Jerusalem in Neersen

Zum 350. Todestag Gerhard Vynhovens erinnert ein Gedenkjahr an den Erbauer der Kapelle

Die Kapelle Klein-Jerusalem in Neersen stellt die ersten und die letzten Tage im Leben Christi dar, innen wie auch außen. (c) Arne Schenk
Die Kapelle Klein-Jerusalem in Neersen stellt die ersten und die letzten Tage im Leben Christi dar, innen wie auch außen.
Datum:
14. Feb. 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 07/2024 | Kathrin Albrecht

„Die ersten und die letzten Tage des Herrn anschaulich vor ihre Seele zu stellen” – Diese Idee verfolgte der Neersener Geistliche Gerhard Vynhoven mit dem Bau der Kapelle Klein Jerusalem. Bis heute zieht die Kapelle in der Eicker Heide Pilgernde an. Ihr Erbauer starb vor 350 Jahren. Aus Anlass dieses Jubiläums haben die Interessengemeinschaft Kapelle Klein Jerusalem und die Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt Neersen ein Gedenkjahr ausgerufen. Vielfältige Veranstaltungen erinnern an Gerhard Vynhoven und an die Zeit, in der er lebte.  

Das Wappen Vynhovens am Eingang der Kapelle weist ihn als Ritter vom Heiligen Grab aus. (c) Kathrin Albrecht
Das Wappen Vynhovens am Eingang der Kapelle weist ihn als Ritter vom Heiligen Grab aus.

Wenn Heinrich Verhalen Besucher durch die Kapelle Klein-Jerusalem führt, ist ihm die Begeisterung über dieses besondere Bauwerk deutlich anzumerken. Der 76-jährige Neersener kennt die Kapelle von klein auf und hilft jetzt als Mitglied der Interessengemeinschaft mit, das Kleinod zu erhalten, das Gerhard Vynhoven zwischen den Jahren 1655 und 1660 in Neersen erbauen ließ. Unweit der Kapelle war der Geistliche 1596 geboren. Er wurde nach einem Theologiestudium 1621 zum Priester geweiht und trat seine erste Pfarrstelle in Anrath an.

In den Jahren 1623 bis 1625 absolvierte Vynhoven seine erste Pilgerreise in das Heilige Land – „unter schwerer Mühsal“, zitiert Verhalen aus den Aufzeichnungen. Die heiligen Stätten, die Geburtsgrotte in Bethlehem, die Kreuzigungsgruppe und das Heilige Grab in Jerusalem, hinterließen Eindruck bei dem Geistlichen. Möglicherweise unternahm er weitere Pilgerreisen in das Heilige Land, genau belegen lässt sich das nicht. Doch Vynhoven fertigt Skizzen der heiligen Stätten an, diese dienen später als Vorlagen für den Kapellenbau.

Aber zunächst tritt er eine Pfarrstelle in Osterath an, muss miterleben, wie die Kirche und das Dorf während des 30-jährigen Krieges verwüstet werden. 1642 lernt Vynhoven Johann von Werth kennen und wird Feldkaplan bei dessen Truppen. Auch nach Ende des 30-jährigen Krieges bleibt Vynhoven bei von Werth in Böhmen. 1652 kehrt er nach Neersen zurück. Er wird Hauspriester des Freiherrn Adrian Wilhelm von Viermund. Unter anderem regt er auch die Gründung eines Minoritenklosters an.

Mit seinem elterlichen Erbe und seinem Sold beginnt er dann mit dem Bau einer Wallfahrtskapelle, einer Schule und eines Rektoratshauses.

Die heiligen Stätten, die ihn bei seiner Pilgerreise so beeindruckt hatten, wollte Gerhard Vynhoven möglichst originalgetreu nachbilden. Die Betrachtung des Lebens und Leidens Christi sollten den durch Not und Krieg erschütternden Menschen eine Antwort und Deutung auf die Frage nach dem Sinn ihres persönlichen Schicksals geben.

Wenn Heinrich Verhalen durch die Kapelle führt, beginnt er in der Unterkirche. Sie ist der Geburt Christi gewidmet. Die Geburtsgrotte ist dort nachgebaut. An Heiligabend wird hier um 0 Uhr eine Mitternachtsmette gefeiert. Außerdem ist dort das Grab Gerhard Vynovens zu finden. Die Kapelle der Unschuldigen Kinder im Südosten des Baus stammt aus der Zeit, in der die Minoriten die Kapelle übernommen hatten. Sie erweiterten den Kirchbau nach Westen hin.
Bereits kurz nach der Fertigstellung der Kapelle begann die Wallfahrt. Zu Werbezwecken hatte Vynhoven eine Karte anfertigen lassen, die die Kapelle umgeben von den Ortschaften zeigt, aus denen die Pilger zu ihrer Reise aufbrachen. Verhalen weist auf die Zahlen hin, die neben den Orten vermerkt sind: „Es sind die Stunden, die die Pilger zu Fuß brauchen.“ So dauerte es von Odenkirchen, heute zu Mönchengladbach gehörend, etwa dreieinviertel Stunden bis Neersen, aus Kempen liefen die Wallfahrer immerhin noch drei Stunden zu Fuß. Die „Werbetafel“ ist in einer Seitenkapelle der Unterkirche zu sehen. Verhalen zeigt sie gerne bei seinen Führungen, ebenso wie eine Nachbildung der Grabplatte Vynhovens.   

Vorträge und eine Lesung erinnern an  Gerhard Vynhoven und seine Zeit

Heinrich Verhalen führt Besucher gerne durch die Kapelle und erläutert ihre Besonderheiten. (c) Kathrin Albrecht
Heinrich Verhalen führt Besucher gerne durch die Kapelle und erläutert ihre Besonderheiten.

Die Oberkirche zeigt das Sterben und die Auferstehung Jesu mit der Kreuzigungsgruppe im Chorraum und dem gegenüberliegenden Heiligen Grab. Symbolisch wird an Karfreitag eine Holzstatuette hier zu Grabe getragen. Das wird auch in diesem Vynhoven-Gedenkjahr am 29. März so sein.

Am 7. März wird es in Schloss Neersen einen Bildervortrag über das Leben Vynhovens geben. Am 14. März, dem Todestag Vynhovens, wird in der Kapelle eine heilige Messe gefeiert. An Ostersonntag (31. März) steht die Kapelle zur Besichtigung offen. Im Sommer wird das Gedenkjahr mit einem historischen Vortrag mit Markus Optendrenk, Historiker und NRW-Finanzminister, sowie einer Lesung des Autors Tilman Röhrig fortgesetzt.