Seit gut sieben Jahren leitet Tobias Schroe-der die Holzwerkstatt des Volksvereins Mönchengladbach. Der Schreinermeister hat mit dem Job seine Berufung gefunden. Er weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, wenn die Startbedingungen nicht ganz optimal sind. Menschen zu fördern und ihnen damit wieder neue Möglichkeiten zu ermöglichen, ist sein Herzensanliegen.
Das Foto soll an der Kreissäge gemacht werden. Im Hintergrund ist dann der Tisch, der gerade aufgearbeitet wird, zu sehen. Das passt. Tobias Schroeder lehnt an der Maschine und lächelt, bereit für das Foto. Doch bevor der Auslöser gedrückt wird, fällt ihm noch etwas Wichtiges ein. „Ich muss noch den Ring anziehen“, sagt er und geht in sein Büro, um den Ehering zu holen. Bei der Arbeit trägt er ihn gewöhnlich nicht. Zu groß ist die Gefahr, damit irgendwo hängen zu bleiben und sich zu verletzen. Aber für das Foto gehört der Ring unbedingt dazu.
Diese kleine Episode erzählt die Geschichte eines Mannes, dem die zwischenmenschlichen Beziehungen wichtig sind. Nicht nur im Privaten, sondern auch bei der Arbeit. Es ist kein Job von der Stange, den Tobias Schroeder beim Volksverein macht. Er arbeitet mit Menschen, die aus vielfältigen Gründen auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Stelle finden. Auch bei seinem eigenen Start ins Berufsleben musste er eine Hürde überwinden.
„Ich habe den Realschulabschluss gemacht“, sagt Schroeder. Bei der Entscheidung für eine Ausbildung musste er berücksichtigen, dass er Legastheniker ist. Wegen der Rechtschreibschwäche fielen kaufmännische Berufe im Büro weg. „Es war schnell klar, dass ich etwas Handwerkliches machen wollte. Hätte mein Opa noch gelebt, wäre ich Bäcker geworden“, sagt Schroeder. Der Beruf des Physiotherapeuten sprach ihn an, aber dann stellte er in einem Praktikum fest, dass es doch nicht das Ideale für ihn war.
Die Wahl fiel schließlich auf die Schreinerausbildung. „Ich dachte, das schaffe ich“, sagt er. Mit Holz, einem lebendigen Werkstoff, zu arbeiten, konnte er sich gut vorstellen. Er fand eine Lehrstelle und begann im Alter von 15 Jahren seine Ausbildung. Seine erste Stelle nach der Ausbildung bekam er über ein Förderprogramm. „Der Meister wollte mich nicht behalten, als die Förderung auslief“, sagt Schroeder. In einem Gespräch bekam der junge Mann damals mit, dass sein Vorgesetzter seine Meisterprüfung nicht im ersten Versuch bestanden hatte. „Ich habe dann nur gedacht ‚Dir zeig ich’s. Ich mach’s im ersten Versuch‘“, erinnert sich der 34-Jährige. Er hatte exakt die erforderlichen drei Gesellenjahre zusammen, als er sich zum Meisterkurs anmeldete. Die Prüfung schaffte er auf Anhieb.
Gleich danach fand er die Stelle als Arbeitsleiter beim Volksverein. Schroeder hat neben seiner Handwerksausbildung auch eine Ausbildung zum Arbeitstherapeuten. Die kann er bei seinem Job gut gebrauchen. „Unsere Leute haben keine Diagnose, aber sie sind lange aus dem Arbeitsalltag raus“, sagt er. Dazu kommt, dass viele Mitarbeitende Probleme haben, die durch die Arbeitslosigkeit entstanden sind oder dazu geführt haben. „Meine Aufgabe ist es, sie nach ihren Fähigkeiten einzusetzen“, sagt Schroeder. Oft wird er von seinen Leuten positiv überrascht. „Es ist schon toll zu sehen, wie sich die Gruppendynamik positiv auswirkt“, sagt er. Dass er nun anderen etwas zeigt und beibringt, macht ihm besonders viel Spaß. „Meine Frau und meine Freunde sagen immer, dass ich dann viel glücklicher bin“, sagt er – und das sieht man ihm an.