Das kennt der Kirchenbesucher: Der Gläubige sitzt in der Bank, steht oder kniet, und die Messe wird gelesen. Gotteshäuser sind außer Orten der Frömmigkeit aber auch Orte von Geschichte und Geschichten. Seit sechs oder sieben Jahren, so genau weiß Initiator Bernhard Rietfort es spontan auch nicht mehr, bietet der Dozent des Katholischen Forums für Erwachsenen- und Familienbildung Düren-Eifel regelmäßig die Sonntagskult(o)ur an, eine Entdeckungsreise zu den Kirchen in den beiden Regionen.
Der Blick wird auf das Detail gelenkt: Die Kanzel zum Beispiel, natürlich längst nicht mehr genutzt, ist original 18. Jahrhundert. In dieser Zeit wurde St. Amandus, das kleine Schmuckstück in Müddersheim bei Vettweiß, erbaut. Letzte Station der Sonntagskult(o)ur 2019. Einst hatte der Ort regionale Bedeutung, die an das Adelsgeschlecht Geyr zu Schweppenburg und Müddersheim geknüpft war. Sie erwarben 1707 die Burg im Ort und stifteten eben auch die kleinen Kirche.
Davon zeugt heute noch der kleine Betraum, dessen Decke die Wappen der Familie schmücken. Er liegt direkt neben dem Altarraum und hat zwei große fensterartige Öffnungen, durch die die Familie der Messe folgen konnte. Noch heute lebt ein Ahne im Ort und engagiert sich im Förderkreis der Kirche als Vorsitzender. Aber nicht alles ist althergebracht: Die schmucke Decke etwa ist neuzeitlich und in die originalen Fenster, so ist zu erfahren, wurden 1914 die Medaillons mit den Evangelisten eingefügt. Schmunzeln und Staunen rief der Kronleuchter hervor, der über einen besonderen Zugmechanismus auf Augenhöhe gebracht werden kann. Das war natürlich in der alten Zeit der Bestückung mit Kerzen geschuldet.
Warum ist die Sonntagskult(o)ur wichtig?
Es geht darum, Kirchen noch einmal anders zu erleben und Zusammenhänge zu erkennen. Lokalgeschichte ist auch immer ein wichtiges Thema. Heute meint man, Düren ist das Zentrum, aber es war einmal ganz anders. Orte waren von Bedeutung, die eine besondere Kirche hatten, an Handelswegen lagen oder besondere Stifter hatten wie hier in Müddersheim.
Was ist das Erfolgsrezept?
Dass man einen Sonntagsausflug mit einem Kirchenbesuch verknüpft. Deshalb ist die Veranstaltung auch auf eine Stunde begrenzt. Das ist eine Zeit, in der die Leute noch zuhören können. Es soll ja kein wissenschaftlicher Vortrag sein, das kommt schon mal vor, ist aber die Ausnahme.
Gibt es ein Stammpublikum?
Das war von Anfang an so. Man muss ein bisschen an Geschichte interessiert sein und an Kirchen. Die meisten, die teilnehmen, sind schon noch fest in Kirche verankert. Es kommen, je nach Kirche, auch viele kunstinteressierte Besucher. Die „Kirchen“ gehen Ihnen nicht aus? Nein. Inzwischen haben wir 60 Kirchen besucht. Vor drei Jahren dachten wir, dass wir keine neuen Orte mehr finden, aber für nächstes Jahr sind noch einmal fünf Angebote geplant. Es sind wieder zwei besonders interessante dabei, die Kommende Siersdorf am 22. März und Olef, eine der ältesten Kirchen in der Region Eifel, am 6. September. Außerdem besuchen wir die Kirchen in Hasselsweiler, Ginnick und Bettenhoven.