Die Tagespflege „Lebensfreude“ in Hückelhoven-Baal hat jetzt auch eine Weihnachtskrippe. Pater Anton hat sie zum ersten Adventssonntag eingesegnet. Das Besondere daran: Die Krippe ist eine Gemeinschaftsarbeit der Tagesgäste, die unter Anleitung von Hans-Peter Kempen und Ulrike Peters von den Rurdorfer Krippenfreunden entstanden ist. Ein gelungenes „Premierenwerk“ für den Verein und die Tagespflege.
„Da simmer dabei, dat is prima“, klingt es durch den Keller an der Krefelder Straße 26 in Baal, während die Pinsel über die Fassade streichen. Das ist zwar wenig weihnachtlich, passt aber zur Stimmung der handwerkenden Seniorenschar, die gerade damit beschäftigt ist, der Krippe den letzten Anstrich zu verpassen. Das Dabeisein und Mittun, die – passend zum Namen des Hauses – Lebensfreude und Begeisterung an dem, was geschaffen worden ist, stehen im Vordergrund. Aber natürlich kann sich das Ergebnis sehen lassen – Ehrensache für die Rurdorfer Krippenfreunde aus der Nähe von Linnich und natürlich auch wichtig, da das weihnachtliche Ensemble ab sofort jedes Jahr im Eingangsbereich des Hauses für alle sichtbar aufgebaut werden soll.
„Wir bieten viele Kurse für Kinder an, arbeiten mit Erwachsenen – aber gerade die alten Menschen haben so viel Liebe zurückgegeben, dass es für uns sehr schön war, diesen Kurs zu halten“, schwärmt Hans-Peter Kempen geradezu. Zum ersten Mal hat er mit seiner Vereinskollegin Ulrike Peters einen Workshop mit hochaltrigen und zum Teil auch demenziell veränderten Menschen angeboten. Dabei gilt es, besondere Rücksicht auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten zu nehmen.
„Wie man so schön sagt: Wir haben die Menschen dort abgeholt, wo sie stehen“, sagt Kempen, der durch seine Familie Erfahrungen mit Demenz hat und keine Berührungsängste kennt. Auch dann nicht, wenn Marianne von ihrer Sitznachbarin angestupst wird, die ihr zuflüstert: „Was machen wir hier eigentlich?”, und sich leicht mokiert: „Die behandeln uns ja wie Kinder.“ Hans-Peter Kempen geht gar nicht darauf ein, erklärt noch einmal gelassen, was als nächstes auf der To-do-Liste steht. Schnell ist das anfängliche Fremdeln Geschichte, wenn der Kittel ange- zogen ist, der Pinsel oder Schwamm in die Hand genommen wurde und das Tun im Vordergrund steht.
Christian Nerlich, Geschäftsführer der „Lebensfreude”, ist begeistert. „Ich wollte schon in meiner Zivildienstzeit einen solchen Kurs anbieten”, sagt er und ist darum froh, dass die Rurdorfer Krippenfreunde für sein Ansinnen direkt offen waren. Denn es geht um mehr als einen Schmuck für die Tagespflege: Neben dem wohltuenden Miteinander und einem bereichernden Angebot für die Tagespflege wird die Feinmotorik geschult. Alte Fertigkeiten, die längst vergessen schienen, kommen wieder zum Vorschein. Ein ehemaliger Anstreicher etwa, der sich für den Krippenbau gemeldet hatte, erkannte: „Das muss anders gemacht werden!“ Er ergriff die Initiative und brachte sich beim Bemalen der Fassade mit Fachkompetenz ein.
Mindestens ebenso wichtig: Krippen wecken Erinnerungen und Gefühle. „Es kommen so viele Emotionen hoch aus der Kindheit und auch der jüngsten Vergangenheit. Das hätte ich so nie erwartet“, sagt Hans-Peter Kempen sichtlich bewegt. So wollte eine Teilnehmerin auf keinen Fall „Ihr Kinderlein, kommet“ bei der Krippeneinweihung singen. „In diesem Jahr ist meine Mutter gestorben“, vertraute sie dem Krippenbaumeister an, „und wenn wir das singen, muss ich weinen.“
Als die Figuren – die Heilige Familie im Zentrum, flankiert von Hirten und Schafen, sowie die bereits anreisenden drei heiligen Könige – platziert waren, stand schon fest: Das wird nicht der letzte „Schliff“ an der neuen Krippe im Haus „Lebensfreude“ gewesen sein. „Wir sind schon gefragt worden“, verrät Hans-Peter Kempen lächelnd, „ob wir im nächsten Jahr die Krippe in einem neuen Workshop erweitern möchten.“ Und Potenzial gibt es noch einiges: Eine Brücke etwa könnte sich der Krippenbaumeister vorstellen. Oder einen Wasserlauf. Sicher werden die Rurdorfer Krippenfreunde mit Unterstützung des Lebensfreude-Teams 2024 passende Ideen entwickeln.