Kappen und kreative Köpfe

Inklusives Projekt „Auf den Hut gekommen“ wendet sich an Künstler in Krefeld und Kempen-Viersen

Mit dem Raben Abraxas auf der grünen Wiese beklebt Jakob seine Base-Cap. (c) Arne Schenk
Mit dem Raben Abraxas auf der grünen Wiese beklebt Jakob seine Base-Cap.
Datum:
12. März 2019
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 11/2019 | Arne Schenk
„Da muss eine Wiese hin“, hat Jakob spontan beim Brainstorming entschieden, was er denn auf seine Baseball-Kappe drauf haben wolle. Immerhin ist er selbst Gärtner gewesen.

Auf der Wiese steht der Rabe Abraxas und weist auf eine andere Leidenschaft des 60-Jährigen hin: Zauberei und Theaterspiel bei der Theatergruppe Rasanti der Dr.-Ulrich-Lange Stiftung (dulst). Als Mitglied des Ateliers K 14 der dulst beteiligt er sich an dem inklusiven Kunstprojekt „Auf den Hut gekommen“ von Pastoralreferentin Anja Künzel. Das Atelier K 14 sind Menschen mit Behinderung, die Kunst schaffen, begleitet von Heike Indenhuck und Jochen Kamps. „Jeder Mensch ist ein Künstler!“ und „Kunst bietet die Chance zum Dialog“ gehören zu den Grundsätzen der Gruppe. Da passt der „Hut“, initiiert von der Seelsorge „Mit-Menschen mit Behinderung“ des Bistums Aachen in den Regionen Kempen-Viersen und Krefeld, perfekt.

Durch Nachdenken über das Thema „Handicap“ ist Anja Künzel letztendlich „Auf den Hut gekommen“. Der Mensch kann behütet, behutsam oder auf der Hut sein, alles unter einen Hut bekommen oder auf die eigene Kappe nehmen: Im jeweiligen Kontext hat es mit Urvertrauen, Vorsicht, Lebenshaltung, Verantwortung oder Respekt zu tun. Die Kopfbedeckung sei Jahrhunderte lang Teil der Kleidung gewesen, unterstreicht Künzel. Viel mehr als Mode: „Kleidung ist erst einmal Schutz.“ Durch sie lässt sich die eigene Identität gestalten oder eine Gruppenzugehörigkeit ausdrücken – und somit auch durch den Hut. Auch wenn dieser nach dem Zweiten Weltkrieg kaum noch Beachtung findet, gibt es immer wieder ausgesprochene Hutträger. Wie die Fans der Base-Cap, längst nicht mehr nur aus dem Sport- oder Musik-Milieu. So vielfältig ist auch das Selbstverständnis der Zielgruppe der Kunstaktion. Im Prinzip besitzt jeder ein Handicap. Haben nicht andere ein Handicap, die darin ein Problem sehen?

 

Gestalterischer Freiraum und Vorgaben

Bei ihrer Aktion versucht Anja Künzel, die Fähigkeiten und Ideen der Menschen sowie Stärken und Vernetzungen der Institutionen vor Ort mit einzubeziehen. Dazu gehört auch die Planung der einzelnen Veranstaltungen, die irgendwann 2019 stattfinden sollen: „Ich habe keine fixen Termine und kann mich ganz auf die Menschen und Einrichtungen einlassen.“ Zudem sollen die Werke in Ausstellungen präsentiert werden, so in der Krefelder Kunstkirche Pax Christi. Allerdings besteht sie auf einige Vorgaben, um eine Einheitlichkeit zu garantieren. So stellt sie neben den weißen Kappen auch das Corporate Design für die Darstellung nach außen zur Verfügung. Entstanden ist es mit dem Düsseldorfer Grafik-Designer Peter Esser. Zudem benötigt Künzel eine Rückmeldung in Form von Bildern und Text für ein Fotobuch zur Dokumentation der Ergebnisse wie auch aller Prozesse inklusive mit den Namen und Gedanken derer, die sich daran beteiligt haben. So weit ist es bei dulst noch nicht. Hier entwirft die 58-jährige Marlies mit der Nase am Computer Figuren. An Fäden sollen sie später von der Kappe mit Aussagen wie „Ich lass mir den Mund nicht verbieten“ und „Ich bin wertvoll“ baumeln. Für den 55-jährigen Michael ist das Projekt auch eine Auseinandersetzung mit seiner Krankheit. Styropor wird mit einer Heißluft-Pistole zu Klumpen verformt und als Tumor-Symbol schwarz angesprüht. Dann werden sie so befestigt, dass sie aus der Kappe herausquellen. So bringt er den Krebs offen zur Sprache – womit wohl andere ein Handicap haben.

Infos bei Anja Künzel, Tel.: 0 21 51/93 36 03, E-Mail: pr-anjakuenzel@gmx.de