Kinderleicht!?

Die Begeisterung fürs Orgelspiel weckt Regionalkantorin Holle Goertz bereits in der Kita

Regelmäßig unterrichtet Holle Goertz ihre Schüler an der Orgel von St. Nikolaus in Kall. (c) Stephan Johnen
Regelmäßig unterrichtet Holle Goertz ihre Schüler an der Orgel von St. Nikolaus in Kall.
Datum:
19. Dez. 2025
Von:
Aus der Kirchenzeitung, Ausgabe 33/2025 | Stephan Johnen

Noten lesen, zwei Hände und zwei Füße sortieren, die jeweils ganz unterschiedliche Aufgaben haben, und bei Bedarf noch alle Register ziehen: Wer Orgel spielt, ist mit Körper und Geist im Einsatz.

 „Es macht nicht nur Spaß, es hilft mir auch, mich nach dem Spiel besser zu konzentrieren“, sagt die zwölfjährige Theresa aus Kall. „Manchmal muss man auch kämpfen, immer wieder neu anfangen. Aber es lohnt sich, die Zeit zu investieren. Es ist super motivierend, wenn ich Erfolge habe“, berichtet sie. Theresa gehört ebenso wie Simon, Jakob und Tim zu den vier „Nachwuchs-Organisten“, die Eifel-Regionalkantorin Holle Goertz gerade in St. Nikolaus unterrichtet. Ihr Ansatz, Kinder und Jugendliche spielerisch an die Königin der Instrumente heranzuführen, geht auf.

„Die Schülerinnen und Schüler bekommen sehr schnell die Möglichkeit, in Gottesdiensten kleine Stücke zu spielen und Lieder zu begleiten. Dadurch haben sie ein Erfolgserlebnis – und die Gemeinde nimmt wahr, dass die Kinder und Jugendlichen Orgel lernen. Das bestärkt dann die Motivation der Schülerinnen und Schüler“, erklärt Holle Goertz. Sie sieht Kirchenmusik sehr stark als ein wichtiges Element der Pastoral und der Verkündigung, da über Musik viele Menschen aus allen Generationen wieder Zugang und Kontakt zu den Gemeinden bekämen.

Das Konzept der Regionalkantorin setzt schon in den Kitas an, wo Holle Goertz regelmäßig mit den Kindern singt. Im Advent kommen die Kitagruppen in die Kirche zum Adventliedersingen mit Orgel. Ein „Erstkontakt“ mit dem größten aller Instrumente, der oft schon einen bleibenden Eindruck bei den Kleinsten hinterlässt. Auch in der Grundschule, in der Vorbereitungszeit zur Erstkommunion, bietet Holle Goertz einen Workshop an, bei dem eine sogenannte „Doe-Orgel“ aus einem Bausatz entsteht. Darüber hinaus gibt es ein Projekt, bei dem Kinder beispielsweise selbst Holz-Pfeifen bauen. In der vierten Klasse steht eine Orgelführung auf dem Programm, bei der auf das bisher Gelernte zurückgegriffen wird.

Vor allem zwei Ziele sollten mit dem neuen Konzept gewährleistet werden: zum einen die Begeisterung für das Instrument wecken, zum anderen auch eine Kontinuität ermöglichen. Holle Goertz: „In den vergangenen Jahren konnte ich immer wieder einzelne Jugendliche für die Orgel begeistern, die dann auch teilweise die C-Ausbildung gemacht haben. Die Kontinuität war aber so nicht gegeben.“ Apropos Ausbildung: Allen Schülern steht ab dem zwölften Lebensjahr frei, den Basiskurs Orgel des Fachbereichs Kirchenmusik im Bistum Aachen zu belegen, der bei Eignung auf die C-Ausbildung für die musikalische Gestaltung von gottesdienstlichen Feiern vorbereitet.

Wer Lust hat, das Orgelspiel zu erlernen, sollte es einfach probieren und sich per E-Mail bei Holle Goertz melden (hollegoertz@t-online.de). Musikalische Vorkenntnisse sind nicht unbedingt nötig, schaden aber nie. Theresa und Simon haben beispielsweise schon Klavier gespielt, Jakob spielt Trompete und bringt sich das Keyboard-Spiel bei. Auch Tim konnte bereits Klavier spielen, tastete sich aber in der Projektwoche im wahrsten Sinne des Wortes an die Orgel heran. Bei ihm und seinem Bruder Simon steht eine kleine, gebrauchte Orgel im Keller. Dass viele Orgelschüler auch als Messdiener aktiv sind, ist ein Gewinn für die Gemeinde, aber kein Muss. Sowohl beim Unterricht als auch bei den Messdienern erleben die Kinder und Jugendlichen Gemeinschaft, Teamarbeit. „Hier findet man Freunde“, sagt Simon. Der Zwölfjährige spielt auch im Steinfelder Schulorchester und sitzt bei Schulmessen, Einschulungen und im Weihnachtsgottesdienst am Spieltisch.

„Es freut mich sehr, dass sich junge Menschen für die Orgel interessieren. Dieses besondere Instrument kann sowohl kräftig und festlich als auch leise und fein klingen – und es trägt viele Musikstücke und Kirchenlieder auf eine Weise, die kein anderes Instrument schafft“, sagt Pater Wieslaw Kaczor SDS, Leiter des Pastoralen Raumes Steinfeld und Regionalvikar der Region Eifel.

„Weil man zu Hause keine Orgel hat, öffnen wir mit den Kirchenvorständen gern unsere Kirchen und Kapellen, damit die Kinder und Jugendlichen dort üben können. Wir unterstützen alle, die Lust haben, die Orgel kennenzulernen. Es ist schön zu sehen, dass junge Leute ihren eigenen Zugang zu dieser Musik finden, auch wenn viele Gleichaltrige andere Instrumente oder Musikrichtungen bevorzugen“, spricht er eine Einladung aus, dieses besondere Instrument auszuprobieren und für sich zu entdecken. Besonders angesprochen sind Kinder und Jugendliche, die bereits Klavier spielen. „Traut euch ruhig, einmal an der Orgel Platz zu nehmen. Vieles ist euch vertraut, und doch eröffnet die Orgel neue Möglichkeiten und Klänge, die spannend und bereichernd sind. Ein Versuch lohnt sich immer“, sagt Pater Wieslaw Kaczor.

Gerade mit Blick auf Weihnachten wird deutlich, wie sehr die Orgel zur Atmosphäre unserer Kirchen beiträgt. Ihre warmen, strahlenden Register, manche fast wie kleine Glöckchen, ihre festlichen Akkorde und die vertrauten Melodien der Weihnachtslieder erfüllen den Raum auf eine ganz besondere Weise. In dieser Zeit stehen oft Kerzen, Lichter und bunte Dekorationen in der Kirche – und die Orgelmusik fügt sich harmonisch in diese Stimmung ein. Sie schenkt Wärme, Freude und ein Gefühl von Geborgenheit. Pater Wieslaw: „Die Orgel lässt die Weihnachtsbotschaft nicht nur hören, sondern auch spüren.“
Mehr Infos über Ausbildungsmöglichkeiten gibt es hier: www.bistum-aachen.de/glaube/liturgie/kirchenmusik-bistum-aachen/

Begeisterter Nachwuchs

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