Menschen lernt man am besten kennen, wenn man Zeit mit ihnen verbringt. Zusätzlich hilft es, gemeinsam etwas zu tun. Zum Beispiel miteinander zu kreativ zu werden. Das dachte sich auch die Caritas Betriebs- und Werkstätten GmbH und hatte Menschen mit und ohne Behinderung zu inklusiven Nachmittagen im Advent eingeladen.
Samstagnachmittag, eine Woche vor dem ersten Advent. Im neuen Berufsbildungsbereich des Werkes in Eschweiler trifft sich eine kleine Gruppe von neun Neugierigen plus Kursleiterin Janine Hissel und Fredi Gärtner, der als Leiter Sozialer Dienst und Berufliche Bildung die Idee zu den Nachmittagen hatte. „Alle einverstan- den, wenn wir uns duzen?“ Kollektives Nicken. Versehen mit Namensschildern machen sich alle bei Kaffee, Tee und selbstgebackenen Muffins miteinander bekannt. Dann geht es in den Werkraum, wo auf Tischen jede Menge grüne Zweige liegen: Tanne, Thuja, Kiefer, Efeu und anderes. Dazu Strohkränze, genannt „Römer“ und Rollen mit Bindedraht. Daraus sollen Adventskränze werden ...
Janine, gelernte Floristin, gibt eine kurze Einführung: „Zuerst schneiden wir uns die Zweige auf die passende Größe zurecht und machen kleine gemischte Sträußchen. Dann geht das Binden nachher leichter.“ Tischgruppenweise rückt die Gruppe den Zweigen zu Leibe. „Am besten machen wir Häufchen. Da kann sich dann jede bedienen, wie sie es braucht“, schlägt Birgit vor, die sich unter anderem mit Petra den Tisch teilt.
Petra arbeitet in der Gartengruppe des Werkes in Eschweiler. Das Hantieren mit der Gartenschere ist ihr daher vertraut. Im Gegensatz zum Adventskranz binden, das für die meisten Neuland ist. Janine gibt „Starthilfe“ und macht jedem in der Gruppe den Kranz-anfang. Dann versucht sich jeder für sich und mit Hilfestellung und guten Tipps der anderen am Kranz binden.
Bei Birgit sieht das schon schnell nach Adventskranz aus. Sie ist gemeinsam mit ihrem Mann Mike da, der einen Tisch weiter an seinem Kranz arbeitet. Der Schönere soll der „offizielle“ Adventskranz der Familie werden. Beiden hat die Idee gut gefallen, einen schönen Nachmittag zu haben und dabei die Werkstatt und besonders die Menschen, die hier beschäftigt sind, näher kennenzulernen. Mike teilt sich den Tisch mit Eddi, der im Verpackungsbereich im Eschweiler Werk arbeitet und dessen Kranz, wie er selbst sagt, „wild“ wird.
Einen Tisch weiter binden Nico und Utral einen Kranz für die gemeinsame Wohnung. „Mal sehen, wenn er nicht auf den Tisch passt, hängen wir ihn vielleicht an die Wand. So viel Platz haben wir nämlich nicht“, sagt Nico und lacht. Für ihn ist Inklusion nichts Neues. Er ist als Sohn von Fredi Gärtner quasi mit der Werkstatt aufgewachsen und spielt regelmäßig in der dortigen Tischtennisgruppe mit.
Auch die anderen sind schnell vertraut miteinander, scherzen, diskutieren über Fußball, erzählen von sich und helfen sich gegenseitig. Ganz so wie Fredi Gärtner und Janine Hissel sich das vorgestellt hatten. Die neuen Räume des Berufsbildungsbereichs böten sich an, sie auch nach Feierabend mit Leben zu füllen, sagt Fredi Gärtner. Vor einigen Wochen gab es bereits ein inklusives Kochangebot, das viel Anklang gefunden habe. Wenn auch gerne noch ein paar Menschen mehr ohne Behinderung mit dabei sein könnten. Aber das ergebe sich ja mit der Zeit vielleicht noch. Coronapandemie und Hochwasser hätten sie gerade auch am Standort Eschweiler noch einmal mehr zusammenrücken lassen, in den Wohnbereichen, aber auch in der Werkstatt. So haben sie im Eschweiler Werk ihren Altbau zwei städtischen Kitas zur Verfügung gestellt, die durch die Flut obdachlos geworden waren. Die Gartengruppe verzichtet außerdem auf ihren Aufenthaltsraum. Gelebte Inklusion.
Inzwischen sind auch die Adventskränze fertig. „Das war richtig gut mit euch“, bringt Eddi es stellvertretend für alle auf den Punkt. Hoffentlich nicht der letzte gemeinsame Nachmittag.