Innehalten und glauben

„Kirche auf den Stufen“ ist ein neues spirituelles Video-Angebot in der Gemeinde St. Peter Hinsbeck

Stufen am Deich (c) www.pixabay.com
Stufen am Deich
Datum:
23. Feb. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 08/2021 | Dorothée Schenk

Praktisch um fünf vor zwölf kam die Absage für den Weihnachtsgottesdienst. Kaum zu glauben. Aber Not macht bekanntlich erfinderisch, und so rief Ralf Schröder Lucia Traut an, und gemeinsam luden sie an Silvester zum ersten Impuls „Kirche auf den Stufen“ ein – per Videostream auf Youtube. Inzwischen ist Folge 4 in Vorbereitung.

Im Gespräch: Lucia Traut und Ralf Schröder zum Thema Fastnacht und Fastenzeit. (c) Jens Pfeil-Schneider
Im Gespräch: Lucia Traut und Ralf Schröder zum Thema Fastnacht und Fastenzeit.

Bestens erprobt ist das Team Lucia Traut und Ralf Schröder, das zu Beginn der Pandemie mit seiner kreativen Kommunionvorbereitung mittels „Action bound“, einer Art religiöser Schatzsuche, von sich reden machte. Und jetzt werden die beiden zu „Youtube“-Darstellern. Mit Erfolg: Rund 500 Aufrufe generieren die spirituellen Kurzfilme, die maximal 15 Minuten lang sind. Die Zielgruppe ist klar definiert: Es geht um das junge Publikum, das man erreichen möchte. „Wir wollen die Kinder ansprechen und erreichen darüber Eltern und auch alle anderen“,  ist Ideengeber Schröder sichtbar zufrieden. „Das ist wie bei einem guten Kinderbuch“, ergänzt Theologin, Religions- und Kulturwissenschaftlerin Lucia Traut: „Erwachsene können andere Aspekte entdecken.“

Das würde ja an vielen Orten gehen; was ist so inspirierend an „Stufen“? Zuerst waren es jene zum Kirchen-Glockenturm zu Silvester, dann zu Mariä Lichtmess die des Altars in St. Peter, und zuletzt traf sich das Duo mit dem Hang zur kreativen Glaubensvermittlung auf den Stufen der Bühne im Jugendheim von Hinsbeck, um über Aschermittwoch die Fastenzeit einzuläuten. „Inzwischen ist die Erklärung fester Teil des Vorspanns“, sagt Lucia Traut lachend. „Es geht um die Idee, dass Kirche und Glaube etwas sind, das Gott und die Menschen verbindet, das Himmel und Erde verbindet, ebenso wie Stufen oben und unten verbinden.“ Sie lüden ein, einmal den Blickwinkel zu verändern. Der Selbstversuch macht deutlich: Es ist ein Unterschied, ob ich auf etwas herunterblicke, oder den Blick emporhebe. Verbindet man Stufen mit Hierarchien, kann da reichlich Bewegung drin sein, sich nämlich je nach Blickrichtung die Hierarchie ins Gegenteil verkehren, ganz dem Bibelspruch folgend: „Die Ersten werden die Letzten sein.“ Ganz praktisch sieht Lucia Traut im „Stufen-Modell“ eine Form von „Alltagspiritualität: an Alltäglichem Halt machen, auch körperlich, um dort den Blick auf unser Leben als auch nach oben zu Gott hin zu öffnen.“

Aber nicht nur zum Hinauf- und Hinabgehen oder Darauf-Stehen eignen sich Stufen. Sie können auch einen „Platz anbieten“. Erwachsene hätten sich das zwar abgewöhnt, aber im Urlaub täten sie es immer noch: Rast machen und sich auf die Stufen setzen wie auf eine Bank,­ und meist säße man auf Stufen nicht allein, sondern mehrere nähmen darauf Platz.

Auch die Kommunionkatechese profitiert vom neuen Format

Am Armandusbrunnen sollen die ersten Christen in der Region getauft worden sein. (c) Jens Pfeil-Schneider
Am Armandusbrunnen sollen die ersten Christen in der Region getauft worden sein.

Und so sucht sich das Duo immer wieder Mitstreiter, möchte das „Team weiten“ mit Ralf Schröders Tochter an der Querflöte, Pastor Ansgar Falk, der zu Lichtmess Kerzen segnete, und demnächst sollen Menschen aus der Gemeinde eingebunden werden. Ihre Stimmen sollen zur Fastenzeit in Folge 4 in einem Wort, einem Satz oder Statement auf den Stufen des eigenen Heims „eingefangen“ werden.

Ganz schön aufwendig ist es, Videos zu planen, den Film zu drehen und schließlich in die perfekte Form zu bringen, also zu schneiden. Hierfür haben sie sich Jens Pfeil-Schneider an der Kamera und „Cutter“ Markus Traut an die Seite geholt. Ja, sie würden immer professioneller und hätten viel gelernt. Ziemlich viel, wie es scheint, denn das nächste Projekt steht vor der Umsetzung: Online-Katechese unter dem Titel „Kommunionoasen“. Allerdings sind die „Oasen“ nicht öffentlich zugänglich, hierzu haben nur die Kinder Zutritt, die sich auf den ersten Gang zum Tisch des Herrn vorbereiten.  

Ralf Schröder hegt die Hoffnung, durch diesen kreativen Weg wieder einen Familienliturgiekreis zu beleben, „der ein bisschen eingeschlafen“ ist. Viel Potenzial sieht er durch die Neubaugebiete, in die junge Familien gezogen seien, die in Hinsbeck aufgewachsen waren, fortgingen und in dieser Lebensphase in den Heimatort zurückgekommen sind. Dann aber würde er lieber wieder gemeinsam feiern, draußen, auf Stufen: „Ich freue mich darauf, wenn wir irgendwann nicht mehr zu zweit sind, sondern aus dieser Idee ein neues Gottesdienstformat entstehen kann“, sagt Ralf Schröder. Aber vielleicht ist ein kleiner Videoclip auch dann noch möglich „als Anreißer, mit einem Gedanken als Appetithappen“, grinst Lucia Traut.