Lockruf des Glaubens zur „Schönen am Tejo“

Gruppen aus der Region beim Weltjugendtag in Lissabon

Monumento Cristo Rei – Rio am Tejo. (c) Andreas Drouve
Monumento Cristo Rei – Rio am Tejo.
Datum:
11. Juli 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 28/2023 | Andreas Drouve

Die Spannung steigt. Unaufhaltsam läuft die Uhr zurück, bis sich am 1. August der Vorhang für den sechstägigen Weltjugendtag in Lissabon öffnet. Für viele junge Christen dürfte das internationale Event ihr Glaubensabenteuer des Jahres oder gar des Lebens sein – so auch für Teilnehmende aus der Region Düren. 

Per Flug macht sich eine Gruppe der Jugendkirche Jülich Ende Juli auf den Weg, 2200 Kilometer über Land eine zweite der Dürener Gemeinschaft der Gemeinden St. Lukas. Laut Pastoralreferent Eric Mehenga (44), regionaler Jugendseelsorger für die Region Düren, werden es nach heutigem Stand insgesamt 26 Teilnehmende sein, die den hiesigen Landstrich in Portugals Hauptstadt vertreten. Vor Ort werden sie sich mit weiteren Gruppen aus dem Bistum Aachen treffen.

„Vorfreude“ und „Aufregung“

Eric Mehenga (c) Stephan Johnen
Eric Mehenga

Mehenga, der die Jülicher Gruppe begleiten wird, hat bei den bisherigen Vorbereitungstreffen vor allem „Vorfreude“ und „Aufregung“ ausgemacht. Dabei ging es auch um Annäherungen an Land und Leute, ob bei einer Projektion per Beamer oder einem Quiz: die Sprache, die Geografie, die Kultur, die Gastronomie, die Mentalität der Portugiesen, die Rolle der Kirche in Portugal, die Sehenswürdigkeiten. Für Mehenga bedeutet Lissabon Neuland. Umso gespannter ist er auch persönlich auf die Stadt, die man gerne „die Schöne am Tejo“ nennt.

Lissabon ist ein kosmopolitisches Pflaster, eine der atemberaubendsten Metropolen Europas – und gibt die perfekte Kulisse für den Weltjugendtag ab. Typisch ist das glasklare gleißende Sonnenlicht, das Plätze und Burgmauern einhüllt, über den Flusslauf des Tejo flutet, die Kathedrale überzieht und in den Gassen und metallenen Rillen der Straßenbahnen versinkt. Oben in den Hügeln erstrahlt das Schachtelwerk der Fassaden in Gelb und Blau, in Rostrot, Ocker, Schneeweiß. Hoch über dem Fluss breitet die Monumentalskulptur des Christkönigs (Cristo Rei) ihre Arme über Lissabon aus und verheißt symbolischen Schutz.

Die Gesichter Lissabons

Das Hieronymuskloster ist nicht nur ein spiritueller Ort, sondern auch ein Beispiel der manuelinischen Architektur aus dem 16. Jahrhundert. (c) Andreas Drouve
Das Hieronymuskloster ist nicht nur ein spiritueller Ort, sondern auch ein Beispiel der manuelinischen Architektur aus dem 16. Jahrhundert.

Lissabon – davon werden sich Dürener und Jülicher vor Ort überzeugen – setzt unterschiedliche Gesichter auf. Die Stadt wellt sich über Hügel und punktet mit diversen Aussichtspunkten (Miradouros), besonders schön Santa Luzia und Portas do Sol über dem verwinkelten Viertel Alfama. Überall rattern Straßenbahnen voran. Ihr schrilles Bimmeln zählt zum Sound von Lissabon. Vielerorts tragen Fassaden Azulejos, bunte Schmuckkacheln, die helfen, die Häuser vor Wind und Wetter zu schützen.

