Leitung ist Teamarbeit

Ab 2024 verändert sich das Gesicht des Bistums Aachen. Wie die nächsten Schritte aussehen

(c) Bistum Aachen/Heike Lachmann
Datum:
14. Dez. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 50/2023 | Stephan Johnen

Nach der jüngsten Synodalversammlung steht nunmehr die Beratung im Priesterrat und Diözesanpastoralrat über die 44 Pastoralen Räume an, die im Laufe des Jahres in den acht Regionen des Bistums erarbeitet wurden. Per Dekret wird Bischof Helmut Dieser diese dann nach einem Votum der diözesanen Räte festschreiben. Wie nunmehr die nächsten Schritte aussehen, fragt die KirchenZeitung Andreas Schreib, den Leiter der Stabsabteilung Strategiemanagement aus dem Bischöflichen Generalvikariat.

Andreas Schreib (c) Bistum Aachen/ Andreas Steindl
Andreas Schreib

Herr Schreib, wie sehen konkret die nächsten Schritte aus?

Der Priesterrat und der Diözesanpastoralrat geben bis zum 15. Dezember ein Votum abgeben. Im Sinne einer möglichst breiten Beratung und Unterstützung der neuen pastoralen Strukturen hat der Bischof in den vergangenen Monaten bereits weitere Räte und Gremien sowie eine breite Öffentlichkeit in die Beratung einbezogen. Die Summe sämtlicher Beratungen und Daten ist die Grundlage für die Entscheidungen des Bischofs.

Zum 1. Januar 2024 wird er per Dekret die territoriale Beschreibung der Pastoralen Räume formal in Kraft setzen. In den Pastoralen Räumen werden künftig die Orte von Kirche vernetzt sein, der pastorale Nahraum der Zukunft. Die Gemeinschaften der Gemeinden existieren zunächst weiter und vollziehen solide und begleitet ihre eigene Transformation/ihren eigenen Umbau.


Welche Termine sind bereits im Kalender markiert?

Wir haben zwei Termine, zu denen Pastorale Räume aktiviert und personalisiert werden. Pastorale Räume, die territorial genau mit einer bisherigen Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) übereinstimmen, werden zum 1. Juli 2024 errichtet. Werden bisherige Strukturen zusammengefasst oder müssen GdG-Grenzen verändert werden, wird der Pastorale Raum zum 1. Januar 2025 errichtet.

Die Aufgabe in den ersten Monaten würde ich mit „Identifikation und Aneignung“ überschreiben. Die Gremien werden sich zunehmend mit der Ausgestaltung der neuen Räume und Flächen beschäftigen, auch mit der Frage nach einem Namen für den Pastoralen Raum; wir machen die neuen Räume nach und nach zu unseren Räumen. Das ist ein langer Weg, viel Arbeit und wird Abschiede, aber immer auch Aufwind und Aufbruchstimmung mit sich bringen.  

Was hat es mit dem Zieltermin 2028 auf sich?

Unser Verständnis von dem, was wir als Pfarrei bezeichnen, wird sich bis 2028 wandeln. Bisher war die Pfarrei der pastorale Nahraum. In der neuen Funktion wird sie zur Rahmenstruktur, die den Job hat, die vielfältigen Pastoralen Räume innerhalb dieser Pfarrei zu vernetzen. Die Kirche der Zukunft bleibt ganz in unserer Nähe in den Orten von Kirche. Bei den anstehenden Umbauarbeiten sind die Teams vor Ort nicht allein, sondern werden von uns unterstützt. Wir klären bereits mit Hilfe der Regionalteams ab, welche Form von Beratungs- und Begleitungsbedarf für Pastoral und Kirchenvorstände es gibt.

 

Ist die Reduzierung der Pfarreien im Bistum Aachen auf acht bis spätestens Ende 2027 kirchenrechtlich geklärt?

Die Schritte aus Aachen wurden positiv bewertet und wir wurden bestärkt, diesen Weg weiter zu beschreiten. Bedingung ist es, dass wir die Menschen auf diesem Weg mitnehmen. Mit den aktuellen Entwicklungen knüpfen wir im Bistum Aachen an  eine lange Tradition an: beginnend mit den Weggemeinschaften, wie Bischof Hemmerle sie vor Augen hatte, über die Gemeinschaften der Gemeinden, ins Leben gerufen von Bischof Mussinghoff, hin zu den Pastoralen Räumen, wie sie dem „Heute bei dir“-Prozess, ausgerufen von Bischof Dieser, entwachsen. So begegnet das Bistum Aachen den Anfragen der jeweiligen Zeit auf seine Weise und Schritt für Schritt.

 

Wer leitet wie die Pastoralen Räume in der Übergangszeit?

Zum 1. Januar werden verantwortliche Koordinations- beziehungsweise Ansprechpersonen, sogenannte Promotor/-innen, benannt und vom Bischof beauftragt. Sie koordinieren die Phase des Übergangs hin zur Errichtung der Pastoralen Räume im Übergang zum 1. Juli 2024 beziehungsweise 1. Januar 2025. Nach zirka zwölf Monaten ist die Aufgabe der Promotor/-innen erledigt. Mit Errichtung der Pastoralen Räume werden dann die Leitungen verbindlich ernannt. Mit der Auflösung der Gemeinschaft der Gemeinden nach der Übergangszeit wird der bisherige Leiter entpflichtet.

