Karneval (fast) unter sich

Zu Gast beim Herrenabend der Krüzzbrür in Aachen und bei der Dekanatssitzung der KFD in Eschweiler

KFD Nachricht (c) Andrea Thomas
KFD Nachricht
Datum:
21. Feb. 2017
Der Fastelovend gilt in und um Aachen gemeinhin als verbindend, egal ob jung, ob alt, ob einheimisch oder zugezogen, es wird gemeinsam gesungen, geschunkelt und gelacht.
Krüzzbrür Quadrat (c) Andreas Schmitter
Krüzzbrür Quadrat

Es gibt aber auch noch die strikte Geschlechtertrennung im Karneval. Wie feiern Männer, wie Frauen, wenn sie unter sich sind? Christoph Hahn hat den Herrenabend der Aachener Krüzzbrür besucht, Andrea Thomas die Dekanatssitzung der Eschweiler Frauengemeinschaften.

Karneval, Kirche, Krüzzbrür – das alles fängt mit K an, das alles gehört zusammen, ganz besonders im Aachener Pontviertel. Zum Tragen kam dieser durch und durch närrische Dreiklang beim traditionellen Herrenabend in der Gaststätte „Am Knipp“. Dort pflegten die Organisatoren und ihre illustren Gäste nicht nur ihren jecken Sinn, sondern ehrten auch und vor allem den neuen Ordensträger. Und der verbindet Glauben und Karneval mindestens ebenso gut wie die Gastgeber: Markus Frohn (48) ist seit 2007 Pfarrer von St. Josef und Fronleichnam im Aachener Ostviertel. Durch seine ganz spezielle Verbindung von Glauben, Humor und praktischer Menschenzugewandtheit hat der Priester seit seiner Ernennung die Herzen nicht nur der Christen rund um das Pfarrhaus an der Leipziger Straße gewonnen.

In gewisser Weise, doch freilich ganz anders als im sakralen Raum, glich der Ablauf des Herrenabends dem feinen Gewebe einer Liturgie. Das galt schon für die Begrüßungsansprache des Pfarrausschussvorsitzenden Franz-Josef Staat: Im Solo vorgetragene Rede und gepfefferte Zwischenrufe der Krüzzbrür und ihrer Freunde verdichteten sich zu einem Auf und Ab der Wortwechsel, nicht ganz so strukturiert, aber dennoch im Ablauf der Rede und Antwort, dem Hin und Her zwischen Priester und Volk nicht unähnlich. Denn die Herrenabende am Knipp, bei den Gebrüdern Ramrath, folgen so ihren eigenen Gesetzen. Und die sind schon anders, merklich anders als im etablierten Sitzungskarneval jedenfalls.

Der neue Ordensträger, der 45. in einer bunten Folge von Mitbrüdern im geistlichen Amt und anderen gestandenen Mannsbildern (die, wie es der Name besagt, an jenem Abend unter sich blieben), gab sich in seiner Rede als jemand, der trotz (oder vielleicht gerade wegen) seiner religiösen Erdung mitten im Leben steht. „Er will mit Menschen aller Religionen zusammen leben“, freute sich schon der Laudator und Ordensträger des Vorjahres, Michael Hammers. Worauf sich ein Zwischenrufer zu Wort meldete und ebenso keck wie ungebeten dazwischenfragte: „Auch mit Protestanten?“ Denn Frechheit siegt – zumindest in diesem Kontext und bei den Krüzzbrürn. Markus Frohn selbst, im Kohlscheider Ortsteil Pannesheide und somit in unmittelbarer Grenznähe aufgewachsen, ließ in seiner Rede eine besondere Bodenständigkeit erkennen: „Es ist immer wichtig, dass man sagt, woher man kommt – und dass man sich dafür nicht schämt.“ Sprach’s und illustrierte seine Verwurzelung im Ostviertel mit der herzerwärmenden Erzählung davon, wie sein Fahrrad aus dem Flur gestohlen wurde, um dann doch noch auf kurios gewundenen Pfaden den Weg zurück ins Pfarrhaus zu finden.

