Komm, let’s move!

Was eine offene Jugendeinrichtung zur Gesundheit beitragen kann

Lets Move (c) Jugendzentrum D-Hof
Lets Move
Datum:
29. Aug. 2017
Von:
Andrea Thomas
Was 2014 als Projekt zur Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen im Aachener Brennpunktstadtteil Driescher Hof angefangen hat, ist inzwischen aus der Jugendarbeit der offenen Tür „D-Hof“ nicht mehr wegzudenken.
Lets Move Quadrat (c) Jugendzentrum D-Hof
Lets Move Quadrat

 Aus den kleinen und größeren Besuchern sind Naturkinder, Gartenspezialisten, Gemüse- und Obst-Fans, Küchenprofis, Kletterkinder und Sportskanonen geworden. Ein Beispiel dafür, wie offene Jugendarbeit das Heranwachsen positiv begleiten kann.

„Der Anteil von Armut betroffener Kinder und Jugendlicher in unserem Stadtteil liegt über dem Bundesdurchschnitt. Armut hat nachweislich auch Einfluss auf die Gesundheit. Da wollten wir aktiv gegensteuern“, sagt Sandra Jansen, Leiterin des D-Hofs. Das war Startimpuls für „Let’s move“, wie das Team der offenen Tür sein Projekt getauft hat. Dass aus der Idee, Kinder und Jugendlichen über verschiedene Angebote Spaß an Bewegung und gesunder Ernährung zu vermitteln, tatsächlich ein Projekt geworden ist, dafür sorgt seit dem Sommer 2014 die finanzielle Förderung durch das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen. „Ohne diese Mittel könnte ich keine der in dieser Zeit entstandenen Ideen und Projektbausteine finanzieren“, erklärt Sandra Jansen nüchtern. Daran, wie „Let’s move“, das längst zum festen Bestandteil des Konzepts geworden ist, nach dem Auslaufen der Förderung zum Jahresende weiterbestehen kann, arbeitet sie gerade.

Das Projekt setzt an den Interessen und Ressourcen der Kinder und Jugendlichen an, bezieht sie aktiv mit ein und ermöglicht so allen Beteiligten (Leitung, Team, Kinder, Jugendliche, Eltern, Nachbarn aus dem Viertel) miteinander und voneinander zu lernen. So hat es über die drei Jahre hinweg eine Eigendynamik entwickelt und ist stetig gewachsen. Es bezieht nicht nur die Besucher des Jugendzentrums, sondern auch die beiden offenen Ganztagsschulen Driescher Hof und am Rödgerbach mit ein. Zu den Projektbausteinen gehören wöchentliche Koch- und Ernährungsangebote wie „Geschmackssache“, die „Sandwich-Station“, Familienkochen oder das Abendbrot im Teenie- und Jugendtreff. Sie fördern das soziale Miteinander und machen mit frischen und gesunden Lebensmitteln vertraut. Viele ihrer Kinder und Jugendlichen hätten so Obst und Gemüsesorten kennengelernt, die sie vorher nicht kannten, erzählt Sandra Jansen. „Einer unserer Jungs kannte Kartoffeln bis dahin nur aus dem Glas. Der ist ganz stolz nach Hause gegangen und hat seiner Mutter erklärt, die gebe es auch im Sack, die seien billiger und auch viel leckerer.“ Auch der Obstteller auf der Theke, an dem sich alle bedienen dürften, sei super angekommen und angenommen worden.

Für Nachschub auf den Tellern sorgt auch das „Green-Team“ des D-Hofs, eine Gruppe begeisterter Nachwuchsgärtner aus Kindern und Betreuern. Gestartet sind sie mit selbstgebauten Hochbeeten. Es folgte ein selbstangelegter Komposter (der aktuell von Kürbispflanzen überwuchert wird) und ein großes begehbares Beet. Neu sind seit diesem Sommer Hochbeete vor der Einrichtung, die ebenso wie eine Bank die Nachbarn einladen, etwas von den Kräutern zu ernten oder eine kleine Verschnaufpause im Grünen zu machen. Neben den bereits erwähnten Kürbissen hat das „Green-Team“ bereits mit Erfolg Kräuter, Salat, Zucchini, Bohnen, Gurken und Kartoffeln angebaut und, tatkräftig unterstützt von Eltern, Mitarbeitern und Freiwilligen Obststräucher gepflanzt. „Das ist toll, mit welcher Begeisterung die bei der Sache sind“, schwärmt Sandra Jansen. Das schließt auch das Mitarbeiterteam ein, das sich von Anfang an mit vielen Ideen, Talenten und Leidenschaft eingebracht haben.

 

Kletter- und Spielstation für die Kids, Calisthenics-Anlage für die Teens

Der dritte Projektbaustein ist die Bewegung. Wie in jeder Jugendeinrichtung gab und gibt es im „D-Hof“ feste Sportangebote von Fußball bis Tanzen. „Wir wollten aber auch denen Lust an Bewegung machen, die sich nicht auf ein regelmäßiges Angebot festlegen möchten.“ So sei die Idee zur „Real-Playstation“, einem Erlebnisspielgerät im Außengelände, entstanden, berichtet Leiterin Sandra Jansen. Dazu gehören unter anderem ein Kletterhaus, eine Rutschstange und verschiedene Rampen, über die man in das Häuschen gelangt und die einladen, nach Herzenslust zu spielen und zu toben. Nebenbei werden Kreativität und Motorik gefördert. Ein voller Erfolg, bei dem die elektronische Schwester regelmäßig das Nachsehen hat. Doch nicht nur die Kleinen sollten in Aktion gebracht werden, auch die Großen. Mit der neuen Calisthenics-Anlage ging dieser Wunsch Anfang Juli in Erfüllung. Möglich wurde das dank einiger Sponsoren, des Einsatzes von Mitarbeitern von Aachens großem Konfitüren- und Süßwarenproduzenten beim „Social Day“ und der tatkräftigen Hilfe der Jugendlichen selbst. Sie haben unter anderem bei der Vorbereitung des Fundaments und der Verschönerung des Umfelds der Anlage mit angepackt.

Genutzt wird die Anlage zurzeit unter anderem im Rahmen des beliebten Boxtrainings im D-Hof. Weitere Calisthenics-Angebote – Calisthenics ist ein Trainingsprogramm zum Muskelaufbau, bei dem vor allem das eigene Körpergewicht genutzt wird – sollen in den nächsten Wochen folgen. „Let’s move“ hat im D-Hof viel in Bewegung gebracht, nicht nur was die Gesundheitsförderung betrifft, auch im Miteinander. So schauten die Jugendlichen vor ihrem wöchentlichen Abendbrot immer, ob es etwas zu ernten gebe, erzählt Sandra Jansen: „Die Großen schätzen, was die Kleinen geleistet haben. Da verändert sich etwas.“

Aubergine (c) Jugendzentrum D-Hof