Für die neuen Leitungen werden Ernennungsurkunden – befristet bis zum 31.12.2027 – durch den Bischof ausgestellt. Ist der Pastorale Raum im Übergang deckungsgleich mit einer bisherigen GdG, die gleichzeitig Pfarrei ist, ist der Pfarrer auch Leiter des Pastoralen Raums. Er übt die Leitung gemeinsam mit weiteren haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden aus, die zur Teilhabe an der Leitung beauftragt werden. In allen anderen Fällen, in denen der Pastorale Raum aus mehreren Pfarreien besteht, wird ein Leitungsteam gebildet. Die konkrete Aufgabenverteilung wird mit einem Geschäftsverteilungsplan geregelt. Das Leitungsteam wird nach Anhörung der pastoralen Gremien des Pastoralen Raums vom Bischof beauftragt.

 

 

(c) Bistum Aachen

Wer leitet ab 2028 die acht Pfarreien?

Die Leitung einer Pfarrei obliegt einem Pfarrer, so regelt es das Kirchenrecht. Die Zielperspektive ist, die Leitung mehreren Priestern solidarisch als Pfarrer in solidum zu übertragen. In Ausgestaltung und Weiterführung dieses Ansatzes sollen auf Ebene der Pfarrei Laienmitarbeitende in Haupt- und Ehrenamt an der Ausübung der Leitungsverantwortung beteiligt werden. Zur Besetzung der Leitungen wird es ein Bewerbungs- und damit Auswahlverfahren geben. Das ist ein Qualitätsversprechen. 

 

Was bedeutet Leitung einer Pfarrei in solidum?

Das Leitungsmodell in solidum versteht sich als Teammodell. Zwei Priester werden auf der Grundlage des Kirchenrechts zu Pfarrern für eine Pfarrei ernannt und leiten diese solidarisch und sinnvollerweise auf der Basis eines Geschäftsverteilungsplans. Teamfähigkeit und Passung sind dabei essenziell. Auf diese Weise kann der Kollegialitätsgedanke gestärkt und Arbeitsbelastung geteilt werden. Das Teilen von Verantwortung ist ein Trainingsfeld, das hier beginnt und in der Zusammenarbeit mit Haupt- und Ehrenamt konsequent weitergeht.

 

Welche Gremien gibt es künftig in einem Pastoralem Raum?

Der Rat des Pastoralen Raumes übernimmt wesentliche Aufgaben der bisherigen GdG-Räte. Er entscheidet mit Blick auf die Lebenswirklichkeit der Menschen und auf den jeweiligen Sozialraum vor Ort über die Ausrichtung der Pastoral und fördert die einzelnen Orte von Kirche und ihre Vernetzung. Er ist das Gremium, in dem Prozesse und Aufgaben abgestimmt und Informationen ausgetauscht werden. Er setzt sich zusammen aus zwei von der Personalabteilung des Bistums benannten und beauftragten Hauptamtlichen, sowie zwei gewählten Kirchenvorstands-Vertretungen und vier oder sechs gewählten Ehrenamtlichen. Die Mitglieder nehmen Verantwortung für den gesamten Pastoralen Raum wahr. Die Zusammensetzung der künftigen „Vollversammlung“ ist noch im Er-arbeitungs- und Aushandlungsprozess. 

 

Wie werden die Räte künftig gewählt?   

Ab 2025 findet die Wahl der künftigen Räte nicht mehr auf der Ebene der GdG statt, sondern auf der Ebene des Pastoralen Raums. Alles Weitere regeln Satzung und Wahlordnung des Rats des Pastoralen Raums im Übergang, die in Beratung mit den diözesanen Gremien zu erarbeiten sind.  


Was passiert mit den aktuell gewählten Gremien?

Aufgrund der laufenden Legislaturperiode sind zwei Phasen zu unterscheiden. In Phase 1 bis Ende 2025 bleiben die legitimierten Gremien (GdG-, Pfarrei- und Gemeinderäte) bestehen. In den Pastoralen Räumen, die identisch mit einer bisherigen GdG sind, wird der GdG-Rat in den Rat des Pastoralen Raums überführt und entsprechend umbenannt. Setzt sich ein Pastoraler Raum aus mehreren GdG zusammen, so entsenden die bestehenden GdG in Proportionalität zur Katholikenzahl ihrer jeweiligen GdG Mitglieder in den Rat des Pastoralen Raums im Übergang. Kommt es bei der Errichtung der Pastoralen Räume im Übergang zur Aufteilung von GdG, werden Einzelfalllösungen entwickelt. In Phase 2 ab dem 1. Januar 2026 beginnt die Amtszeit des neu gewählten Rats des Pastoralen Raums.

 

Auf welcher Grundlage basieren die neuen Rechtsstrukturen in den Pastoralen Räumen?

Die Grenzen der Pastoralen Räume sollen zukünftig in der Regel auch die Grenzen der Kirchengemeinden bilden. Diese stellen als Körperschaften des öffentlichen Rechts die Verwaltung des Kirchengemeindevermögens sicher. In begründeten Fällen können bis zu maximal drei Körperschaften des öffentlichen Rechts auf dem Gebiet eines Pastoralen Raums errichtet werden. Dafür kann es gute Gründe geben, aber es muss sie auch geben, wir verlieren in der Verständigung und Einigung unter zu vielen kleinen Einheiten einfach zu viel Zeit und Kraft, die wir in die Pastoral investieren wollen: Genau da ist unser Auftrag.