Jeder junge Mensch zählt

Träger, Kammern und Akteure setzen sich für den Erhalt von „Jugend in Arbeit plus“ ein

Gerade Handwerksbetriebe profitieren und finden über das Programm motivierte Mitarbeiter. (c) www.pixabay.com
Gerade Handwerksbetriebe profitieren und finden über das Programm motivierte Mitarbeiter.
Datum:
11. Sep. 2018
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 37/2018 | Andrea Thomas
Im Programm „Jugend in Arbeit plus“ finden junge Menschen in der Städteregion, die Arbeit oder einen Ausbildungsplatz suchen, mehr als nur Beratung.

Die darin eingebundenen Mitarbeiter von In Via Aachen, dem Sozialwerk Aachener Christen, der Jugendberufshilfe Stolberg, der Handwerks- und der Industrie- und Handelskammer sowie des Jobcenters sind Zuhörer, Motivatoren, Vermittler und Fürsprecher. Ein Erfolgsmodell, das das Land NRW nun nach fast 20 Jahren einstellen will. Verstehen kann das so recht keiner der Betroffenen. „Es ist eines der erfolgreichsten Programme, junge Menschen in Arbeit oder Ausbildung zu bringen. Weil es individuell auf die Teilnehmer zugeschnitten ist. Sie werden uns zwar zugewiesen, aber ihre Teilnahme ist freiwillig. Die Beratung erfolgt immer Face-to-face. So können wir die ganze Lebenssituation in den Blick nehmen und Unterstützung anbieten, wie der einzelne sie braucht“, beschreibt Andrea Gillessen de Pomareda, Fachbereich Jugendberufshilfe bei In Via, was „Jugend in Arbeit plus“ ausmacht.

Dazu trägt auch die gute Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure innerhalb des Programms bei. „Es wäre schade, wenn dieses gewachsene Netz der Kooperation zerschlagen würde“, sagt Katja Knospe von der Jugendberufshilfe Stolberg. Viele Dinge seien auf unbürokratischem Wege möglich. Ein Gewinn für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die oft bereits eine lange Maßnahmen-Historie hinter sich haben. Und das seien nicht nur Haupt- und Förderschüler, sondern auch Realschüler und Abiturienten, die sich aufgrund vielfältiger Umstände schwer tun, Arbeit zu finden.

Mehr noch als in positiven Vermittlungszahlen drückt sich der Erfolg in den Geschichten der einzelnen Teilnehmer aus. Da ist die alleinerziehende junge Mutter. Eine Ausbildung, wird ihr erklärt, komme für sie wegen der Kinder nicht mehr in Frage. Alles, was man ihr anbietet, sind Helferjobs auf 450-Euro-Basis. Erst über das Programm eröffnet sich ihr eine Alternative. Ein Aachener Fleischerbetrieb ist bereit, sie in Teilzeit auszubilden, weil es ihrem Chef mehr auf den Einsatzwillen der jungen Frau ankommt als darauf, dass sie Vollzeit arbeitet. Oder der junge afrikanische Flüchtling, der gerne einen Beruf erlernen will und sich eine Chance wünscht, das tun zu dürfen. Über das Programm hat er nicht nur eine Ausbildungsstelle in einem Handwerksbetrieb gefunden, sondern vor allem auch Menschen, die an ihn glauben.

 

Fallzahlen zu gut für neue Programme

So mancher Betrieb hat über das Programm Mitarbeiter gefunden, die er nur über die schriftliche Bewerbung allein vielleicht nie eingestellt hätte. „Wir erzählen ihre Geschichten, können vermitteln und mögliche Hürden abbauen“, erläutert Andrea Gillessen de Pomareda. Darin liegt die große Stärke gegenüber anderen Maßnahmen und Programmen, in denen dafür weder Zeit noch Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Sollte es dabei bleiben, dass „Jugend in Arbeit plus“ zum Jahresende ausläuft, bedeutet das für viele junge Menschen in der Städte-region erst einmal ein Loch. Andere Programme oder Maßnahmen wird es nicht geben. „Wir haben uns durch unseren Erfolg selbst abgeschafft“, sagt Alexandra Laba, stellvertretende Geschäftsführerin von In Via nüchtern. „Unsere Fallzahlen sind zu gut, um andere Programme in die Region zu bekommen. Dazu müssen wir erst wieder schlechter werden.“