Kirchenglocken sind freudige Instrumente. Ihr Schlag ist mehr als nur ein Ton. Sie läuten die Gemeinde zusammen, zeigen die Uhrzeit an und sind Glaubensverkündigung. Glocken lassen auch in den Seelen der Gläubigen etwas mitschwingen.
Gerade an Karfreitag und Karsamstag, wenn es in die Grabesruhe geht, wird darauf geachtet, dass wirklich alles schweigt. So ist es Tradition, dass die Glocken ab dem Gloria in der Messe am Gründonnerstag nicht läuten und auch die Orgel nicht gespielt wird. Es gibt aber auch andere Gründe, die sie verstummen lassen.
Dem Volksglauben nach fliegen die Glocken nach Rom, um sich dort den Ostersegen des Papstes zu holen. In Frankreich übernehmen die aus Rom zurückkehrenden Glocken die Rolle des Osterhasen als Eier- und Gabenbringer. In Deutschland ist der Hase selbst aktiv. So viel zum Volksglauben.
In Krefeld gab und gibt es noch weitere Geschehnisse, warum die Glocken zeitweise oder für immer stumm sind. Noch aus der alten Margaretenkirche in Linn stammen die beiden Glocken, von denen die kleinere noch ins späte Mittelalter datiert und dem 13. Jahrhundert zugerechnet wird. Sie ist geborsten und steht nun neben dem Eingang, für immer stumm, aber für ewig zur Kirche gehörend.
Viel Geschichte umweht den 30 Meter hohen Turm von St. Anna. Dort erklingen die fünf prachtvollen Exemplare nicht nur, sie werden zu den verschiedenen Kirchenzeiten auch anders geläutet. Auch sie waren nicht immer zu hören.
Die fünf Glocken aus einem Guss wurden 1942 abgehängt und kamen auf den Glockenfriedhof im Harz. Dort wurden sie gelagert, um eingeschmolzen in der Rüstungsindustrie Verwendung zu finden. Dieses Schicksal blieb den bronzenen Klangkörpern von St. Anna erspart. Sie kamen 1950 zurück.
Die Glocken heißen der Größe nach geordnet: ,Maria Immaculata‘; sie ist die größte und als einzige von 1966. Es folgen ,Herz Jesu‘, ,Joseph‘, ,Anna‘ und ,Joachim‘. Sie sind 3566, 1969, 1416, 983 und 820 Kilo schwer. Ihre Schlagtöne sind h°, d‘, e‘, fis‘ und g‘. Sie stammen alle aus dem Jahr 1905 aus der Gießerei Otto in Bremen.
Was beachtenswert ist: Die große Glocke ist 1963 beim Totengeläut für den gestorbenen Papst Johannes XXIII. gesprungen und musste ersetzt, nachgegossen, werden und fügt sich mit Wohlklang ein. Sie zeigt nun wieder den Stundenschlag an.
Noch ein Hinweis auf die Langlebigkeit der Bronzen. Eine der ältesten noch läutenden Glocken Krefelds hängt in St. Cyriakus in Hüls, heißt Christina und lässt ihren Ton dreimal täglich zuverlässig erklingen, was ziemlich strapaziös für die alte Dame ist. Christina wurde 1356 gegossen und funktioniert heute noch. Mit der bronzenen Nummer Zwei, genannt Cäcilia, werden beispielsweise 1700 Kilogramm hin- und hergeschwenkt, damit das b° erklingt.
Bewusste Zuhörer erkennen am Geläut die Kirchenzeit. Zur Fastenzeit erklingen die Glocken bedächtiger, in Moll. Nach dem Gloria in der Auferstehungsfeier in der Osternacht ertönt das volle freudige Geläut. Dann seien die Glocken aus Rom zurückgekehrt, sagt der Volksmund.