Mehr als eine Nebenrolle

Der Papst hat das aktuelle Kirchenjahr zum Josefsjahr ausgerufen. Was das für Josefsgemeinden bedeutet

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Datum:
9. März 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 10/2021 | Andrea Thomas

Papst Franziskus hat im Dezember das laufende Kirchenjahr zum Jahr des heiligen Josef erklärt. Damit hat er einen Heiligen ins Rampenlicht gerückt, der nicht nur in den biblischen Erzählungen oft in den Hintergrund tritt. Zu Unrecht, wie der Papst findet und mit ihm Gemeinden, deren Namenspatron der „Ziehvater“ Jesu ist, der am 19. März seinen Gedenktag hat.

In St. Josef in Straß wird das Jesuskind nach den Weihnachtstagen traditionell der Josefsfigur in den Arm gelegt. (c) Andrea Thomas
In St. Josef in Straß wird das Jesuskind nach den Weihnachtstagen traditionell der Josefsfigur in den Arm gelegt.

In Krippendarstellungen steht die Josefsfigur meist etwas hinter der Krippe mit dem Kind und neigt sich Maria fürsorglich entgegen. Er wacht über seine Familie, still und unauffällig. Nicht so in St. Josef in Herzogenrath-Straß. Nach den Weihnachtsfeiertagen wird ihm hier das Jesuskind in die Arme gelegt, um „den berühmtesten Ziehvater der Geschichte bewusst aus der Nebenrolle herauszuholen“, wie Gemeindereferent Wilfried Hammers erklärt. Dass Papst Franziskus ihrem Pfarrpatron diese Ehre zuteil werden lässt, habe sie in der Gemeinde überrascht, aber vor allem erfreut.

Der heilige Josef sei für die Straßer Gemeinde eine starke Identifikationsfigur und weit mehr als ein Heiliger, den man auf einen Sockel stellt, „damit man ihn fürs normale und alltägliche Leben – wie man bei uns in der Gegend sagt – ,aus den Füßen hat‘. Als aus dem Kohlebergbau hervorgegangene Gemeinde würdigen wir mit Josef als Patron der Arbeit und der Arbeiter auch die Lebensleistung unserer Vorfahren in der Josefsgemeinde, die schon damals mit Herz, Kopf und Hand für ein Leben in Fülle tätig waren.“ 
Durch Josef, der in der Bibel auch als der Gerechte bezeichnet wird, würden sie  immer wieder daran erinnert, dass es einer unserer Kernaufträge als gläubige Menschen sei, „an der Verwirklichung einer gerechten Welt schon hier auf der Erde mitzubauen und uns vom Gen der Sozialpastoral brennenden Herzens immer wieder neu entflammen zu lassen“. Josef soll daher nicht nur am 19. März und dem Tag der Arbeit, dem 1. Mai, sondern das ganze Jahr hindurch als Visionär und jemand, der seinen Träumen Glauben schenkte, neu inspirierend wirken.

 

Sorgender Pflegevater

Auch in der Aachener Pfarrei St. Josef und Fronleichnam hat der Heilige einen wichtigen Stellenwert. Das gilt besonders für die ihm geweihte Josefskirche, seit 2006 Grabeskirche. Ein Artikel aus dem Pfarrbrief von 2008 verweist auf den heiligen Josef als Patron der Ehepaare und Familien, der Jugendlichen und Waisen, der Handwerker (Zimmerleute, Schreiner) und Arbeiter sowie der Reisenden und Verbannten, aber auch als „Patron vom guten Sterben“. Als solcher wird er vor allem im süddeutschen Raum und in Österreich verehrt. „Über Jahrhunderte übernahmen Bruderschaften einen wichtigen Dienst für den ,guten Tod‘, nämlich Sterbebegleitung, Begleitung und Sorge um das Seelenheil der Verstorbenen und deren Beisetzung. Aber auch die Begleitung der trauernden Hinterbliebenen spielte eine wichtige Rolle bei diesem ehrenamtlichen Bürgerengagement, deren Hauptpatron der heilige Josef ist.“

Pastoralreferentin Ursula Heck, an der Grabeskirche für Trauerpastoral und Bestattungskultur verantwortlich, empfindet das Josefspatrozinium als stimmig. Sie verbindet mit ihm die Bezeichnung „Pflegevater“. „In der Trauerpastoral kann das eine neue Füllung bekommen: Trauernde und Menschen, die in die Grabeskirche kommen, um ihrer lieben Verstorbenen zu gedenken, suchen und brauchen die Erfahrung pfleglichen Umgangs mit ihnen und achtsamer Begegnungen in einer schon verwundeten Lebenssituation.“