Mit seiner Kampagne „daRUm!“ will der Deutsche Katechetenverein (DKV) jetzt auch im Bistum Aachen kreativ Antworten auf die Warum-Frage geben. Einen ersten Aufschlag gab es dazu in der Citykirche St. Nikolaus in Aachen. Das Schlagsaitenquartett spielte Interpretationen bekannter Filmmusik und klassischer Gitarrenstücke, Bischof Helmut Dieser, verhindert durch die „Meet and eat“- Aktion, sandte eine Grußbotschaft per Video. Religionsunterricht gebe eine Möglichkeit, religiöses Leben auszutesten, sagte er dort. Und zeichnete das Bild eines Tisches mit drei gleichen Beinen, an dem es fröhlich, einladend und spannend zugehe und an dem deutlich werde: „Das Leben stellt Fragen, der Religionsunterricht stellt Fragen und die Kirche ist in Bewegung.“ Den Verstand schärfen für die Schätze des Lebens, das wünsche sich der Bischof vom Religionsunterricht. Wie die Schüler das selbst sehen, beantwortete eine Umfrage unter Schülerinnen und Schülern der Domsingschule. Die finden den Religionsunterricht wichtig, „weil man dort etwas über die Gemeinschaft lernt“. Auch die Grundlagenvermittlung, wie zur Bedeutung der Zehn Gebote, kommt an: „Wenn ich wissen will, wie ich mich verhalten soll, kann ich mich daran halten“, sagt eine Schülerin. Ein anderer Schüler findet gut, dass man über Themen redet, für die sonst nicht so viel Zeit ist. Schüler höherer Stufen behandeln im Reli-Unterricht auch Themen wie Ausgrenzung und Mobbing.
Doch unbestreitbar ist die Bedeutung von Kirche und Religion in den vergangenen Jahren geschrumpft. Zwar besucht deutschlandweit noch immer ein Drittel aller Kinder den katholischen Religionsunterricht. Doch die Zahl werde weiter schrumpfen, glaubt auch Guido Meyer, Professor für Religionspädagogik an der RWTH und Vorsitzender des DKV-Diözesanverbands. Die alte Trias Kirche – Familie – Schule, zur Vermittlung von religiösen Werten, breche immer weiter auf. Übrig bleibe nur noch die Schule. Kathrin Haupts, Lehrerin für Mathematik und Religion am städtischen Gymnasium Baesweiler, macht diese Erfahrung schon jetzt: „Das Vorwissen ist noch da, aber die Schüler bekommen vom Elternhaus immer weniger religiöses Alltagsleben mit.“ Religionsunterricht empfinden viele als einen wichtigen Baustein zur Persönlichkeitsfindung und -bildung. Das unterstreicht der DKV in seiner Kampagne „daRUm!“ mit provozierenden Plakat- und Postkartenmotiven, die mit flotten Sprüchen jugendgerecht ergänzt werden.
Als Bekenntnisunterricht steht konfessioneller Religionsunterricht unter staatlichem Schutz. Sowohl die nordrhein-westfälische Landesverfassung als auch das deutsche Grundgesetz schreiben ihn fest. Ein sicherer Stand sei das aber nicht, meint Meyer: „Sollte sich die politische Einstellung dazu ändern, kann das auch sehr schnell vorbei sein.“ Schon jetzt gibt es Stimmen, die den Religionsunterricht durch einen Ethikunterricht ersetzen möchten.
Doch reicht Wissensvermittlung alleine aus? Nein, sind sich alle Anwesenden an diesem Abend einig. Um Werte wie Toleranz, Nächstenliebe und Mitgefühl wirklich nachzuvollziehen, muss man sie leben können. Diese Dimension könne nur der Religionsunterricht leisten, gerade jetzt, wo die Gesellschaft weltweit vor großen ethischen Herausforderungen stehe. Doch wie soll die Zukunft eines konfessionellen Religionsunterrichts aussehen? „Der Religionsunterricht wird ökumenischer und interreligiöser werden“, prognostiziert Meyer. Sechs Schulen aus dem Bistum werden zum Herbst einen kooperierenden Religionsunterricht anbieten, bei dem je eine katholische und eine evangelische Lehrkraft gemeinsam Religion unterrichten. Die Schule von Kathrin Haupts ist vorerst nicht dabei. Dennoch findet sie eine verstärkte Kooperation wichtig: „In Bezug auf den Islam gibt es viele Vorurteile, da hilft der interreligiöse Dialog.“ Damit der Religionsunterricht an Schulen erhalten bleibe, sei es wichtig, dessen Bedeutung immer wieder in die Öffentlichkeit zu tragen, sagt Guido Meyer: „Nur so kommen wir weiter.“