Mahnung zum Frieden

Eine Woche war das Aachener Friedenskreuz in den Regionen Mönchengladbach und Heinsberg

Beim Gottesdienst an der Kante lag direkt hinter dem Aachener Friedenskreuz die Tagebaugrube. (c) Garnet Manecke
Beim Gottesdienst an der Kante lag direkt hinter dem Aachener Friedenskreuz die Tagebaugrube.
Datum:
18. Mai 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 20/2022 | Garnet Manecke

Eine Woche war das Friedenskreuz in den Regionen Mönchengladbach und Heinsberg zu Gast. Als Mahnung an die Menschen war es vor 75 Jahren unter den Eindrücken des Zweiten Weltkriegs entstanden. Waren damals die Prozessionen gut besucht, sind die Teilnehmerzahlen heutzutage übersichtlich. Dabei ist die Botschaft wieder so aktuell wie vor 75 Jahren. 

Beim Einzug in den Ort Rheindahlen wurde das Friedenskreuz getragen. (c) Garnet Manecke
Beim Einzug in den Ort Rheindahlen wurde das Friedenskreuz getragen.

Von Enttäuschung möchte Klaus Scholten nicht sprechen. Er hatte die Prozession von St. Mariä Venn nach Rath-Anhoven organisiert. Acht Stunden waren die Pilger unterwegs – wenn sie denn den ganzen Weg mitgegangen sind. Das 150-Kilo-Kreuz mit dem Bildnis des leidenden Jesus im dunklen Holz hatten sie dabei. Allerdings haben sie es nicht den ganzen Weg getragen. „Weil wir nicht genug Träger haben, haben wir das Kreuz auf einen Hänger gestellt und voraus fahren lassen“, sagt Scholten. Etwa einen Kilometer ist das Kreuz vorgefahren, so dass die Pilger es weitestgehend im Blick hatten.

Kurz vor dem Ortseingang Rheindahlen nahmen dann fünf Pilger das Kreuz und trugen es in den Ort. Der Weg führte zu St. Helena, wo die Gruppe im Schatten der Kirche ein Impuls erwartete. Ein Zwischenstopp für die einen. Aber auch Endstation, da einige Pilger hier die ohnehin übersichtliche Gruppe von rund 20 Personen verließen. Angesichts des Kriegs in Europa ist das Thema „Frieden“ so präsent wie kaum in den vergangenen 40 Jahren zuvor.

Das friedliche Neben- und Miteinander der Staaten ist nicht so selbstverständlich, wie angenommen. Wenn der Wunsch nach Frieden und der Protest gegen den russischen Überfall auf die Ukraine auch in vielen Demonstrationen und auch auf Veranstaltungen wie dem Eurovision Song Cotest, der gerade stattfand, zum Ausdruck gebracht wurde, hat die Teilnahme an einer Friedenspilgertour offensichtlich gerade für viele Menschen keine Priorität. „Im Endeffekt darf man nur dankbar sein“, sagt Scholten.

An den Orten, an denen sie einen kurzen Halt machte, wurde die Pilgergruppe freundlich empfangen. Am Josefshaus in Hardt etwa malten Kinder Friedensbotschaften auf den Asphalt des Hofes.  Friedensbotschaften waren auch am Rande des Tagebaus auf dem Asphalt zu lesen.

Start der Tour durch die Regionen Mönchengladbach und Heinsberg war die Citykirche in Mönchengladbach. (c) Garnet Manecke
Start der Tour durch die Regionen Mönchengladbach und Heinsberg war die Citykirche in Mönchengladbach.

 

>>Im Endeffekt darf man nur dankbar sein.<<

Klaus Scholten

 

Zum Abschluss seiner Tour durch die Regionen Mönchengladbach und Heinsberg stand das Friedenskreuz beim „Gottesdienst an der Kante“ direkt an der Tagebaugrube bei Lützerath. Während des Gottesdienstes waren die übermächtigen Bagger, die auch die Reste von Lützerath und fünf weitere Dörfer wegbaggern sollen, die ganze Zeit im Blickfeld der Gottesdienstbesucher. Es ist das zweite Mal, dass das Friedenskreuz an der Tagebaukante steht. Schon im August 2021 war das Kreuz an der Tagebaukante als Teil des Abschlussgottesdienstes des Gorlebener Kreuzwegs. Auch hier müssen die Organisatoren heute damit leben, dass die Teilnehmerzahl wesentlich geringer ist als noch vor neun Monaten. Dabei ist gerade hier die Zerstörung der Schöpfung eindrucksvoll zu sehen. Der letzte Landwirt hat vor einigen Wochen aufgegeben und seinen Hof an den Energiekonzern RWE verkauft. Ein großer Teil des Ortes ist bereits abgerissen. Einige Höfe und Häuser sind von Aktivisten besetzt. Auch eine Baumhaus-Siedlung gibt es. Alles erinnert etwas an den Hambacher Forst. Obwohl es heute hier friedlich ist, liegt es in der Luft, dass dies bald der Schauplatz großer Proteste sein wird.

Gestartet hat die Tour des Friedenskreuzes durch die Regionen in der Citykirche Mönchengladbach. Unter dem Kreuz stand es im Chorraum, eingerahmt von Informationstafeln zu seiner Geschichte. Architekturstudierende haben es gesehen, als sie hier ihre Projektarbeiten für einen Nachbarschaftskiosk im Quartier vorstellten. Auch das könnte man ein Friedensprojekt nennen, wenn es auch vordergründig um die Quartiersentwicklung geht. Aber Frieden fängt eben im Kleinen an: in Familien und Wohngemeinschaften, unter den direkten Nachbarn. Zum Frieden gehört auch, den Schwächeren im System die Teilhabe am sozialen Leben zu ermöglichen, ihnen eine Stimme zu geben und ihnen zuzuhören.

Daran erinnerte der Volksverein bei seinem „Kreuzweg der Arbeit“ mit dem Kreuz von der Citykirche zur Brandts-Kapelle. An den Stationen dieses speziellen Kreuzwegs sprachen Menschen aus dem Treff am Kapellchen, einem Ort für Langzeitarbeitslose und bedürftige Menschen, was Arbeit oder deren Abwesenheit für sie bedeutet. Das Aachener Friedenskreuz ist noch bis zum 21. September im Bistum Aachen unterwegs. Die nächsten Stationen sind Jülich und Eschweiler. Informationen zu Stationen und Terminen sind im Internet abrufbar. Hier kann man auch ein eigenes Statement zum Frieden hochladen.

https://gib-dem-frieden-dein-gesicht.de