Wenn einem alles zu viel wird oder man einfach einmal die Perspektive im Leben wechseln möchte, können Arbeitnehmer grundsätzlich ein Sabbatical nehmen. Priestern steht diese Art der arbeitsfreien Zeit, auf die man mit Gehaltsverzicht hinspart, nicht zur Verfügung. Für sie gibt es die „gestaltete Auszeit“.
Vor 50 Jahren war das Leben eines Priesters mitunter recht beschaulich. Hatte er eine Stelle in einer kleinen Gemeinde irgendwo auf dem Land, dann konnte er sich des Respekts der Bevölkerung sicher sein. Die Gottesdienste am Samstagabend und Sonntag waren immer sehr gut besucht. Niemand hätte gewagt, nicht zu erscheinen. Jede Gemeinde hatte ihr Pfarrbüro, und der leitende Pfarrer hatte den Rücken frei für Hausbesuche bei Kranken, Brautpaaren und in den Familien der Kommunionkinder – das sonntägliche Kaffeekränzchen inklusive.
Diese Zeiten sind Vergangenheit, und von beschaulich ist das Leben eines Priesters mittlerweile weit entfernt. Statt um eine Gemeinde müssen sie sich in den Gemeinschaften der Gemeinden nun um bis zu 25 Gemeinden betreuend kümmern. Die Verwaltungsaufgaben haben zugenommen. Zeitgleich hat die Akzeptanz der Kirche in der Bevölkerung abgenommen. Zusammen mit den Kernaufgaben der Seelsorge befindet sich das geistliche Personal permanent in einem Balance-Akt zwischen Heraus- und Überforderung. Auch unter Priestern gibt es Fälle von Burnout.
Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft können sich ein Sabbatical nehmen. Für diese Auszeit sparen sie Teile ihres Gehaltes durch vorherigen Verzicht für die Zeit an. So sind sie frei, sich anderen Dingen zu widmen, um wieder Energie zu tanken: eine Weltreise machen, Arbeit auf einer Farm oder ein Studium. Für Priester steht dieser Weg nicht offen. Aber was gibt es für sie, wenn ihnen alles zu viel wird?
Achim Jaskulski
Im Bistum Aachen wird den Priestern eine „gestaltete Auszeit“ angeboten. „Gestaltete Auszeiten sind zum Beispiel anlässlich eines Stellenwechsels oder nach einer längeren Zeit an einer Stelle möglich. Erstmals nach frühestens 15 Dienstjahren im Bistum Aachen, darüber hinaus nach zehn weiteren Dienstjahren“, teilt Achim Jaskulski, Referent für Priester und Diakone in der Hauptabteilung Pastoral des Bischöflichen Generalvikariats, auf Anfrage mit.
Bis zu drei Monate kann sich ein Priester diese Zeit für sich nehmen.
Beim zeitlich begrenzten Ausstieg aus dem Alltag soll es darum gehen, die eigene Situation zu reflektieren. „Die gestaltete Auszeit ist für Priester eine Zeit für persönliche Bestandsaufnahmen, geistliche Vertiefung, theologische Bildung sowie körperliche und seelische Erholung“, heißt es in der Verfahrensordnung. Urlaub und Freizeit können also enthalten sein, sollen aber nicht den größten Teil dieser Auszeit bilden.
Ein- bis zweimal im Jahr würden gestaltete Auszeiten von Priestern angefragt. „Die Hintergründe dafür sind unterschiedlich“, teilt Jaskulski mit. Einfach beantragen, Koffer packen und abfahren geht dafür nicht. Von den Geistlichen wird erwartet, dass sie sich im Vorfeld über ihre Motive und Ziele sowie mögliche Einsatzorte intensiv Gedanken machen. Mindestens sechs Monate vor Beginn der geplanten Auszeit müssen sie das Gespräch mit dem Leiter der Hauptabteilung Pastoral suchen, bevor sie die Auszeit beim Bischof beantragen.