Frohns abschließender Aufruf dokumentierte klipp und klar, dass er mittlerweile auch mit dem Herzen zwischen der Grabeskirche St. Josef und der kühlen Zwischenkriegsmoderne von St. Fronleichnam zu Hause ist: „Kommen Sie mit ins Ostviertel – da ist es auch schön!“

 

Männer dürfen rein – wenn sie ein Amt haben oder für Unterhaltung sorgen

Einmal im Jahr ist die Festhalle Weisweiler fest in weiblicher katholischer Hand. Dann, wenn gut fünfhundert KFD-Frauen und solche, die sich der Frauengemeinschaft verbunden fühlen, sich hier schick zurechtgemacht mit Blumenhut oder Glitzerzylinder, als Clowns, Marienkäfer, Leichtmatrosinnen und was die Karnevalskleiderkiste sonst so hergibt, Spaß und Freud machen. Wer als Mann (die hier nicht ausdrücklich vor der Tür bleiben müssen) bei der Dekanatsfrauensitzung dabei sein will, muss sich schon etwas einfallen lassen. Zum Beispiel behaupten, er sei Bürgermeister, Karnevalsprinz oder Weihbischof im Bistum Aachen. Eine weitere Alternative ist, etwas zur Unterhaltung der Damen beizusteuern.

Ganz besonders clevere Herren scheuen sich dabei nicht einmal, in Frauenrollen zu schlüpfen. Einer der Programm-Höhepunkte war auch in diesem Jahr der Auftritt der beiden Pastöre Hannokarl Weishaupt (Heilig Geist, Eschweiler-Süd) und Michael Datené sowie Kaplan Andreas Züll (beide St. Peter und Paul, Stadtmitte). Gemeinsam wagten sie einen Blick in die Zukunft der Gemeinden: Wir schreiben das Jahr 2035, Pfarrbüros im heutigen Sinn gibt es nicht mehr, stattdessen das „KCC Aachen-Land“, das katholische Call-Center für Eschweiler und Umgebung. Hier bearbeiten – wie im realen Leben des Jahres 2017 – Ulrike Vogel-Wittemann (Heilig Geist), gespielt von Pfarrer Weishaupt, Claudia Houben (St. Peter und Paul), gespielt von Kaplan Züll sowie Gisela Müller (St. Bonifatius), gespielt von Pfarrer Datené die Anfragen der Gläubigen. Die kommen nicht nur aus Eschweiler sondern auch aus den inzwischen angeliederten Seelsorgebezirken (so ziemlich der Rest der Bistumsregion Aachen-Land ohne Stolberg plus angrenzende Gebiete der Region Düren).

Chef des Ganzen ist Kardinal Karl Borsch – der 2017 noch als Weihbischof Ehrengast der Dekanatssitzung war, wo er sichtlich Spaß hatte. Gekonnt zogen die drei Herren – äh, pardon Damen, das Gemeindeleben und sich selbst durch den karnevalistischen Kakao. Egal, ob es um „Traufe (Trauung mit Taufe) all inklusive“ oder die Beerdigung von Bello (so er denn katholisch ist) geht, sie finden stets eine Lösung. Fazit der Frauen: „Die dürfen wiederkommen!“

Gleiches gilt auch für Büttenrednerin Josi Brands, die ihrem weiblichen Publikum aus der Seele sprach, als sie aus dem Nähkästchen ihrer 40-jährigen Ehe plauderte oder, wie sie es selbst ausdrückte, „einer Reihe zwischenmenschlicher Tiefdruckgebiete“. Ganz ohne Männer geht es auch bei einer Frauensitzung nicht – irgendwer muss ja schließlich die Vorlagen zum Drüber-Lachen geben.

 

Nirgendwo gehen Kirche und Karneval so schön zusammen

Geballte karnevalistische Frauenpower brachten unter anderem auch die Tänzerinnen der Husarengarde der KG Onjekauchde Eschweiler-Röhe auf die Festhallenbühne. Mit Tempo, Rhythmus und Akrobatik bewiesen sie, dass Frauen im Karneval nicht nur fantastisch aussehen (ein Blick auf das bunt kostümierte Publikum im Saal diente als Beweis), sondern auch die Bühne rocken können.

Begleitet wurde die Damengarde von ihren männlichen Kollegen, die wie der Eschweiler Prinz Ralf II. mit seinem Gefolge in ihren schmucken Uniformen „was fürs Frauenauge“ boten. Außerdem hatten sie Blumen dabei … Die gab es an diesem Abend auch (unter anderem vom Weihbischof höchstpersönlich) für Caren Leuchter, die zum 18. und letzten Mal das Amt der Sitzungspräsidentin inne hatte. Wenn es am Schönsten sei, solle man gehen. Auch wenn „nirgendwo sonst Kirche und Karneval so schön zusammengehen wie hier“, wie sie den jecken Frauen im Saal bestätigte.

KFD Quadrat (c) Andrea Thomas