Jüngersdorfer Pietà vollendet

Künstler Walter Dohmen stiftete für die Marienkapelle einen Entwurf, Wilfried Grob die Handwerkskunst

Montage in der Marienkapelle Jüngersdorf. (c) privat
Montage in der Marienkapelle Jüngersdorf.
Datum:
8. Aug. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 32/2023 | Dorothée Schenk

Die Marienkapelle in Jüngersdorf ist ein besonderer Ort: Die ursprüngliche Kapelle musste für den Neubau Platz machen, der jetzt Heimat für die Ortsansässigen und für die umgesiedelten Gemeinden aus Pier und Vilvenich ist, die dem Tagebau Inden weichen mussten. So finden sich auch Kunstwerke aus allen verlorengegangenen Kirchenräumen in der 2013 geweihten Kapelle. Jetzt ist das erste neue Werk hinzugekommen: ein Marienfenster.

Eine der schwersten Stunden der Patronin „Maria“ hat Künstler Walter Dohmen in Glas gefasst: Es zeigt die Schmerzensmutter, die Trauernde, die ihren gekreuzigten Sohn im Schoß birgt. In der 2,4 mal 2,5 Meter großen Fensterfläche spannen sich die Figuren, die selbst ein Kreuz zu bilden scheinen. Mit bloßem Auge ist die Szene zu erfassen, auch wenn die beiden Figuren „gesichtslos“ sind. „Wir wissen nicht, wie Maria und Jesus ausgesehen haben, und ich weiß es auch nicht“, begründet der Künstler seine Entscheidung. Reflektiert, kritisch und nicht die Sehgewohnheiten bedienend zu arbeiten, das ist die Haltung des 81-jährigen Langerwehers, der 2019 für sein Lebenswerk mit dem Kunstpreis des Kreises Düren ausgezeichnet worden ist.

Hinterfangen wird die Szenerie von einem Strahlenkranz, der auf den umfangenden Kreis zuläuft. Die Kreislinie bildet eine rotgepunktete Linie. Die Punkte, so erläutert Walter Dohmen, stünden symbolisch für jedes Martyrium, das die Kirche in ihrer langen Geschichte erdulden musste. „Wir können sie gar nicht alle darstellen.“ In diesem Detail unterscheidet sich auch die Umsetzung vom Entwurf, der auf einen Grundentwurf einer Pièta aus dem Jahr 2003 zurückgeht. Er ist als kleine Kupferstich-Auflage von Walter Dohmen umgesetzt worden. Blatt 18 von 20 ist vom Suermondt-Ludwig-Museum Aachen angekauft worden. Bereits bei der Entstehung habe er sich überlegt, den Entwurf einmal für ein Kirchenfenster zu nutzen.

Besondere Ausführung

Es ist aber nicht nur die bildnerische Umsetzung, die die Pietà zu einem besonderen Werk macht. Besonders ist auch die Ausführung. Glas wird für gewöhnlich in Bleiruten eingefasst, um dem zerbrechlichen Material Halt zu geben. In diesem Fall wird darauf weitgehend verzichtet. In einem innovativen Meisterstück ist es gelungen, eine Verstählung zu schaffen, die im Glas nicht sichtbar ist. Die äußere Form wurde durch eine CNC-Maschine der Firma VKS des ortsansässigen Schützenbruders Peter Kurth „ausgeschnitten“, in die die großen Scheiben schließlich eingefügt wurden. „Das ist keine neue, aber seltene Form, die für Kirchenfenster eingesetzt wird“, erklärt Walter Dohmen.

Gelungen ist das Kunstwerk durch ein wunderbares Zusammenspiel des Ideengebers Walter Dohmen, des Glasermeisters Wilfried Grob und des gelernten Kupferschmieds Erich Nettersheim. „Wir passen gut zusammen“, sagt Nettersheim vom Vorstand des Begegnungszentrums Marienkapelle Jüngersdorf-Pier schmunzelnd. „Das Dreierteam…“ „…war die glücklichste Situation“, ergänzt Walter Dohmen. „Das habe ich selten erlebt, wie problemlos man die Dinge miteinander lösen kann. Darum hat es so viel Spaß gemacht.“ Alle Arbeiten – vom Entwurf bis zur Ausführung – wurden gegen Gottes Lohn ausgeführt.

„Ich wollte der Gemeinde eine Freude machen“, sagt Walter Dohmen bescheiden, der sich seinem Heimatort verbunden fühlt. Die Großmutter stammt aus Pier, der Großvater hatte einen landwirtschaftlichen Betrieb in Stütgerloch. „Das ist eine Fügung“, sagt Dohmen schmunzelnd. „Über diese Fügung sind wir sehr froh“, meint Matthias Mertens vom Vorstand des Begegnungszentrums. Ohne diese Schenkungen wäre die Umsetzung nicht möglich gewesen. Nur die Glaskosten waren von der GdG Inden-Langerwehe aufzubringen.

Pfarrer Heinz Portz und der Kirchenvorstand St. Martin Langerwehe stimmten der Realisierung zu. Im Förderverein des Begegnungszentrums entstand die Idee, das einfache Glasfenster künstlerisch gestalten zu lassen. Einerseits ist es schmückend, andererseits hat es praktischen Nutzen: Durch das Fenster fiel so viel Sonnenlicht ein, dass die Gemeindemitglieder geblendet waren und weder Noten noch Buchstaben im Gebetbuch entziffern konnten.

Künstlerisch abgeschlossen hat Walter Dohmen mit den Arbeiten an der Marienkapelle aber noch nicht. Ein weiteres Fenster im gleichen Format harrt der Umsetzung. Der Entwurf ist schon „in Arbeit“ und soll in Kürze den Gremien präsentiert werden. Mit einer Vollendung rechnet der Kapellenverein nicht vor Ende 2024. 

Montage der Pietà in der Kapelle Jüngersdorf

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