Markanter Sakralbau im Stadtkern ist die Kathedrale, kurz Sé genannt. Mit ihrer zinnenbesetzten Doppelturmfassade macht der Bau, der im 12. Jahrhundert kurz nach Lissabons Rückeroberung aus maurischer Hand begonnen wurde, einen wehrhaften Eindruck. Etwas unterhalb der Sé erhebt sich die spätbarocke Kirche Santo António dort, wo der heilige Antonius (um 1195–1231) in seinem Elternhaus zur Welt kam.

Prachtbauten sind die Sternenbasilika (Basílica da Estrela) in einem oberen Stadtteil und das Hieronymitenkloster (Mosteiro dos Jerónimos) im Viertel Belém. Die Anlage mit ihrer 300 Meter breiten Front zählt ebenso wie der zum Schutz der Hafeneinfahrt an den Ufern des Tejo erbaute Turm Belém zum Weltkulturerbe. Beide sind Musterbeispiele des Emanuelstils, einer schnörkelreichen Dekorationskunst, benannt nach König Emanuel (1469–1521). In Belém erinnert außerdem das Entdeckerdenkmal an große Zeiten, als Portugal eine Weltmacht war und Seefahrer wie Vasco da Gama hervorbrachte. In aller Munde ist Belém nicht zuletzt durch die gehaltvollen Cremetörtchen „Pastéis de Belém“, die man im ganzen Land kosten kann.

Beten mit dem Papst

Mit den Fahnen Portugals und der Azoren am Altar und am Ambo und den eigenen Bannern, die sie bereits auf Weltjugendtagen in Panama und Krakau getragen hatten, und vor allem in ihren optimistischen Glaubenszeugnissen und im Fürbittgebet stellte sich die Weltjugendtagsgruppe 2023 schon im März der Gemeinde Mechernich vor. (c) Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Mit den Fahnen Portugals und der Azoren am Altar und am Ambo und den eigenen Bannern, die sie bereits auf Weltjugendtagen in Panama und Krakau getragen hatten, und vor allem in ihren optimistischen Glaubenszeugnissen und im Fürbittgebet stellte sich die Weltjugendtagsgruppe 2023 schon im März der Gemeinde Mechernich vor.

Was genau an Sightseeing in Eigenregie oder beim Rahmenprogramm des Weltjugendtags möglich ist, wird sich zeigen. Ungewiss ist derzeit auch noch die Unterbringung. Laut Mitteilung des Organisationsteams stehen eine Halle, eine Schule oder Zelte als Auswahl im Raum. Diese Vorzeichen machen deutlich: Die Ansprüche an Komfort sind auf ein Minimum herunterzuschrauben. So richtet sich der Fokus umso stärker auf das Wesentliche, das Pastoralreferent Mehenga so skizziert: „Wir werden andere Nationalitäten treffen und kennenlernen, junge Menschen aus der ganzen Welt, die Jesus Christus folgen. Wir werden gemeinsam mit ihnen und dem Papst beten.“ Die Begegnung mit Papst Franziskus verspreche „eine große Freude“, sagt Mehenga. Er stuft es als „wirklich faszinierend“ ein, dass der Glaube diese „Strömung“ in Gang setzt, vom ganzen Erdball her auf höchst verschiedene Arten anzureisen.

Man braucht kein Prophet zu sein, um ein einzigartiges Erlebnis zu prognostizieren. Es wird für jeden einzelnen prägend sein und sicher lange nachwirken, um sich daheim in der Kirche weiter einzubringen. Allein das dynamisch gestaltete Logo des Weltjugendtages – mit Maria im Aufbruch, einem Kreuz, einem Rosenkranz und einem Weg in die Weite – ist den Worten des Organisationsteams zufolge „eine Einladung an junge Menschen, sich nicht anzupassen und aktiv Handelnde beim Aufbau einer fairen und geschwisterlichen Gesellschaft zu sein.“ Dürener und Jülicher werden mittendrin sein bei all den Anstößen und einer Feier des Glaubens, bei der man unter Gleichgesinnten Weltkirche und Gemeinschaft erlebt – und sicher neue Freundschaften schließen kann.