuarbeiten.“ Genau diese Grundsätze greifen Kristina Jansen und ihre Wegbegleiter auf. In Gesprächen mit Gemeindemitgliedern haben die Gemeinden erfahren, dass es aufgrund der Entfernung und Öffnungszeiten der Gemeindebüros oft schwierig sei, Termine für zum Beispiel Taufen oder Hochzeiten zu vereinbaren. Durch gemeinsame Bürozeiten wird nun eine größere Flexibilität geschaffen. Auch das katholische Pfarrzentrum, das zum Ende des Jahres fertig gestellt werden soll, gibt Rahmen für ein verändertes Programm: Der Altenclub, der bisher in beiden Gemeinden stattgefunden hat, wird zukünftig zusammengelegt. „So können wir voneinander partizipieren“, sagt Jansen.

 

Kooperation vervielfältigt Möglichkeiten

Mit dem Partnerschaftsvertrag hat sich auch die Ehrenamtlerorganisation anders strukturiert: Für Aktionen kann sowohl auf die katholischen als auch die evangelischen Freiwilligen zurückgegriffen werden. Kooperierende Pressearbeit und eine veränderte finanzielle Grundlage sorgen dafür, dass neue Angebote geplant und alte Angebote gesichert werden. Noch in diesem Jahr hatte die katholische Gemeinde Probleme, für Sommeraktionen, wie zum Beispiel das Seniorenangebot „Urlaub ohne Koffer“, genug Teilnehmer zu gewinnen. Im nächsten Jahr ist geplant, die Ferienangebote durch die Ökumene mit Jugendfahrten zu erweitern. Die Krönung wird dann bei jedem Projekt natürlich ein gemeinsamer Gottesdienst sein. „Ökumene leben wir hier schon seit fast 50 Jahren. Es war geduldet, aber nicht unbedingt erlaubt“, fasst Kristina Jansen zusammen. „Jetzt dürfen wir zusammen Gottesdienst feiern, wir dürfen gemeinsam und verbindlich planen. Das ist eine dauerhafte Bereicherung und Entlastung für alle Beteiligten.“ Die Weggemeinschaft Born, Bracht, Brüggen feiert am 8. und 9. September gemeinsames Pfarrfest. Um 18 Uhr beginnt der Feldgottesdienst mit anschließendem bunten Abend. Am 9. September findet auf dem Schulhof der Gesamtschule ein großes Familienfest mit diversen Angeboten statt. Gäste sind herzlich eingeladen.