Die Temperaturen sind einstellig, es regnet an diesem Freitag in Strömen – eigentlich kein Wetter, um draußen auf dem Krefelder Friedhof zu arbeiten. Dennoch knien 22 junge Leute in einer langen Reihe auf Plastiktüten und schrubben unermüdlich die Gedenkplatten auf Soldatengräbern sauber. Zuvor haben sie die Steine von Efeu befreit.
Sie nehmen an der bistumsweiten 72-Stunden-Aktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend teil und möchten „die Welt ein Stückchen besser“ gestalten.
„Keine Schülerin, kein Schüler hat abgesagt“, freut sich Elisabeth Vratz, die Schulseelsorgerin der Marienschule. „Sie sind alle da, obwohl die Rahmenbedingungen besser sein könnten.“ Neben der Marienschule sind die Gesamtschule am botanischen Garten, die Freiherr-vom-Stein-Realschule und das Rhein-Maas Berufskolleg aus Willich dabei.
„Es geht um mehr als nur Gräberpflege“, betont Dominik Kraues, Pastoralreferent und Schulseelsorger in Krefeld-Süd. Er koordiniert das Engagement der Schüler. „Wir begleiten die Jungen und Mädchen auch emotional.“ Dass dies notwendig ist, zeigen die Tränen einer Schülerin beim Rundgang durchs dunkle Krematorium, das allerdings nicht mehr in Betrieb ist.
Josefine Graczyk (15) und Britt Wolters (16) besuchen die Marienschule. „Wir mögen die ruhige und besinnliche Atmosphäre auf Friedhöfen“, erklären sie ihr Engagement. „Wir wollen die Gräber ehren, die an verstorbene Menschen erinnern, an Menschen, die wir verloren haben.“
Die Aktion sei eine schöne Idee, das Wetter so eher nicht geplant, sagen die beiden und lächeln. Sie holen frisches Wasser und lesen, was auf den sauber geschrubbten Steinen steht. „Hermann Schmitz, Gefreiter“ und dann das Todesjahr 1940. Daneben liegt die Platte von Willi Hausmann. Mehr ist nicht mehr zu erkennen.
Luca Peter besucht die Gesamtschule am botanischen Garten. „Ich interessiere mich für die Erinnerungskultur.“ Der 18-Jährige hat bereits ein Praktikum in der Villa Merländer, dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Krefeld, absolviert und ein Jahr am Buch „Emma und der Krieg“ mitgearbeitet. „In Auschwitz war ich auch schon. Man muss die Erinnerung lebendig erhalten“, meint er.
Später geht es weiter zur Grabstelle der Sternenkinder, die mit bunten Windrädern und vielen Blumen bestückt ist. Im Rondell sind Babys begraben, die vor, während und kurz nach der Geburt gestorben sind. „Es ist herzzerreißend“, sagen die jungen Leute. Kraues erklärt: „Sie werden dort nun frische Frühlingsblumen pflanzen.“